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Proteste gegen Amazon in den USA
© Stephanie Keith/Getty Images/AFP

Onlinehandel: Kartellamt geht gegen Amazon vor

Benachteiligt Amazon die Händler auf der Plattform? Wegen dieser Vorwürfe wurde nun ein Missbrauchsverfahren eingeleitet.

Ein großer Teil der Artikel auf Amazon.de wird nicht vom US-Unternehmen selbst, sondern Händlern verkauft, die die Plattform nutzen. Doch seit Jahren gibt es immer wieder Vorwürfe, Amazon würde dabei nicht neutral agieren. „Sobald sich ein Artikel auf dem Marketplace gut verkauft, kann man sich sicher sein, dass Amazon genau analysiert und abwägt, ihn selbst ins Sortiment zu nehmen“, kritisiert beispielsweise Sebastian Poll, Gründer des Hardwarehändlers Servershop24.de. Der Messerhändler Christian Romanowski wehrte sich sogar vor Gericht dagegen, dass der Konzern seine Produkte ins Angebot nimmt. Zudem markierte er Klingen und konnte so nachweisen, dass Amazon Messer anbot, die zuvor angeblich bei Händlern verloren gegangen waren.

Zahlreiche Beschwerden gegen Amazon

Die Liste von Vorwürfen gegen den Internet-Riesen Amazon ist lang. Sie reicht von einbehaltenen oder verzögerten Zahlungen über Kontosperrungen bis hin zu intransparenten Kündigungen. „Aufgrund der vielen uns vorliegenden Beschwerden werden wir prüfen, ob Amazon seine Marktposition zu Lasten der auf dem Marktplatz tätigen Händler ausnutzt“, sagt Kartellamtschef Andreas Mundt. Deswegen hat seine Behörde nun ein Missbrauchsverfahren gegen Amazon eingeleitet. Die Behörde wolle die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern auf dem deutschen Marktplatz amazon.de überprüfen, teilte sie am Donnerstag mit.
Die Doppelrolle von Amazon als größter Händler und größter Marktplatz berge das Potenzial für Behinderungen von anderen Händlern auf der Plattform. Viele Händler und Hersteller seien beim Online-Vertrieb auf die Reichweite des Amazon Marktplatzes angewiesen, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. Amazon fungiere so als eine Art „Gatekeeper“ gegenüber den Kunden. Das deutsche Verfahren ergänzt eine europäische Untersuchung der EU-Kommission.
Konkret untersucht werden Haftungsregeln zu Lasten der Händler, intransparente Kündigungen und Sperrungen von Konten sowie einbehaltene oder verzögerte Zahlungen. Voraussetzung für die kartellrechtlichen Ermittlungen sei unter anderem eine marktbeherrschende Position des Internet-Konzerns in Deutschland und die Tatsache, dass die Händler von Amazon abhängig seien. „Für beides liegen Anhaltspunkte vor“, hieß es in der Mitteilung.
Amazon erklärte, es kommentiere laufende Verfahren nicht. „Wir werden jedoch vollumfänglich mit dem Bundeskartellamt kooperieren.“ Die Behörde will eine Reihe von Klauseln und Regeln prüfen, außerdem gehe es um intransparente Kündigungen und Sperrungen von Händlerkonten, die Einbehaltung von Zahlungen oder verzögerte Auszahlungen.
Dass die Marktmacht des US-Riesen stetig zunimmt, steht in der Branche außer Zweifel. Laut Handelsverband HDE wurden 2017 im deutschen Online-Handel insgesamt Waren im Wert von knapp 49 Milliarden Euro verkauft - 46 Prozent davon über Amazon. Auf den Amazon-Marktplatz über dritte Händler entfiel ein Viertel der Gesamtumsätze, 2009 waren es erst vier Prozent.

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