Steuererklärung: Ist das Steuerformular frauenfeindlich?
Auf dem Formular für die Steuererklärung wird erst der Ehemann genannt, dann die Ehefrau - selbst wenn sie mehr verdient. Das ärgert die Grünen und den Steuerzahlerbund. Doch die Formulare zu ändern, ist nicht einfach.
Viele Bundesbürger sitzen in diesen Tagen vor ihrer Steuererklärung. Ende Mai müssen die Formulare ausgefüllt und beim Finanzamt abgegeben sein, allmählich drängt die Zeit. Spaß macht das nicht unbedingt. Das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Was viele weibliche Steuerzahler aber zusätzlich aufregt, sind die Formulare. Bei Ehepaaren, die zusammen veranlagt werden, steht nämlich stets der Mann an erster Stelle, die Frau wird auf den zweiten Platz verwiesen – auch dann, wenn sie mehr verdient als ihr Gatte. Während die Politik für die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Arbeitsleben und in der Gesellschaft wirbt, atmen die Steuerformulare den Geist der Nachkriegszeit.
Das ärgert nicht nur für Genderfragen sensible Ehefrauen, wenn sie die gemeinsame Steuererklärung bearbeiten, sondern auch die Grünen und den Steuerzahlerbund. „Es wird Zeit, dass Frauen auch in den Köpfen von Steuerbeamten gleichgestellt werden“, sagte Lisa Paus, Sprecherin für Steuerpolitik der Grünen-Bundestagfraktion, dem Tagesspiegel. Selbst wenn das nicht das allerdrängendste Steuerthema der Welt ist, wäre eine geschlechtsneutrale Modernisierung der Formulare doch „ein aussagekräftiges Symbol“, meint die Finanzexpertin.
Der Steuerzahlerbund wünscht sich "Ehegatten-Neutralität"
Der Steuerzahlerbund ist in der Sache bereits tätig geworden. „Statt Ehemann beziehungsweise Ehefrau könnte einfach Ehepartner A beziehungsweise B abgefragt werden, damit die Eheleute selbst entscheiden können, wer zuerst und wer als zweiter Partner eingetragen wird“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel dem Tagesspiegel. Gleichgeschlechtliche Partner, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können das nämlich schon heute tun. Sie werden im Hauptvordruck der Einkommensteuererklärung unter „Lebenspartner(in) A“ und „Lebenspartner(in) B“ geführt. Warum sollte das nicht auch für Eheleute möglich sein? „Unsere Vorschläge liegen im Bundesfinanzministerium auf dem Tisch, wir wollen eine Ehegatten-Neutralität der Formulare“, betont Holznagel.
Doch so einfach ist die Sache nicht, heißt es im Bundesfinanzministerium. Bei der Zusammenveranlagung sei eine weitere Differenzierung nötig, um im weiteren Besteuerungsverfahren beide Personen – auch über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg – stets eindeutig differenzieren zu können. Die im Vordruck vorgegebene Reihenfolge der Eintragungsmöglichkeiten stelle diese Identifizierung sicher. Die Reihenfolge sei aber „weder als wertende Rangfolge noch als Diskriminierung anzusehen“, betonte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. „Die Berücksichtigung von Gendergesichtspunkten hat im Bundesministerium der Finanzen einen hohen Stellenwert.“
Mit der Anpassung der Formulare ist es nicht getan
Die Verbannung der Frau in die zweite Reihe scheint tatsächlich weniger ideologische als organisatorische Gründe zu haben. Denn schon im Jahr 2014 erkannten die Finanzbehörden, dass es Handlungsbedarf für eine geschlechterneutrale Gestaltung der Erklärungsvordrucke gibt. Federführend für diese Reform ist Bayern, das eine bundeseinheitliche Lösung auf die Beine stellen soll.
Doch ein Fortschritt will sich nicht so recht einstellen, denn das Problem ist komplexer als gedacht. Mit der Neufassung der Formulare ist es nämlich nicht getan, „Das ließe sich leicht machen“, heißt es in der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen. Aber da in den Finanzämtern inzwischen Computer einen Großteil der Steuererklärungen prüfen, müssten auch die Automationsverfahren angepasst werden, damit die Software die Daten den richtigen Personen zuordnen kann.
Das scheint aber eine Herkulesaufgabe zu sein. Allein um das Problem zu analysieren, setzt die zuständige Arbeitsgruppe Einkommensteuer 2800 Personentage an. Erst danach könne man überhaupt abschätzen, wie hoch der Aufwand für die eigentliche Umstellung ist. Klar sei aber schon jetzt, dass dieser hoch sei. Eine Umsetzung in den nächsten drei Jahren sei daher unwahrscheinlich, meinen die Experten.
Heike Jahberg
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