Warren Buffett: Kein bisschen müde
Der US-Starinvestor wird 85 Jahre alt. Rund 50 davon hat er an der Spitze seines Unternehmens verbracht - und ein Nachfolger ist bislang nicht in Sicht.
„Ich plane zu arbeiten, bis ich über 100 bin“, versprach Warren Buffett einst. Die Aktionäre seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway hören das gerne, denn es scheint, als werde der Börsenguru mit dem Alter nur besser – jedes Quartal scheffelt er Milliardengewinne, auch wenn es zuletzt mal etwas weniger war. An diesem Sonntag feiert der steinreiche, aber für seinen bescheidenen Lebensstil berühmte Staranleger seinen 85. Geburtstag.
Zuletzt ließ Buffett, der wegen seines Gespürs für lukrative Geldgeschäfte und seiner Herkunft das „Orakel von Omaha“ genannt wird, es noch einmal so richtig krachen: Erst vor rund drei Wochen stemmte seine Berkshire Hathaway mit dem Kauf des Flugzeug-Zulieferers Precision Castparts Corp (PCC) die größte Übernahme ihrer Geschichte. Etwa 37,2 Milliarden Dollar (knapp 34 Milliarden Euro) lässt sich das Konglomerat den Deal kosten. Buffett, der mit einem geschätzten Vermögen von 63,4 Milliarden Dollar Platz drei der vom US-Magazin „Forbes“ veröffentlichten und von seinem Freund Bill Gates angeführten Rangliste der reichsten Superreichen der Welt belegt, kommt nicht zur Ruhe. Im Sommer feierte er sein 50. Dienstjubiläum als Berkshire-Chef.
Die alljährliche Hauptversammlung seiner Beteiligungsgesellschaft fiel deshalb noch etwas spektakulärer als ohnehin schon aus. Das von den Besuchern als „Woodstock des Kapitalismus“ bezeichnete Event, zu dem Aktionäre aus der ganzen Welt anreisen, um ein Wochenende mit ihrem Idol zu verbringen, platzte aus allen Nähten. Über 40 000 Fans versetzten Buffetts Heimatstadt Omaha im US-Bundesstaat Nebraska in den Ausnahmezustand. Beim ersten Aktionärstreffen vor 50 Jahren kamen zwölf Personen. Der Kult um die Investorenlegende wird jedes Jahr größer. Dabei sind Starallüren Buffett völlig fremd, trotz seines enormen Reichtums wirkt er wie der nette Opa von nebenan und verzichtet auf jeglichen Luxus.
Große Teile seines Vermögens spendet er für wohltätige Zwecke, erst vor Kurzem gab er 2,8 Milliarden Dollar an gemeinnützige Stiftungen. Einmal im Jahr versteigert Buffett zudem ein Mittagessen mit ihm selbst für den guten Zweck. Der „Power Lunch“ spielte im Juni 2,3 Millionen Dollar ein. Bodenständigkeit und Bescheidenheit erklären Buffetts hohe Sympathiewerte. Der von Fans als erfolgreichster Investor aller Zeiten verehrte Selfmade-Multimilliardär kann Fehler eingestehen und sich selbst auf die Schippe nehmen – eine Ausnahme im umkämpften Geldgeschäft.
Von den auf kurzfristige Gewinne erpichten Renditejägern der Wall Street distanziert er sich. „Jemand sitzt heute im Schatten, weil ein anderer vor langer Zeit einen Baum pflanzte“, meint Buffett. Nur ein langfristiger Ansatz könne stabiles Wachstum liefern. Zwar geraten auch diese Prinzipien zuweilen ins Schwanken. Für Kritik von Anhängern sorgen beispielsweise Kooperationen mit dem Private-Equity-Riesen 3G, der auch vor dem Ausschlachten von Firmen nicht zurückschreckt. Aber das kann am Image des Vorzeige-Finanzkapitalisten nicht ernsthaft kratzen.
Bleibt eigentlich nur die Frage: Wer soll seinen Job einmal übernehmen? Angesichts der Vitalität, die der Berkshire-Chef auch im fortgeschrittenen Alter noch versprüht, scheint aber selbst das Thema derzeit kaum akut. Außerdem dürfte die Nachfolge intern ohnehin schon geregelt sein, zumindest gab es zuletzt recht klare Hinweise. Buffetts Vize Charlie Munger, der sogar schon 91 ist, sieht überhaupt keinen Grund zur Sorge: „Berkshire wird es gut gehen, wenn wir weg sind – vielleicht sogar besser“, versicherte er den Aktionären im Mai. Außerdem hat Buffett noch einiges vor – und das auch in Deutschland: Nach der Übernahme des Hamburger Händlers für Motorradzubehör Louis will er in den nächsten fünf Jahren mindestens ein weiteres deutsches Unternehmen schlucken. dpa