Designer, Innenarchitekt, Kreateur: Karl Lagerfeld wird 80 - angeblich
Als Modeschöpfer setzt Karl Lagerfeld seit Jahrzehnten Trends und erwirtschaftet Millionenumsätze. Als Mensch hingegen bleibt er ein Rätsel. Heute feiert er Geburtstag.
Selten verzieht der Mann mit dem weißgepuderten Pferdeschwanz eine Miene. Die schwarze Sonnenbrille verdeckt die Augen, und der weiße Stehkragen sitzt stets fest unter dem Kinn – der Look von Karl Lagerfeld ist in Stein gemeißelt. Ab und zu hat er seine zu dem Outfit passende weiße Rassekatze namens Choupette auf dem Arm, doch das Erscheinungsbild ist immer dasselbe. Es ist eine Maske, die sich der Stardesigner über die Jahre aufgesetzt hat, nicht zuletzt um eines zu verbergen: sein Alter. An diesem Donnerstag feiert Lagerfeld Geburtstag – welchen genau, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Vielleicht ist es der 80., vor zehn Jahren ließ er sich schließlich zum 70. gratulieren. Vielleicht auch schon der 82. Gerüchten zufolge soll Lagerfeld aus der 1933 seines Geburtsjahres eine 1938 gemacht haben – dann wäre er 77 – jedenfalls auf dem Papier. Aber das ist ja auch gar nicht wichtig. Er mag es eben geheimnisvoll.
Aus Lagerfelds Freundschaften erwachsen Kooperationen mit einem Riesenumsatz
Ähnlich geheimnisvoll gibt sich der Sohn eines Hamburger Kaufmanns auch als Unternehmer. Es ist kaum überschaubar, wo und in welcher Form der Workaholic seine Finger im Spiel hat. Allerdings ist das Geschäftemachen weniger sein Gebiet – er schließt eher Freundschaften, und diese erwachsen zu Kooperationen mit einem Riesenumsatz. Er sieht sich – neben dem großen Modeschöpfer, der er zweifellos ist – als Maler, Lektor, Produktdesigner, Fotograf und Innenarchitekt. Die Liste ist nicht vollständig. Unendlich vieler Kooperationen kann sich Lagerfeld inzwischen rühmen. Für besonderes Aufsehen erregte die Kollektion, die Lagerfeld für das Modehaus Hennes und Mauritz 2004 entwarf: Sie war nach zwei Tagen ausverkauft. Im Jahr 2008 kreierte er einen Steiff-Teddybären im typischen Lagerfeld-Outfit, der, ausstaffiert mit der feinsten Alpaca-Wolle, für rund tausend Euro verkauft wurde.
Den Blick Richtung Westen gerichtet
Derzeit ist Chanels Chefdesigner damit beschäftigt, sein eigenes Label „Karl Lagerfeld“ über den Atlantik zu bringen. Ab 2016 will das Mode-Unternehmen in Zusammenarbeit mit der US-Gruppe G-III Apparel die Lagerfeld-Kreationen auf dem US-Markt und in Kanada vertreiben. Bereits 2014 hatte das Label Unternehmensanteile an das US-Unternehmen Phillips Van Heusen verkauft, um auf dem amerikanischen Markt zu wachsen.
Der Chef des Unternehmens „Karl Lagerfeld“, Pier Paolo Righi, ist seit vier Jahren an der Spitze. Er treibt die Verbreitung der Marke intensiv voran. Denn selbst bei seinem eigenen Label ist Kaiser Karl mehr für das Schöne, weniger für die harten Fakten zu begeistern: „Er schaut sich nicht die Bilanzen an – er ist Kreativdirektor und als solcher verantwortet er alle kreativen Prozesse des Unternehmens“, erklärt Righi die Arbeitsteilung. Dabei dürfte ein Blick in die Bilanzen erfreulich sein: In den letzten Wochen öffneten Lagerfeld-Stores in Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Die Läden sind inzwischen auch in zwölf anderen Ländern, darunter China, Südkorea und Russland vertreten. Nun hat die Firma Pläne für das Glücksspiel-Paradies Macau: Hier soll 2017 das erste Lagerfeld-Hotel eröffnen. Der Virtuose selbst entwirft die gesamte Inneneinrichtung des 270-Zimmer Hotels mit 20 Etagen. Das Hotelsegment soll also ein weiteres Geschäftsfeld des Lagerfeld- Unternehmens werden.
Wenn Karl Lagerfeld eines beherrscht, dann ist es das Stricken von Netzwerken. Er umgibt sich mit jungen Leuten und bleibt so in der hippen Szene aktiv. Dazu gehören die Sozialen Medien. Auf Instagram hat Lagerfeld über 1,5 Millionen Abonnenten. Er lässt sich von seinen Beziehungen für das Geschäft inspirieren, so auch von seinem Patenkind, Hudson Kroenig. Der Siebenjährige ist der Sohn des männlichen Supermodels und Lagerfeld- Freundes Brad Kroenig. Im Januar 2016 kommt nun erstmalig eine Kinderkollektion von Lagerfeld auf den Markt.
Ein weiteres Projekt, das auf einer Freundschaft Karl Lagerfelds basiert, ist „LSD“. Im Herbst 2010 wurde die „Lagerfeld. Steidl. Druckerei“ beim Steidl-Verlag in Göttingen ins Leben gerufen. Zusammen mit Gerhard Steidl publiziert Lagerfeld deutschsprachige Bücher, vor allem Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen. Er ist der Cheflektor, der die Titel nach Interessenslage aussucht – wieder ist er also der Kreative.
Multimillionär und Katzenliebhaber
Offensichtlich gibt es nichts, das Karl Lagerfeld nicht interessiert, wenn es sich mit den Themen Mode und Fotografie und Style verbinden lässt: Seit Herbst 2014 erscheint als neuestes Produkt „Karl Daily“, seine eigene Zeitung. Überwiegend über soziale Medien vertrieben, findet man sie auch gedruckt, in den Lagerfeld-Stores. Sie enthält seine Skizzen, seine Fotografien und natürlich Neues von seiner Katze Choupette.
Sollte es trotz der guten Aussichten bei Lagerfeld mal schlechter laufen, würde ihm das Kätzchen sicherlich aushelfen können. Das inzwischen berühmte Tiermodel hat Schätzungen zufolge allein 2014 mit Modelaufträgen drei Millionen Euro verdient. Lagerfeld selbst hat es mit seinem Unternehmen im vergangenen Jahre immerhin auf Platz 355 der Rangliste der reichsten Deutschen des „Manager Magazins“ geschafft, mit einem Vermögen von 350 Millionen Euro.