Berlin, Hamburg, München: In welcher Stadt man das meiste von seinem Einkommen hat
Weniger verdienen und trotzdem besser leben: Was ist dran am Ruf der Hauptstadt? Ein Städte- und Berufevergleich.
Man könnte neidisch werden. Ein Münchner wird in diesem Jahr im Schnitt fast 10 000 Euro mehr Geld für das Leben in seiner Stadt zur Verfügung haben als ein Berliner: 19 423 Euro wird laut einer Prognose des Marktforschungsunternehmens GfK das durchschnittliche netto Jahreseinkommen eines Hauptstädters im Jahr 2014 betragen. Für Münchner hingegen beträgt es 28 920 Euro, für Hamburger immerhin 23 469 Euro. Verdienst und auch Transferzahlungen wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld sind inklusive.
Um die reinen Verdienstmöglichkeiten in München, Hamburg und Berlin zu vergleichen, muss man regionale Faktoren und die unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten bedenken. Berlin gilt seit Jahren als Stadt, in der man zwar vergleichsweise wenig verdient, sich aber trotzdem mehr leisten kann als in den anderen Großstädten. Doch was ist heute noch dran an diesem Ruf?
„In München liegen die Gehälter 20 bis 25 Prozent über dem, was in Berlin üblich ist“, sagt Karriereberater und Autor Martin Wehrle. Berlin entspreche dem Bundesdurchschnitt, Hamburg liege leicht darüber.
Im Osten von Deutschland verdient man generell schlechter als im Westen, in der Mitte des Landes weniger als im Süden. Stärker als das allgemeine Lohngefälle beeinflussen in manchen Berufen aber die regionalen Gegebenheiten den Verdienst. Zum Beispiel im öffentlichen Dienst. Ein Berliner Gymnasiallehrer etwa verdient in der ersten Gehaltsstufe rund 3 300 Euro brutto. In Bayern sind es auch etwa 3 300 Euro, in Hamburg zirka 3 500 Euro. Weil ein Lehrer in Bayern aber im Laufe seiner Karriere verbeamtet wird, kann er später mit höherem Netto-Einkommen und einer höheren Pension rechnen. „Im Laufe eines 35-jährigen Berufslebens entgehen einer angestellten Berliner Lehrkraft im Vergleich etwa 100 000 Euro netto“, sagt Tom Erdmann von der Lehrergewerkschaft GEW.
Auch Standortfaktoren beeinflussen den Verdienst. Wer in Berlin als Ingenieur für Maschinenbau tätig ist, hat 2010 zum Beispiel durchschnittlich 4 454 brutto pro Monat verdient. Die Einkommen im Osten sind laut Detlef Untermann vom Verein Deutscher Ingenieure Berlin-Brandenburg grundsätzlich um 20 Prozent niedriger als im Westen. Entscheidend für die Verdienstmöglichkeiten von Ingenieuren sei aber, welche Unternehmen in einer Stadt angesiedelt sind. In großen Unternehmen verdiene man mehr als in kleinen. In der Automobil-, Luftfahrt- und Chemieindustrie, im Maschinenbau und in der Elektrowirtschaft mehr als in der Bau- und Immobilienbranche, im Schiffbau oder der Bekleidungs- und Textilindustrie.
Welche Rolle die wirtschaftliche Lage einer Stadt für das reale Einkommen spielen, zeigt auch das Beispiel Hausärzte. Vergleicht man den reinen Honorarumsatz im Jahr 2011 so liegen Münchner Hausärzte mit 201 218 Euro Umsatz vorne. Ein Berliner Hausarzt machte durchschnittlich 175 660 Euro Umsatz pro Jahr, ein Hamburger 160 178 Euro. Wie viel ein Arzt aber letztlich verdient, hängt vom allgemeinen Preis- und Lohnniveau ab. In München ist es zum Beispiel teurer, Praxisräume zu mieten und Mitarbeiter zu bezahlen als in Berlin. Eine Vorstellung davon, wie viel Geld da für einen Arzt im Monat übrig bleibt, gibt das bundesweite Durchschnitts-Nettoeinkommen für Hausärzte von 5000 Euro pro Monat. Man kann jedoch davon ausgehen, dass Münchner Ärzte mehr verdienen als Berliner. Generell verdienen Mediziner in wirtschaftsstarken Regionen mehr, sagt Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Denn dort gibt es mehr privat Versicherte. Und das macht sich in der Kasse deutlich bemerkbar.
Doch ob Lehrer, Ingenieur oder Arzt – in allen Berufen gilt, dass das Einkommen alleine noch nichts darüber aussagt, was man sich in einer Stadt davon leisten kann. Nach wie vor ist München die teuerste Stadt Deutschlands. Die Lebenshaltungskosten liegen hier laut Verbraucherpreisindex 27,2 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. In Hamburg sind Waren und Dienstleistungen 15,9 Prozent teurer. Berlin liegt 2,8 Prozent über dem Durchschnitt, ist aber eindeutig die günstigste der drei Städte. Da hat sich in den letzten zehn Jahren wenig verändert.
Nur bei den Mieten gab es einen drastischen Wandel. Wer im Stadtzentrum leben will, zahlt laut Angaben der Immobilienplattform Immowelt zwar immer noch in München am meisten. Bei 18,30 Euro liegt die Nettokaltmiete pro Quadratmeter bei Neuvermietung in Altstadt-Lehel durchschnittlich, bei 16,20 Euro in Schwabing. Am stärksten gestiegen sind die Mieten aber in Berlin. In Mitte zu wohnen ist mit 12,90 Euro Quadratmeterpreis schon teurer als in der Hamburger Altstadt oder im Schanzenviertel, wo man 12,30 Euro zahlt. Auch in Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Schöneberg oder Charlottenburg gleichen sich die Mieten mit neun bis zehn Euro nach oben hin an.
Dass Berlin viel günstiger ist als Hamburg oder München stimmt auch in anderen Bereichen nicht. Eine Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel kostet in München 71,50 Euro, in Berlin 78 Euro und in Hamburg 99,80 Euro. Generell passen sich die Preise für Dienstleistungen, die von regionaler Nachfrage abhängen (wie zum Beispiel Haareschneiden) dem Preisniveau einer Stadt an. Bei überregionalen Produkten wie Autos gibt es dagegen kaum Preisunterschiede.
Und auch für einen Kinobesuch zahlt man in den drei Großstädten in etwa gleich viel. Der neue Film der Coen-Brüder „Inside Llewynn Davis“ kostet im Cinestar am Potsdamer Platz 8,50 Euro, in einem Hamburger Cinemaxx sowie in einem Münchner Programmkino acht Euro. Im Münchner Cinemaxx kostet der Eintritt in der Regel neun Euro. Ein Berliner Lehrer muss für ein Ticket also vergleichsweise mehr von seinem Gehalt ausgeben als ein Münchner Lehrer.
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