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Begleitung vor und nach der Geburt. Hebamme kann man seit einigen Jahren auch an Hochschulen werden.
© Fredrik von Erichsen/dpa

Gesundheitsberufe: Wenn das Examensbaby kommt

Viele Berufe rund um die Gesundheit lernt man an Fachschulen, doch inzwischen gibt es auch Studiengänge. Wohin sie führen und für wen sie sich lohnen.

Vier Jahre dauert das Hebammenstudium. Vier Jahre zwischen Theorie und Praxis, Lernen und Forschen, Hebammenpraxis und Übungsraum an der Hochschule. Nach dreieinhalb Jahren dann der große Moment: das Examensbaby ist da. „Jede Hebammenstudentin muss zur staatlichen Prüfung für die Berufszulassung eine Geburt begleiten“, sagt Anne Friedrichs. Die Professorin ist Präsidentin der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum. In diesem Punkt ähnelt die Ausbildung der an der Fachschule –doch es gibt auch Unterschiede.

Seit einigen Jahren werden Hebammen, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden oder Krankenpfleger nicht nur an Fach-, sondern auch an Hochschulen ausgebildet. Die Absolventen schließen mit dem Bachelor oder Master ab. Gleichzeitig bekommen sie die Berufszulassung. Die Studierenden müssen alle Praxisstunden leisten, die nach den Berufsgesetzen vorgesehen sind – bei einer Hebamme sind es 3000. Die Alten-, Kranken- und Kinderpfleger, die in Bochum ausgebildet werden, machen ein duales Studium. Sie absolvieren parallel eine Ausbildung.

Zwar lernen die Studierenden das wissenschaftliche Arbeiten und bearbeiten kleinere Forschungsprojekte – ihr Einsatz soll später aber dennoch in erster Linie am Patienten stattfinden. „Wir brauchen sie am Bett“, sagt Johanna Knüppel, Sprecherin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) in Berlin. Die Hochschulausbildung soll die bisherige nicht ablösen. „Wir brauchen beides: die Ausbildung an den Fachschulen und an der Hochschule“, so Knüppel.

Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis nutzbar machen

Doch was es bislang gibt, reiche nicht mehr aus, erklärt Hochschul-Präsidentin Anne Friedrichs. Eine gute Fachschule vermittele Wissen auf dem aktuellen Stand. Dann wüssten die Schüler, wie sie einen Patienten bestmöglich versorgen, so Friedrichs. In den Studiengängen geht die Ausbildung einen Schritt weiter. Die Absolventen seien in der Lage, wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Sie erforschten beispielsweise, wie sie einen Verband möglichst schmerzfrei von einer Wunde lösen – die Fachschüler wenden die Kenntnisse dann an.

Während Studiengänge wie Gesundheitsmanagement oder -ökonomie bereits seit langem an Hochschulen gelehrt werden, ist die Akademisierung der klassischen Ausbildungsberufe eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Immer noch hat sie Modellcharakter. „Bislang haben wir einen Akademikeranteil von 2,3 Prozent in der Physiotherapie“, sagt Andrea Heinks, Expertin für Studium und Ausbildung im Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) in Köln. Studien über den Verbleib der Absolventen stehen bisher noch aus.

Im Ausland sind Hochschulabschlüsse die Regel

Die Voraussetzungen für Studienanfänger variieren je nach Hochschule. Die HSG etwa verlangt neben der Hochschulzugangsberechtigung ein vierwöchiges Vorpraktikum und ein Gesundheitszeugnis. Vier der fünf Studiengänge haben einen Numerus Clausus.

Für die Studierenden hat die Akademisierung der bisherigen Ausbildungsberufe vor allem einen praktischen Vorteil: „Mit einem Studium wird der Anschluss an das Ausbildungsniveau im europäischen Ausland geschafft“, sagt Sandra Teuffel, Sprecherin der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin. In fast allen anderen europäischen Ländern sowie Nordamerika sei die Ausbildung schon lange universitär. Das hat zur Folge, dass die Absolventen von Pflege- oder Physiotherapieschulen im Ausland schlechte Chancen haben. Obwohl sie gut ausgebildet sind, ist ihr Abschluss international nicht bekannt. Außerdem eröffnet das Studium die Möglichkeit, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Bislang kommen viele Dozenten nur über Umwege in die Lehre.

Ein Problem ist das Tarifrecht

Die Schnittstellen zwischen Ärzten, Bachelorabsolventen und dem an den Schulen ausgebildeten Personal müssten sich allerdings erst noch herausbilden, räumt HSG-Präsidentin Friedrichs ein. Daneben bleibt das Problem der traditionell nicht besonders gut bezahlten Gesundheitsberufe: „Das Tarifrecht schaut nicht, mit welcher Ausbildung die Leute kommen, sondern welche Tätigkeiten sie ausführen“, sagt Friedrichs. Dafür werden sie entlohnt.

Erst wenn es neue Stellenprofile gebe, sei auch eine bessere Bezahlung möglich. „Bislang sind die Absolventen im Tarifsystem noch nicht vorgesehen“, sagt Knüppel. Einige Kliniken haben dennoch reagiert und gehen einen anderen Weg: Sie vergeben Prämien für Hochschulabsolventen, die eine längere Ausbildungszeit und andere Aufgaben haben. dpa

Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitswesen: www.wissenschaftsrat.de

Verena Wolff

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