World Health Summit: Krankenhaus-Ranking soll die Kosten im Gesundheitssektor bremsen
Ein Drittel aller Ausgaben des Gesundheitssektors sind unnötig. Auf der Mediziner-Konferenz in Berlin werden Lösungen diskutiert, um die Kosten zu senken.
Es geistert eine bedenkliche Zahl umher im ehemaligen Kosmos-Kino an der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain. Zwischen sieben und acht Billionen US-Dollar betragen die weltweiten Gesundheitsausgaben, so schätzen es die Veranstalter des World Health Summit, der seit Sonntag dort stattfindet.
Das bedenkliche an diese Zahl ist aber nicht ihre Höhe. Sondern die Tatsache, dass Schätzungen zufolge rund ein Drittel dieser Ausgaben "verschwendet" werden. So steht es jedenfalls im Programm der Mediziner Konferenz. Fehlanreize, Ineffizienzen und wechselseitige Interessen würden häufig sogar zu falschen Behandlungen führen.
Für Gregory Katz gibt es für dieses Problem eine Lösung: Mehr Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern und Ärzten. Der Professor der Universität Paris-Descartes plädierte auf einer Podiumsdiskussion zu diesem Thema für ein unabhängiges Ranking. "Bisher basiert die Entscheidung, wo sich der Patient behandeln lässt, fast immer auf persönlichen Empfehlungen", sagt Katz. "Ein Freund empfiehlt einen Arzt, den er kennt. Der Arzt empfiehlt ein Krankenhaus, das er kennt".
In den USA gibt es das Ranking bereits
Für ihn ist ein Ranking, das Krankenhäuser und Ärzte nach ihren Leistungen und Ergebnissen bewertet, deshalb dringend notwendig. Er sieht dabei nur Gewinner. "Das jeweils führende Krankenhaus würde profitieren, weil es mehr Reputation und Aufträge erhalten würde", so Katz. "Die im Ranking schlechter Platzierten würden sich mehr anstrengen, um ihre Performance zu verbessern". In Frankreich arbeitet er an einem solchen Vergleichsangebot. Derzeit befinde Katz, der zudem die Forschungsabteilung des Medizin-Dienstleisters Elsan leitet, sich in Verhandlungen mit Krankenkassen und Krankenhäusern, damit diese sich am Datenaustausch beteiligen.
Tatsächlich gibt es in den USA bereits eine derartige Praxis. Das US-Gesundheitsministerium hat auf seiner Internetseite unter dem Namen Medicare ein Angebot geschaffen, das Krankenhäuser vergleicht. Hier können Patienten ihren Wohnort eingeben und erhalten im ersten Schritt eine Liste von Krankenhäuser in der Umgebung. Aus dieser Liste können sie im zweiten Schritt drei Häuser auswählen, die anschließend in einer Tabelle miteinander verglichen werden. Die Patienten sehen hier die Schwerpunkte der Krankenhäuser, welche zusätzlichen Services sie anbieten sowie ihre Bewertung.
Deutschland verschwendet am meisten Geld
In Deutschland gibt es ebenfalls Bewertungsplattformen im Internet wie jameda.de oder klinikbewertungen.de. Sie basieren allerdings lediglich auf Erfahrungsberichten von Patienten, nicht auf einer Zusammenarbeit mit den Kliniken. Aus Sicht von Katz fehlt diesen Angeboten zudem noch etwas Entscheidendes. "Was ein solches Ranking benötigt, ist die Legitimation durch eine unabhängige Instanz", erklärt Katz im Gespräch mit dem Tagesspiegel nach der Podiumsdiskussion. Hier käme die Politik ins Spiel. Es brauche klare Kriterien, die von der öffentlichen Hand überwacht werden müssten. Der Wettbewerb, davon ist Katz überzeugt, würde das Behandlungsniveau heben und gleichzeitig Kosten einsparen.
Einer Studie der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge ist die Verschwendung von Geldern im Gesundheitswesen in Deutschland besonders hoch. Der Erhebung von 2017 zufolge fließen in der Bundesrepublik 11,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den Gesundheitssektor – so viel wie in kaum einem anderen Industrieland. Die Behandlungsergebnisse seien jedoch oft schlechter als in vergleichbaren Nationen. So sterben in Deutschland von 100.000 an Brustkrebs erkrankten Frauen 29; in Spanien sind es nur 21, in Südkorea sogar nur acht. Ähnlich sieht die Quote auch bei anderen Erkrankungen aus. Laut der OECD liegt die Sterberate von Patienten, die mit Herzinfarkten ins Krankenhäuser eingeliefert wurden, in Deutschland deutlich höher als in anderen Industrienationen.
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