Lernspiele: Serious Games: Spielemacher gefragt
Serious Games vermitteln Wissen und sollen Kindern wie Erwachsenen Spaß bringen. Mehr als 130 Firmen arbeiten in Berlin an solchen Produkten – und suchen nach Mitarbeitern.
Willi Weitzel ist neugierig. Um die Geheimnisse der Wikinger zu erforschen, begibt sich der Reporter auf eine aufregende Reise in den hohen Norden. Dort lernt er, wie die Runen-Schrift funktioniert, woher die Drachenschiffe ihren Namen haben und welche Länder die Wikinger damit bereisten. Willi ist die Hauptfigur der Fernsehserie „Willi wills wissen“ – und inzwischen führt er auch durch ein Lernspiel, das man sich auf den Computer laden kann.
Zu der Sendung des Bayrischen Rundfunks (BR) hat die Potsdamer Firma „Serious Games Solutions“ das interaktive Spiel entwickelt. In Filmen, Spielen und Quizfragen wird darin die Handwerkskunst und Lebensweise des Seefahrervolkes erklärt. Das Unternehmen beschäftigt etwa zehn Angestellte. Bei Bedarf werden freie Mitarbeiter projektbezogen hinzu geholt, berichtet Geschäftsführer Ralph Stock. Er sei immer auf der Suche nach guten Mitarbeitern.
Serious Games Solutions hat sich auf „ernste“ Spiele spezialisiert, die nicht nur Action oder Spaß versprechen, sondern auch Wissen vermitteln. Solche Spiele richten sich längst nicht mehr nur an Kinder, sondern auch an Erwachsene. Und sie lassen sich auch nicht mehr nur auf dem Computer, sondern auch auf dem Handy abspielen. „Die Spiele können in vielen Bereichen eingesetzt werden, für Marketingzwecke ebenso wie in der medizinischen Rehabilitation, der beruflichen Weiterbildung, der gesundheitlichen Aufklärung oder in der politischen Bildung“, erklärt Ruth Lemmen vom Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). Serious Games hätten ein großes Zukunftspotenzial.
Berlin ist ein wichtiger Standort für Entwickler von Serious Games – und die Spieleindustrie ein wichtiger Wirtschaftszweig für die Stadt. Die Anzahl der Firmen, die hier Serious Games herstellen, lässt sich allerdings schwer ermitteln.
„Viele Serious Games-Entwickler sind sowohl in der Entertainment-Branche oder in anderen Teilbranchen tätig“, erklärt die Netzwerkmanagerin Franziska Oehler, die bei dem im März gegründeten Berliner Netzwerk Serious Games für das Management zuständig ist. Die Region Berlin-Brandenburg zeichne sich durch eine vielfältige Entwicklerszene aus, die sowohl aus großen und vielen mittleren und kleinen Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern bestehe. 130 Firmen waren es nach einer Schätzung des Medienboard, die 2008 in der digitalen Spieleentwicklung tätig waren. Seit dem wächst die Branche – und Mitarbeiter sind gefragt. „Große Firmen suchen händeringend nach Spieleentwicklern mit Berufserfahrung“, weiß die Netzwerkmanagerin.
Ein gutes Serious Game müsse hinsichtlich der Grafik und des Spielablaufs technologisch auf dem Niveau eines Unterhaltungsspiels sein, sagt Lemmen vom BIU. Nur dann sei der Nutzer zum Spielen motiviert – und das Spiel auch effektiv.
Doch nicht nur IT-Profis sind bei der Entstehung eines Spieles dabei. Der Gamedesigner legt wie Film-Regisseur und Drehbuchautor Spielinhalt und Spielgefühl fest. Der Leveldesigner ist als digitaler Bühnenbildner für die geometrische Gestaltung und die Beleuchtung der virtuellen Umwelt zuständig. Sounddesigner gestalten die Klangkulisse und Geräusche von Charakteren und Objekten. Grafiker bearbeiten die Bilder. Programmierer setzen das Konzept in Computersprache um. Projektleiter koordinieren die Aufgaben innerhalb eines Teams. Dazu kommen die in jeder Branche gefragten Berufe in Verwaltung, Marketing und Vertrieb.
„Grundsätzlich läuft die Entwicklung nach dem folgenden Schema ab: Briefing, Entwicklung, Umsetzung des Konzeptes, Erprobung und Korrektur, erklärt Netzwerkmanagerin Oehler.
Das Besondere an Serious Games ist, dass externe Experten für die Entwicklung hinzugezogen werden. „Im Falle des Willi-Spiels waren das die Redaktion des BR, aber auch Historiker und Pädagogen“, sagt Ralph Stock. Geht es etwa um gesundheitliche Aufklärung, beraten Ärzte oder Psychologen das Team. „Während es dem Entwickler aber mehr darum geht, ein visuell und technisch anspruchsvolles Spiel mit Unterhaltungswert zu gestalten, geht es den Fachleuten mehr um die präzise Wissensvermittlung. Diese Ansichten müssen unter einen Hut gebracht werden.“
Die Anzahl der Quereinsteiger sei in den letzten Jahren zurückgegangen, sagt Stock, der an der Games Academy den Fachbereich „Game Producing“ leitet. Zwar gibt es keinen direkten Studiengang Serious Games, doch gerade private Hochschulen haben unterschiedliche Studiengänge für Spieleentwickler im Angebot (siehe Kasten). Daneben hält Stock auch ein breiter angelegtes Informatikstudium für sinnvoll. Den Einstieg finden Absolventen oft über Praktika. Aber auch der direkte Weg in den Job sei wegen der steigenden Nachfrage gut möglich.
Besonders gefragt sind auch in dieser Branche Programmierer. Entsprechend gut werden sie bezahlt. Die Mitarbeiter eines Entwicklerteams erhalten in der Regel zwischen 2000 und 4000 Euro brutto im Monat, sagt Andreas Leisdon vom BIU. Programmierer verdienten am meisten. Das Gehalt von Designern liege bei 3000 bis 4000 Euro. Mit Hochschulabschluss steige man als Gameentwickler bei 2500 bis 3000 Euro ein.
Wer in der Branche arbeiten will, muss teamfähig sein, sich schnell in neue Gebiete einarbeiten können und daran interessiert sein, sie spielerisch aufzuarbeiten, sagt Geschäftsführer Stock. Wichtigste Voraussetzung sei aber, dass man den Job mit Leidenschaft mache.
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