Google als Interessent: Kaufgerüchte treiben Twitter-Kurs
Übernimmt der Internetkonzern Google den Kurznachrichtendienst Twitter? In der Branche gibt es entsprechende Spekulationen - das ist nicht das erste Mal.
Der Kurznachrichtendienst Twitter hat am Donnerstag an der US-Börse fast 3,5-Prozent zugelegt, nachdem Gerüchte die Runde gemacht hatten, Google wolle das Unternehmen übernehmen. Die Gerüchte hatten keine Quelle, fanden keine Bestätigung und wurden von den beiden Unternehmen nicht kommentiert, berichtet "Handelsblatt online". Analyst Robert Peck von Suntrust Robinson Humphrey sagte im TV-Sender CNBC, dass die Übernahme theoretisch schwierig aber nicht ausgeschlossen sei.
Gerüchte über den Kauf von Twitter gibt es schon seit 2009
Es ist auch nicht das erste Mal, dass diese Spekulation aufkommt. Gerüchte über einen Aufkauf von Twitter durch Google geistern seit 2009 durch das Silicon Valley. Damals soll das Angebot angeblich zwischen zehn und 20 Milliarden Dollar bewegt haben.
Ursprung haben die Gerüchte in Googles wachsendem Problem im Suchmarkt: Das soziale Internet ist weitgehend ein schwarzes Loch für die Suchroboter aus Mountain View. Twitter wäre die ideale Ergänzung als superschnelle Suchmaschine für aktuelle, sich gerade entwickelnde Trends. Sie schlagen sich in dem 140-Zeichen-Dienst wesentlich schneller nieder als bei Google oder Yahoo.
Doch ein Deal aus 2009, der den Twitter-Datenstrom auf die Google-Server geleitet hat, kündigte Twitter 2011 kommentarlos auf. Das damals existierende „Google Realtime Search“ musste eingestellt werden. Bis die Suchroboter die öffentlich verfügbaren Tweets finden und indexieren dauert einfach zu lang. Bei einer Übernahme von Twitter hätte sich das Problem erledigt.
Google ist im sozialen Internet eine kleine Nummer
Googles eigene Ausflüge in das soziale Internet sind alle versandet. Das soziale Netz Google+ dümpelt nur vor sich hin. Vorgänger und Twitter-Herausforderer „Google Buzz“ war nach nicht ganz zwei Jahren abgeschaltet worden. Das alles lässt Google mit einer offenen Flanke zu einer Zeit, in der Massenger-Dienste wie WhatsApp, Line, Skype oder WeChat immer populärer werden und Facebook sich mit den Käufen von Instagram und Whatsapp aggressiv in diesem Markt positioniert hat.
Hinzu kommt, dass Twitter in den vergangenen Monaten intensiv an seiner Struktur gearbeitet hat. Mit dem Bemühen, die Nutzerprofile auszubauen, wird der Dienst attraktiver für Werbepartner. Und der Dienst für Videoschnipsel bis 15 Sekunden gewinnt an Popularität.
Ein Grund für das Interesse an Twitter, das mit knapp 225 Millionen deutlich weniger aktive monatliche Nutzer hat als Facebook (1,3 Milliarden), wären also die zusätzlichen Chancen im Werbemarkt. Google bestreitet fast 90 Prozent seines Umsatzes mit Online-Werbung und Twitter 80 Prozent. Beide Unternehmen überschneiden sich dabei kaum in ihren Märkten. Ein Umsatzanstieg im dritten Quartal 2014 um 109 Prozent gegenüber Vorjahr auf 361 Millionen Dollar zeigt das Potenzial bei Twitter. Nur leider ist das Nutzerwachstum schwach.
Konkretes erst nach den Twitter-Zahlen
Wenn sich die Spekulationen erhärten, dann nach dem fünften Februar. Dann legt Twitter Quartalszahlen vor. Bei einer weiteren Abschwächung des Nutzerwachstums und einer Abschwächung des Umsatzwachstums könnten die Aktionäre bereit sein, über Alternativen nachzudenken. Und sei es nur eine signifikante Beteiligung Googles an Twitter.
Denn eine Komplettübernahme wäre ziemlich teuer selbst für einen Webgiganten mit rund 60 Milliarden Dollar liquidem Vermögen. Aktuell liegt der Börsenwert von Twitter aus San Francisco bei gut 24 Milliarden Dollar. Das ist kaum mehr, als Mark Zuckerberg von Facebook für das umsatzlose Whatsapp bezahlt hat.
Twitter ist börsennotiert
Doch Twitter ist börsennotiert und Analysten rechnen mit bis zu 40 Milliarden Dollar, die Twitters Großaktionäre sehen wollen, wenn sie denn überhaupt verkaufen wollten. Das letzte Mal, dass im Silicon Valley in diesen Größenordnungen gepokert wurde, war 2008. Damals bot Microsoft 31 Dollar pro Aktie für Yahoo, damals ein Aufschlag von 62 Prozent auf den Aktienkurs. Doch dem Yahoo-Board waren 45 Milliarden Dollar nicht genug, er pokerte immer höher – und Microsoft stieg letztlich aus. HB