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Hat nur noch wenige Fans: die gute alte Speisekartoffel in Rohform.
© dpa

Kartoffelverbrauch: Knolle in der Krise

Geschälte Rohkartoffeln, schicke Verpackungen und regionale Spezialitäten: Weil der Kartoffelverbrauch in Deutschland sinkt, lässt sich die Branche neue Produkte einfallen.

Die eher kleinen Knollen liegen gut in der Hand – drei davon hält Wolfgang Walter in die Höhe, als er den exotischen Namen der Kartoffel ausspricht: Soraya. An seinem Messestand stehen fein säuberlich in Körbchen getrennt auch Sorten mit dem Namen Nautilus, Swing oder Kiebitz. Doch Soraya ist gerade Walters Liebling. Zehn Jahre hat sein Kartoffelzüchtunternehmen Norika aus Sanitz bei Rostock an dieser Sorte getüftelt, jetzt braucht Soraya weniger Dünger als andere. „Das ist wichtig für Boden- und Grundwasserschutz“, erklärt Geschäftsführer Walter und legt die drei Knollen zurück ins Körbchen. Zur Zeit beschäftigen seine Firma aber vor allem Kartoffelkrankheiten, die wegen klimatischer Extreme zunehmend zum Thema werden.

Wer sich auf der Fruit Logistica, der internationalen Leitmesse des Fruchthandels in Berlin, bei deutschen Kartoffelunternehmen umhört, merkt schnell: Umweltschutz und Klimawandel sind nicht die einzigen Probleme der Branche. Der Anbau ist extremen Schwankungen unterworfen. 2014 gab es eine üppige Ernte, doch die Qualität war niedrig – die Preise sanken. Besonders gravierend: Der Pro-Kopf-Verbrauch nimmt immer weiter ab, die Knolle ist bei Jüngeren einfach nicht mehr angesagt. Aß jeder Deutsche im Jahr 2000 noch 70 Kilogramm Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse im Jahr, sind es mittlerweile nur noch 57,7 Kilo. Vor 100 Jahren soll es angeblich viermal so viel gewesen sein.

Belana hat Linda überholt

Dabei gehört die Kartoffel wie kein anderes Gewächs zur deutschen Geschichte. Schon in der Grundschule lernt man, dass die Kartoffel aus Südamerika kam und in Europa zunächst mit Vorurteilen zu kämpfen hatte. Fast jeder hat wohl noch die Geschichte vom klugen Preußenkönig Friedrich dem Großen im Ohr, der die Kartoffel auf den Feldern scheinbar streng bewachen ließ, damit sie die Bauern für wertvoll halten und heimlich von den Feldern stehlen. Heute bräuchte es vielleicht wieder eine List, um die Deutschen von der Knolle zu überzeugen.

Die Wirtschaft jedenfalls versucht sich daran. Am Messestand von Friweika, nur ein paar Meter von Kartoffelzüchter Walter entfernt, präsentiert der Vorstandsvorsitzende Andreas Kramer seine Produkte. In Säcken liegen hier verschiedene Speisekartoffelsorten zur Ansicht. Ist immer noch Linda – 2010 nach einem Rechtsstreit erneut zugelassen – die Lieblingssorte der Deutschen? Kramer winkt ab. „Das war mal. Jetzt ist die festkochende Belana eine der beliebtesten.“ Viel interessanter ist an Kramers Stand ohnehin die Kühltruhe. Neben Fertig-Ofenkartoffeln und Klößen sind etwa auch roh geschälte Kartoffeln in Plastikverpackung zu sehen. Schon lange werden diese von Großküchen verarbeitet, jetzt will Kramer sie auch an den privaten Verbraucher bringen. „Zeit ist heutzutage ein großes Problem. Viele Leute wollen zwar kochen, sich aber nicht mit Basics wie Schälen beschäftigen“, erklärt er.

Belana hat Linda in der Gunst der Deutschen überholt.
Belana hat Linda in der Gunst der Deutschen überholt.
© dpa

Mit dieser Analyse könnte Kramer auf dem richtigen Weg sein. Denn der Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs bei Kartoffeln liegt vor allem am deutlich sinkenden Verbrauch von Frischkartoffeln. Der hat sich seit 1995 fast halbiert. Die leicht schmutzigen Knollen, die in großen Mengen in Säcken verkauft werden, sind vielleicht einfach nicht attraktiv genug für den ästhetisch verwöhnten Verbraucher. Das dürfte der Grund dafür sein, dass auf der Messe mittlerweile auch schickere Verpackungen zu sehen sind: Gewaschene Kartoffeln werden in Pappkartons angeboten, vorne mit Klappe zum bequemen Herausnehmen, hinten mit Längsschlitz, der anzeigt, wie groß der Kartoffelvorrat noch ist. Hinweise wie „Bald einkaufen“ und „Jetzt aber schnell“ sollen den Verbraucher in den Supermarkt treiben.

"Verbraucher vertrauen auf Regionalität"

Zu sehen ist dieses Modell am Stand der Initiative „Bayerische Kartoffel“. An blau-weiß gedeckten Tischen bekommen Besucher eine Weißwurst kredenzt und alkoholfreies Weißbier. Timo Burger knüpft hier neue Kontakte oder frischt alte auf. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung bei „Burgi’s“, einem bayerischen Kartoffelverarbeiter. Burger erklärt, seine Firma sei vor allem Knödelspezialist, den bayerischen Kartoffelknödel wolle er jetzt als regionale Spezialität schützen lassen. Damit will er beim Verbraucher punkten: „In Zeiten der Diskussion um TTIP werden die Leute immer unsicherer – aber sie vertrauen auf Regionalität.“ 

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