Marburger Bund: Klinikärzte warnen vor Tarifchaos
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund will das Gesetz für Tarifeinheit verhindern, dass die neue Bundesregierung plant. Denn zu eigenen Streiks dürften die Klinikärzte dann nicht mehr aufrufen.
Als erste Berufsgewerkschaft hat am Dienstag der Marburger Bund (MB) angekündigt, mit der neuen Leitung des Bundesarbeitsministeriums über das geplante Gesetz zur Tarifeinheit zu sprechen. „Die große Koalition darf nicht mit einem großen Verfassungsbruch beginnen“, sagte Armin Ehl, der Geschäftsführer der Gewerkschaft der Klinikärzte. Nach der im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD angekündigten Regelung soll nur noch die größte Gewerkschaft eines Betriebes die Tarife aushandeln – Arbeitgeber und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatten sich dies gewünscht. Der MB und andere Spartengewerkschaften wollen dagegen klagen. Noch ist nicht nur unklar, ob das Gesetz verfassungskonform wäre, es schränkt schließlich die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmern ein.
Unklar ist, welche Gewerkschaft die größte sein wird
Umstritten ist darüber hinaus, welche Gewerkschaft die meisten Mitglieder in den einzelnen Betrieben hat. Wie berichtet gibt es Kliniken, in denen der MB mehr Ärzte organisiert als die DGB-Großgewerkschaft Verdi an Schwestern und Pflegern. Unter Juristen bestehen ohnehin Zweifel an der Umsetzbarkeit des Gesetzes, selbst wenn Gerichte die Tarifeinheit absegneten. Unklar ist schon, wie Betriebe eingegrenzt werden: Was ist mit Klinikketten, was mit ausgegliederten Laboren, die rechtlich eigene Einheiten sind? Arbeitgeber und Politik hätten die nun von ihnen beklagte Aufsplitterung der Tariflandschaft selbst vorangetrieben, sagte MB-Geschäftführer Ehl. Um zu sparen, seien viele Betriebe in Einzelunternehmen aufgegliedert und öffentliche Häuser privatisiert worden. Das geplante Gesetz werde „tarifpolitisches Chaos“ erzeugen, also das Gegenteil von dem, was Politik, Arbeitgeber und der DGB erhofft haben: Der MB hat bundesweit rund 160 Tarifverträge abschlossen, die regelmäßig neu verhandelt werden.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, stehen allerdings nicht nur diese Verträge auf dem Spiel, sondern auch Tarifwerke anderer Spartengewerkschaften, etwa bei Bahnen und Fluglinien.
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