Neuer Lebensmittelskandal: Italienisches Olivenöl gepanscht
80 Prozent des als "italienisch" verkauften Olivenöls ist einem Medienbericht zufolge offenbar Billigöl, das Italien aus dem Spanien oder Tunesien importiert hat.
Berlin – Nach dem Skandal um gefälschte Bio-Lebensmittel hat Italien innerhalb weniger Wochen jetzt seinen zweiten großen Lebensmittelskandal. 80 Prozent des als „italienisch“ verkauften Olivenöls ist einem Bericht der Zeitung „La Repubblica“ zufolge Billigöl, das Italien aus dem Ausland importiert hat. Das Öl werde falsch deklariert oder irreführend ausgezeichnet, berichtete die Zeitung am Freitag unter Berufung auf Ermittlungen von Zoll und Finanzpolizei. „Es gibt eine mächtige Gruppe in der Lebensmittelindustrie, die durch Importe ein illegales Vermögen macht, weil das Mischen des Öls nicht nachzuweisen ist“, zitiert die Zeitung den Verbraucherreferenten des Bauernverbandes Coldiretti.
Nach Informationen der Zeitung importieren die Unternehmen Öl aus Spanien, Griechenland, Marokko und Tunesien. Dafür zahlen sie teilweise weniger als 25 Cent pro Liter. Das Öl werde dann teils behandelt, teils sofort mit italienischem Öl verschnitten. Anschließend verkauften die italienischen Lebensmittelfirmen das Öl als „Olivenöl aus Italien“ an Discounter, Touristen und im Großhandel – für drei bis vier Euro je Liter. Insgesamt machten die Unternehmen damit einen Umsatz von jährlich fünf Milliarden Euro. Die ausländischen Produzenten und Exporteure sind nach Informationen der Zeitung oft Tochterfirmen der italienischen Importeure und Olivenölhersteller.
Die vorgeschriebenen Hinweise darauf, dass es sich um eine Mischung handele, unterschlagen die Firmen laut „Repubblica“. Gebe es sie doch, seien sie so klein gedruckt, dass sie auf den Etiketten nicht zu entdecken seien. Zu der Täuschung über die Herkunft des Öls kommt dem Bericht zufolge noch hinzu, dass das verkaufte Öl oft von schlechter Qualität sei und Spuren von Schimmel oder Schmierstoffen aufweise. Die Namen der beteiligten Unternehmen nannte die Zeitung nicht – nach eigenen Angaben, um die noch andauernden Ermittlungen nicht zu gefährden.
Erst vor zwei Wochen war ein weiterer Lebensmittelskandal in Italien aufgedeckt worden. Eine Bande von Fälschern soll nach Angaben der Behörden über mehrere Jahre rund 700 000 Tonnen angeblicher Bio-Waren im Wert von insgesamt 220 Millionen Euro verkauft haben. Sie sollen in Italien und Rumänien konventionell erzeugtes Getreide, Soja, Mehl und frisches Obst aufgekauft und in Bio-Produkte umetikettiert haben. Öko-Lebensmittel lassen sich deutlich teurer verkaufen. Die Staatsanwaltschaft in Italien ermittelt gegen 40 Firmen, darunter Sunny Land, Marinucci, Bioagri und La Spiga in Verona sowie Bioecoitalia in Fano.
Der Großteil der Ware ging den Ermittlungen zufolge ins Ausland – nach Belgien, Frankreich, Spanien, Österreich, in die Schweiz und in die Niederlande. Ein großer Teil soll auch nach Deutschland geliefert worden sein, wie viel genau, ist noch nicht bekannt. Dagegen weiß man zumindest, um welche Produkte es geht. Bei den nach Deutschland verkauften Waren soll es sich insbesondere um Futtermittel wie Soja und Raps gehandelt haben. Eine Gesundheitsgefahr bestand für die Verbraucher nach Behördenangaben nicht, jedoch dürfen die betroffenen Produkte nicht als Bio-Ware verkauft werden.
Italien ist einer der wichtigsten Produzenten für den deutschen Bio-Markt. Kein Land hat mehr zertifizierte Bio-Produzenten. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte von den italienischen Behörden daher eine rasche Aufklärung des Falls. „Wenn sich die ersten Angaben aus Italien bewahrheiten, handelt es sich wohl um Betrug im großen Stil“, sagte Aigner. Dieser Fall müsse vollständig und schnell aufgeklärt werden. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass drin ist, was drauf steht – auch bei Bio-Waren.“ Nach Branchenangaben erzielte der Bio-Umsatz in Europa im Jahr 2010 einen Wert von 18,4 Milliarden Euro. Größter Markt ist Deutschland mit einem jährlichen Umsatz von fast sechs Milliarden, gefolgt von Frankreich und dem Vereinigten Königreich. mit AFP