Kaviar, Müll und Hundebabys: Italiens Ökomafia macht europaweit Geschäfte
Die Müllentsorgung bleibt Hauptbeschäftigungen der Camorra und der ’Ndrangheta. Ein lukrativer Markt, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die Ökomafia operiert international - und handelt längst nicht nur mit Abfall.
Rund 300 Milliarden Euro, das entspricht etwa 17 Prozent des jährlichen italienischen Bruttoinlandsproduktes: So viel haben in zwanzig Jahren die Spezialisten für Umweltverbrechen in Italien erwirtschaftet. Allein 2011 betrug der Umsatz der Branche 16,6 Milliarden. „Einen geplanten und andauernden Angriff gegen Italiens wertvollste Schätze“, nennt es die Umweltorganisation „Legambiente“ die in der vergangenen Woche ihren Jahresbericht über die „Ökomafia“ veröffentlicht hat.
Die Umweltmafia ist in mehreren Bereichen aktiv, von der Müllentsorgung (3,1 Milliarden) über den Schwarzbau (1,8 Milliarden) bis hin zum Tierhandel (drei Milliarden). Riesige Geschäfte, die schon seit langem über die Grenzen der südlichen Regionen hinausreichen.
Der Schriftsteller Roberto Saviano, der die Einführung zum Jahresbericht schrieb, hatte bereits 2006 in seinem Buch „Gomorrha“ die enge Zusammenarbeit zwischen Industriekonzernen im Norden und zwielichtigen Müllspezialisten im Süden erläutert. Die Müllentsorgung – vor allem, wenn es um umweltschädlichen Industriemüll geht – bleibt eine der Hauptbeschäftigungen der Camorra und der ’Ndrangheta, der Mafia-Organisationen aus Kampanien und Kalabrien. Lüde man die gesamte Menge der Abfälle, die in den letzten zwei Jahren illegal entsorgt wurden, auf Lkw, hätte die Autokolonne eine Länge, die von der südlichsten Spitze Italiens bis in die Schweiz reichen würde. Legambiente zufolge braucht es nur die Unterschrift eines Beamten, um hochgefährliche Industrieabfälle als normalen Müll zu deklarieren, der dann oftmals in Baugruben oder Baustellen landet. Das Müllgeschäft ist sehr eng mit dem Schwarzbau verbunden. Müll in einer der 258 000 illegalen Baustellen, die in den letzten zehn Jahren in Italien entstanden, verschwinden zu lassen, ist für viele Unternehmen eine praktische und vor allem billige Lösung. Die Müllhaufen, die sich im Umland von Neapel in den vergangenen Jahren immer wieder auftürmten, sind deshalb nur die Spitze des Müllbergs. In einem Land, in dem jährlich Korruptionsgelder in Höhe von 60 Milliarden Euro ausgegeben werden, ist „Gesetzeswidrigkeit die Norm geworden“, berichtete vor kurzem der Parlamentsausschuss zum Thema illegale Mülldeponien.
Die italienische Umweltmafia operiert schon seit langem auch auf dem internationalen Markt. So wurden im Jahr 2011 7 400 Tonnen Müll in den Häfen Italiens konfisziert. Ihr Bestimmungsort: China. Auch mit dem Verkauf von CO2-Emissionsrechten im europäischen Raum macht die Mafia anscheinend zunehmend Profite.
Die Branche mit der höchsten Wachstumsrate war allerdings im letzten Jahr der Tierhandel. Die illegalen Geschäfte mit toten und lebendigen Tieren, exotischen Vögeln und Fischen, Rennpferden, Hunden für Untergrund-Kämpfe, Reptilienhäuten, Kaviar und Korallen bringen geschätzt drei Milliarden im Jahr in die Kasse des organisierten Verbrechens. Ein recht junges Geschäft ist dabei der Welpenhandel. Bis zu 300 Millionen Euro im Jahr erwirtschaften zwielichtige Hundezüchter und ihre Komplizen in Italien mit dem illegalen Import von Rassehunden.
Die Tiere, die in West-Europa mitunter für tausende Euro verkauft werden, werden zu Hunderten in kleinen Käfigen und ohne medizinische Versorgung über die italienisch-slowenische Grenze geschmuggelt. Viele der geschlauchten Hunde sterben binnen weniger Wochen vor den Augen ihrer neuen Besitzer.
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