Regierung beschließt Finanzplan: Italien macht 27 Milliarden Euro neue Schulden
Die Haushaltspläne aus Rom stürzen die Finanzmärkte in Turbulenzen und brüskieren Brüssel. Die EU-Kommission spricht von Wortbruch.
Nach der Verabschiedung des Finanzplans für die kommenden drei Jahre waren die Minister der Protestpartei Cinque Stelle auf den Balkon des Regierungsgebäudes Palazzo Chigi getreten, um sich von ihren Anhängern feiern zu lassen. „Wir haben einen Plan beschlossen, mit dem in Italien erstmals die Armut besiegt wird“, erklärte Vizepremier und Arbeitsminister Luigi Di Maio in gewohnt hochtrabender Manier. Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik stehe der Staat auf der Seite der Bürger, und „zum ersten Mal nimmt er ihnen nichts weg, sondern er gibt ihnen etwas“, sagte der 31-Jährige. Das Parlament hat den Finanzplan am Freitag verabschiedet, am Montag soll er nach Brüssel geschickt werden.
Die Pläne der Populisten-Regierung sind von allen maßgeblichen Instanzen im In- und Ausland längst als unrealistisch und fahrlässig kritisiert worden: von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), vom Internationalen Währungsfonds (IWF), von der Banca d'Italia und vom italienischen Rechnungshof. Der Grund: Die angekündigten Wohltaten – erste Schritte in Richtung eines Bürgereinkommens, eine Steuersenkung sowie die Reduzierung des Rentenalters – erfolgen auf Pump: Das Defizit im Staatshaushalt soll 2019 um 27 Milliarden Euro erhöht werden. Dann wird es 2,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. Mit der EU-Kommission waren 0,8 Prozent vereinbart worden, also dreimal weniger. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warf Italien Wortbruch vor. „Frankreich hält sich an sein Wort, Italien nicht“, sagte Juncker der französischen Zeitung „Le Monde“.
Staatsschuld liegt bei insgesamt 2300 Milliarden Euro
Auch die Finanzmärkte haben nervös auf die geplante neue Schuldenmacherei in Rom reagiert: Die Kurse der italienischen Staatsanleihen stürzten ab, die Zinsen und Renditen schnellten in die Höhe. Es trat ein, wovor der partei- und machtlose Finanzminister Giovanni Tria vergeblich gewarnt hatte: „Es besteht die Gefahr, dass wir das zusätzliche Geld, das wir uns jetzt leihen, gleich wieder für höhere Zinsen ausgeben werden.“ Die Staatsschuld Italiens liegt bei 2300 Milliarden Euro oder 132 Prozent des BIP. Absolut gesehen ist dies der höchste Schuldenberg in der EU und der dritthöchste der Welt. Schon kleinste Zinsaufschläge haben eine große Wirkung.
Alberto Bagnai, Präsident des Senats und Mitglied der rechtsradikalen Lega von Innenminister Matteo Salvini, nannte die Verabschiedung des Plans einen „Akt des zivilen Ungehorsams“ gegenüber Brüssel. Spannend wird es, wenn die Regierung voraussichtlich am Montag den Haushalt für das Jahr 2019 beschließen wird: Dort müssen die einzelnen Maßnahmen aufgelistet und auch ihre Finanzierung dargelegt werden.