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Verbessert werden soll hier insbesondere die finanzielle Situation derer, die schon vor langer Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig wurden.
© Marijan Murat / dpa

Kritik wegen Inflation: Kabinett billigt kräftige Rentenerhöhung ab 1. Juli

Eine solche Rentensteigerung gab es im Osten seit fast 30 und im Westen seit fast 40 Jahren nicht mehr. Dennoch gibt es Kritik.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die kräftigste Rentenerhöhung seit Jahrzehnten auf den Weg gebracht. In Westen steigen die Altersbezüge nach einer Nullrunde im vergangenen Jahr zum 1. Juli um 5,35 Prozent, im Osten nach einer nur geringen Erhöhung 2021 um 6,12 Prozent.

Im Osten ist es der stärkste Anstieg seit 1994, im Westen gab es seit 1983 keine solche Erhöhung mehr. Sozialverbände, Gewerkschaften und die Linke kritisierten allerdings, dass die etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner wegen der hohen Inflation kaum etwas davon haben dürften.

„Die gesetzliche Rente funktioniert trotz der Herausforderungen, vor denen wir gerade stehen, sehr gut“, sagte Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Sein Gesetzentwurf sieht auch Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente vor. Etwa drei Millionen Menschen sollen langfristig mehr Geld bekommen. Ab 1. Juli 2024 sind Zuschläge von bis zu 7,5 Prozent geplant. 

Verbessert werden soll hier insbesondere die finanzielle Situation derer, die schon vor langer Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig wurden oder nur noch eingeschränkt arbeiten konnten. Zudem soll der sogenannte Nachholfaktor wieder in Kraft gesetzt werden, der sich dämpfend auf Rentenerhöhungen auswirkt.

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Die Renten werden jedes Jahr zum 1. Juli abhängig von der Lohnentwicklung angepasst. Bei sinkenden Löhnen wird durch die geltende Rentengarantie verhindert, dass die Altersbezüge ebenfalls sinken. Im schlimmsten Fall kommt es zu Nullrunden, wie im vergangenen Jahr. Der Nachholfaktor soll bei wieder steigenden Löhnen diese verhinderte Rentenkürzung rechnerisch ausgleichen, Rentenanstiege fallen damit geringer aus. Die große Koalition hatte den Nachholfaktor ausgesetzt, nun wird er wieder in Kraft gesetzt.

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Von den Arbeitgebern wird das begrüßt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nannte den Schritt dagegen einen „schweren handwerklichen Fehler“. Die Regierung koppele die Renten damit dauerhaft von der Entwicklung der Löhne ab, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Für heutige wie künftige Generationen bedeutet das real eine Rentenkürzung.“

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Katja Hessel (FDP), verteidigte die Reaktivierung des Nachholfaktors. Dieser sei für Generationengerechtigkeit und finanzielle Solidität der Rentenversicherung wichtig.

„Real ein Verlust ist für die Rentnerinnen und Rentner“

Ohne den Nachholfaktor würde die Erhöhung in diesem Sommer noch stärker ausfallen. Der DGB verwies auf die aktuelle Inflation: „Die in diesem Jahr vergleichsweise gute Rentenerhöhung wird von den steigenden Preisen komplett aufgefressen.“ Vom Paritätischen Gesamtverband hieß es, die überfällige Rentenerhöhung dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rentner im Westen 2021 eine Nullrunde und im Osten nur eine geringe Erhöhung gehabt hätten.

Oft gelesen bei Tagesspiegel Plus:

„Rentnerinnen und Rentner sind darüber hinaus massiv von den inflationsbedingten Kostensteigerungen betroffen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte im rbb-Inforadio zur Rentenerhöhung, die Zahlen wirkten auf den ersten Blick hervorragend. „Wenn man allerdings dazu sagt, dass die Inflationsrate aktuell deutlich höher ist, dann weiß man, dass das real ein Verlust ist für die Rentnerinnen und Rentner“.

Infolge der Erhöhung steigt zum 1. Juli eine monatliche Rente von 1000 Euro, die nur auf West-Beiträgen beruht, um gut 53 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ost-Beiträgen um 61 Euro. Dass die Renten im Osten stärker steigen als im Westen liegt an der sogenannten Angleichungstreppe: Bis 2024 wird der Rentenwert im Osten schrittweise an den im Westen angepasst, bis er gleich hoch ist. (dpa)

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