Chinas Konjunktur: Kleinstes Wachstum seit 25 Jahren
Die Wirtschaft in China ist 2015 so schwach gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Für deutsche Firmen ist das Land trotzdem wichtig.
Chinas Wirtschaft ist 2015 so schwach gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt kletterte um 6,9 Prozent nach 7,3 Prozent im Vorjahr, teilte das chinesische Statistikamt mit. An den Börsen in Fernost und Deutschland sorgten die Zahlen dennoch für gute Stimmung – Anleger waren erleichtert, dass sich die Konjunktur nicht noch stärker abkühlte.
Nach jahrzehntelangem Boom mit teils zweistelligen Wachstumsraten will Chinas Regierung das exportlastige Wirtschaftsmodell stärker auf die Binnenkonjunktur ausrichten und den privaten Konsum ankurbeln. Dafür nimmt sie weniger Wachstum in Kauf. Doch beim Umbau hakt es. Dies schürte zuletzt Sorgen, dass China als Schrittmacher für die Weltkonjunktur aus dem Tritt kommen könnte – und führte zu Turbulenzen an den Börsen rund um den Globus. „Das Vertrauen hat einen Knacks bekommen“, sagte der Präsident der Europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke, am Dienstag. „Die Wirtschaftsberater von Präsident Xi sind gut, aber das Problem sind die mächtigen Interessengruppen.“
Vom Schwellen- zum Industrieland
Das für westliche Maßstäbe immer noch extrem hohe Wachstum ist für die Regierung in Peking Voraussetzung, um genug Jobs für das Milliardenvolk zu schaffen und größere soziale Unruhen zu vermeiden. China befinde sich mitten im schwierigen Wandel vom Schwellen- zum Industrieland, erklärte der Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. Der Umbau sorgt für tiefe Einschnitte in Schlüsselbranchen: Die Rohstahlherstellung sank 2015 erstmals seit 1981, die Stromproduktion erstmals seit 1968.
Die Bedeutung Chinas als Absatzmarkt und Produktionsstandort für deutsche Firmen werde aber weiter steigen, urteilt der Chefvolkswirt der deutschen Chemiebranche, Henrik Meincke. Allerdings spürten auch die deutschen Exporteure die Veränderungen. Im zurückliegenden Jahr dürften die Ausfuhren nach China erstmals seit 1997 gesunken sein. Allein die Maschinen- und Anlagenbauer verzeichneten einen Rückgang von knapp sechs Prozent. rtr/dpa