Berufsporträts: Irgendwas mit Schreiben
Gut schreiben zu können ist ein wertvolles Talent. Aber wie macht man daraus einen Beruf? Und welcher ist der passende? Fünf Menschen, die professionell mit Sprache und Schrift umgehen, erzählen ihren Werdegang und geben Tipps für den Einstieg.
Christine Neder, Bloggerin
Die Idee wurde in New York geboren. Christine Neder absolvierte dort vor sieben Jahren im Zuge ihres Modedesign-Studiums ein Praktikum. „Ich wollte keine Rundmail schreiben, wie damals üblich, sondern beschloss, einen Blog aufzusetzen.“ Es ging um Mode, klar. „Aber ich merkte schnell, dass es viel interessanter war, über die Stadt zu schreiben.“ Das fand Anklang. Reisen und persönliche Erlebnisse wurden der Hauptinhalt des Blogs „Lilies Diary“, den Neder seit zwei Jahren professionell betreibt. Sechs Stunden täglich widmet die 29-Jährige mindestens ihrem Netztagebuch. „Zum eigentlichen Schreiben kommt ja noch der Rattenschwanz aus Posten auf Facebook, Twitter, Google +.“ Zudem beantwortet sie Leserkommentare. Geld verdient Neder mit „Lilies Diary“ zum einen über so genannte Advertorials auf der Seite, werbende Texte von Kunden, die sie sehr genau danach auswählt, ob sie zum Profil ihrer Seite passen. Zum anderen ergeben sich aus dem Blog immer wieder journalistische Aufträge. Auch zwei erfolgreiche Buchprojekte („90 Nächte, 90 Betten“; „40 Festivals in 40 Tagen“) sind in der Folge entstanden. Das Bloggen mit Vorsatz zum Beruf zu machen, findet Neder allerdings schwierig. Klar gebe es Workshops, Blogger-Netzwerke, Gruppen auf Facebook, die Rat anbieten. „Alle erfolgreichen Blogger, die ich kenne, haben allerdings aus Spaß begonnen.“ Ihr Tipp: „Nicht zu viel Theorie – einfach loslegen!“ (www.lilies-diary.com)
Marianna Salzmann, Dramatikerin
„Nein, ich glaube nicht an den Künstler im stillen Kämmerlein“, sagt Marianna Salzmann. Das Schreiben fürs Theater bedeutet für sie vor allem: Teamwork. „Auch wenn wir Autoren das oft nicht wahrhaben wollen“. Salzmann, Jahrgang 1985, hat in Hildesheim Literatur-, Theater- und Medienwissenschaften studiert. Bereits während dieser Zeit entstanden erste Kurzgeschichten und Kurzstücke, zudem absolvierte sie Hospitanzen und Praktika an verschiedenen Theatern: „Ich habe das praktische Arbeiten immer gebraucht, um schreiben zu können.“ Schließlich bewarb sie sich erfolgreich um einen Studienplatz für Szenisches Schreiben an der Universität der Künste in Berlin. Ein Studium würde sie angehenden Dramatikern auf jeden Fall nahelegen. Weil es ein guter Weg ist, die handwerkliche Seite des Berufs zu lernen. Wie gebe ich den Inhalten, die mich umtreiben, eine Form? Und weil der Austausch mit anderen jungen Menschen, die auf der gleichen Suche sind, „enorm inspirierend ist – wenn man das Glück hat, auf die richtigen Leute zu treffen“. Salzmann, die heute das „Studio ya“ des Gorki Theaters leitet, hat für ihr Stück „Muttermale Fenster Blau“ den Kleist-Förderpreis gewonnen. Mit „Muttersprache Mameloschn“ den Publikumspreis der Mülheimer Theatertage. Wichtige Auszeichnungen. Aber für den künstlerischen Weg sei etwas anderes entscheidend, sagt Salzmann: „Das Arbeitsleben ist und bleibt ein ständiger Lernprozess.“ (www.mariannasalzmann.com)
Alexander Ellmer, Ghostwriter und Texter
Wer Alexander Ellmers Namen bei Amazon eingibt, stößt auf ein E-Book mit dem Titel „Ich bin stark! Selbstbewusstsein gewinnen und entspannter leben“. Ein Ratgeber, den der Autor nicht aus Sendungsbewusstsein verfasst hat, sondern als Auftragsarbeit. Momentan schreibt er an einem Buch zum Thema Muskelaufbau. Ellmer ist Fachmann, wenn es darum geht, die Inhalte und Anliegen anderer in Worte zu fassen. Ob anonym oder unter eigenem Namen. Als Ghostwriter schreibt er die Ideen von Privatleuten auf. Oder er besorgt Firmen professionellen Content für deren Webseiten – ob in Artikel- oder E-Book-Form. Zu seinem Portfolio zählen auch suchmaschinenoptimierte Texte, die beispielsweise Onlineshops im Google-Ranking nach oben bringen.
Ellmer, gelernter Verkäufer im Vertriebsaußendienst und Verkaufstrainer, ist überzeugt davon, dass seine Erfahrungen im Marketing ihm in seinem Job zugute kommen: „Texte basieren auf Kommunikationsmodellen“, sagt er. „Wir würden keinen Roman lesen, der uns nicht emotional anspricht.“
Seit Anfang des Jahres arbeitet Ellmer Vollzeit als Texter. Und kann sich über mangelnde Arbeit nicht beschweren. Für die Akquise von Aufträgen empfiehlt er vor allem drei Plattformen: die Texterjobbörse (www.texterjobboerse.de), das Portal Twago (www.twago.de) und das Schalten von Annoncen auf Ebay-Kleinanzeigen.
Was es darüber hinaus braucht, ist auch das Motto seiner Homepage: „Leidenschaft zur Sprache“. (www.texterberlin.de)
Rebecca Niazi-Shahabi, Werbetexterin und Schriftstellerin
„Ruinieren Sie uns!“ Von Rebecca Niazi-Shahabi stammt dieser großartige Slogan, mit dem das KaDeWe vor Jahren seinen Schlussverkauf bewarb. Rebecca Niazi-Shahabi war damals gerade mal zwei Monate als Juniortexterin bei einer Werbeagentur beschäftigt. Eine Stelle, die sie nach ihrem Studium der Visuellen Kommunikation ganz ohne Praktika oder sonstige Nachweise bekommen hatte. Sie folgte schlicht einem hoch sympathischen Impuls („Ich habe mitbekommen, dass Grafiker viel länger arbeiten müssen als Texter“). Und bewies Talent für die sprachliche Zuspitzung. Sie selbst hat später eine Reihe von Praktikanten engagiert, die als Quereinsteiger aus verschiedensten Sparten stammten und keine Ausbildung vorzuweisen hatten, wie sie etwa die „Texterschmiede“, eine Hamburger Schule für Werbenachwuchs, bietet. Rebecca Niazi ist auch heute noch als freie Texterin tätig (für ausgewählte Agenturen wie Kakoii), sagt allerdings auch klar, dass die Preise in dem Metier seit 2001 stark gefallen sind. „Es gibt ein Überangebot an freien Textern in Berlin.“ Abraten würde sie dennoch keinem angehenden Texter von Wunschberuf oder -stadt. Ruhig um ein Praktikum bewerben, empfiehlt sie. Auf Agenturpartys gehen. Niazi ist mittlerweile auch als Schriftstellerin erfolgreich und arbeitet gerade am siebten Buch. Eines ihrer Werke ist der Anti-Selbstoptimierungs-Ratgeber mit dem vielversprechenden Titel: „Ich bleib so scheiße, wie ich bin“. (www.rebecca- niazi.de)
Thorsten Petzold, Gründer der Schreibstatt
Hier gewinnt der Begriff „Edelfeder“ eine ganze neue Dimension. Wer nicht nur gut, sondern vor allem schön schreibt, kann sich bei Thorsten Petzold bewerben. Der vormalige Werber hat im Juli 2013 mit der Berliner „Schreibstatt“ die deutschlandweit erste Firma gegründet, die Handgeschriebenes auch in großer Auflage anbietet. Unternehmen, die eine persönliche Note suchen, können hier Einladungen, Weihnachtsgrüße, adressierte Umschläge und ähnliches auch in hoher Zahl ordern. Zudem hat Petzold mit „Schoene-briefe.de“ den weltweit ersten Onlineshop für Einzelauflagen gegründet: Gefragt sind meist Liebesbriefe oder Dankesschreiben. Mit 20 „Schönschreibern“, wie er seine Mitarbeiter nennt, hat es begonnen. Mittlerweile arbeiten 62 Schriftkünstler für ihn. Teils festangestellt, überwiegend aber auf Projektbasis. Der Lebenslauf interessiert dabei nicht. Die Bewerbung erfolgt per handgeschriebenem Mustertext. Wichtig sind neben der schönen Schrift vor allem Geschwindigkeit und Konzentration. Klar, Verschreiber dürfen nicht vorkommen. Für Petzold arbeiten freiberufliche Grafiker genau so wie Rentner oder Angestellte. Die meisten, hat er festgestellt, „aus den Jahrgängen 1966 bis 1972“. Auch französische Kalligraphie – die höchste Schriftkunst überhaupt – kann er bieten. Er hat eine Französin im Team. Bei der Handschrift, „ist jedes Blatt ein Original“. (www.schreibstatt.de)
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