Das Virus würgt die Wirtschaft ab: Industrie steckt in der Rezession
Die Maschinenbauer schreiben 2020 schon ab: Die Produktion schrumpft um fünf Prozent. Nur dem Handwerk geht es hervorragend.
Die deutsche Industrie kommt in diesem Jahr nicht aus der Rezession. Der Maschinenbau – mit gut eine Million Mitarbeiter der beschäftigungsstärkste Bereich – erwartet ein Produktionsminus von fünf Prozent. Dagegen sieht die chemische Industrie mit einer aktuellen Prognose von minus 1,5 Prozent relativ stabil aus. „Die Ausbreitung des Coronavirus wirft uns spürbar zurück“, teilte Maschinenbaupräsident Carl Martin Welcker am Donnerstag mit. Selbst wenn sich die Lage im zweiten Halbjahr entspannen sollte, „werden wir die zusätzlichen Rückgänge in diesem Jahr nicht mehr wettmachen können“. Einer aktuellen Umfrage des Münchener Ifo Instituts zufolge sind bereits 63 Prozent der Industriebetriebe vom Coronavirus betroffen. In dieser Situation sei schnelles Handeln „essenziell“, sagte Maschinenbauer Welcker und lobte die Erweiterung der Kurzarbeit sowie die Übernahme der Sozialbeiträge für die Ausfallstunden durch die Bundesagentur für Arbeit.
Gute Gelegenheit für Forderungen
Doch das reicht den Maschinenbauern nicht: Ähnlich wie Ökonomen wünscht sich die zum großen Teil mittelständische Industrie eine zinslose Stundung von Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer, eine Ausweitung des Verlustrücktrags über eine Million Euro hinaus sowie „nennenswerte Abschreibungserleichterungen“. Welcker nutzte die Gelegenheit, um die Forderung nach einer Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung zu bekräftigen.
Die Produktion der Maschinenbauer war bereits im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent gefallen. Vor allem die von US-Präsident Donald Trump forcierten Handelskonflikte sowie der Strukturwandel in der Autoindustrie machen der Branche zu schaffen. Dem Verband zufolge normalisiert sich derzeit das Geschehen in China. Die Produktion vor Ort laufe wieder an, doch mit Lieferschwierigkeiten sei noch zu rechnen. Ausländische Standorte tragen ein Viertel zur Wertschöpfung der deutschen Maschinenbauer bei, und China wiederum kommt auf etwa drei Prozent.
Die Chemie stimmt nicht
In der chemischen Industrie schien Anfang des Jahres das Schlimmste überstanden zu sein, und der Verband VCI erwartete nach zwei schwachen Jahren wieder ein kleines Plus für 2020. Dann kam das Virus. Immerhin wird der Branchenumsatz nach Einschätzung des VCI mit 196 Milliarden Euro stabil bleiben. Doch alles in allem stehe die Prognose für die nächsten Monate „unter erheblichem Vorbehalt“, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des VCI. Frühestens in zwei Monaten werde man wissen, wie stark das Virus die Branche belaste.
Mit positiven Signalen, die es noch im Januar mit der beendeten Hängepartie um den Brexit und einer Entspannung im Handelsstreit zwischen China und den USA gegeben habe, sei es vorbei. „Das Virus ist ein gravierendes Risiko für die Weltwirtschaft.“ Bei seiner Prognose lässt Große Entrup die Geschäfte von Tochterunternehmen deutscher Konzerne im Ausland außen vor. Dabei spielt China eine wichtige Rolle. Während aus Deutschland Chemieprodukte im Wert von rund neun Milliarden Euro nach China exportiert werden, setzen Tochterfirmen deutscher Konzerne dort 23,5 Milliarden Euro um. „Die negativen Effekte der Coronavirus-Epidemie in China könnten daher schwerwiegender sein als in unserer Betrachtungsweise“, meinte der Verbandschef.Es
Staat unter Stress
„Unternehmen, die wegen Corona in Schwierigkeiten stecken, brauchen Unterstützung. Die Politik hat darauf angemessen und schnell reagiert“, sagt der VCI- Geschäftsführer. Es werde sich allerdings erst in den nächsten
Wochen zeigen, ob das ausreiche. Neben den zugesagten Veränderungen beim Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen hält er auch Bürgschaften für Kredite, Steuerstundungen, Steuersenkungen und die Schaffung eines Sondervermögens für besonders betroffene Unternehmen für mögliche Optionen. „Vermutlich wird sich der Staat zudem an den durch die Epidemie verursachten Kosten der Wirtschaft beteiligen müssen“, vermutet Große Entrup.
2019 war für die Chemiebranche mit ihren 464 000 Beschäftigten ein schlechtes Jahr. Die Produktion schrumpfte um 7,6 Prozent, der Umsatz um 3,3 Prozent. Große Entrup macht dafür den Protektionismus, das Brexit-Desaster, den „industriepolitischen Reformstau“ in Berlin, die Höhe der Steuern und Defizite in der Infrastruktur verantwortlich. Zudem steckten viele Industriebereiche in einem tiefgreifenden Strukturwandel, meinte der Chemieverbandschef mit Blick auf die Autoindustrie.
Dem Handwerk geht es blendend
Nahezu unbelastet vom Coronavirus laufen die Geschäfte im Handwerk. In einer aktuellen Umfrage von Creditreform bewerteten 76,2 Prozent der Befragten die Geschäftslage noch immer als sehr gut oder gut. Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Stimmungsbild damit kaum verändert. Im baunahen Handwerk nahm die Zahl der positiven Bewertungen sogar noch einmal zu. Deutlich verschlechtert hat sich hingegen die Stimmungslage im Metall- und im Kfz-Gewerbe, wo sich offenbar die Schwäche der Industrie bemerkbar macht. Und dennoch: Auch das Handwerk macht sich zunehmend Sorgen über einen konjunkturellen Abschwung, und das wiederum zeigt sich an der Investitionsbereitschaft, die nach Angaben von Creditreform auf den niedrigsten Stand seit 2015 gefallen ist.
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