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Unter Frauen. Auch die Kanzlerin netzwerkt. Das Foto zeigt sie bei einer Veranstaltung des Vereins "Meet me in Mitte", der Frauen ermutigen will, Ämter zu übernehmen.
© picture alliance / dpa

Chancengleichheit von Frauen: In die erste Reihe

Geringeres Einkommen, unten auf der Karriereleiter, weniger Einfluss: Frauen kommen im Beruf oft schlechter weg als Männer. Doch das soll sich ändern – durch Business-Netzwerke.

Sie kommen aus allen Alters- und Berufsgruppen, arbeiten als leitende oder einfache Angestellte in mittelständischen und großen Firmen, führen ihr eigenes Unternehmen oder gehen noch zur Uni. Aus allen Teilen Deutschlands sind die Teilnehmerinnen zum Wochenendseminar „Building on Diversity“ nach Berlin gereist. Obwohl sie sich noch nie begegnet sind und völlig unterschiedliche Biografien haben, kommen die 15 Damen in den Räumen des Unternehmerinnen- und Gründerinnenzentrums in Wilmersdorf schnell ins Gespräch. Denn sie alle eint ein gemeinsames Ziel: Die Frauen wollen nach einer familienbedingten Auszeit in ihren Beruf zurückkehren – oder sich komplett neu orientieren.

Das Seminar hat das Frauennetzwerk Business and Professional Women Germany (BPW) zusammen mit dem amerikanischen Multikonzern General Electric entwickelt. Es ist Teil einer Veranstaltungsreihe. Außerdem will das BPW mit Vorträgen und einem Mentoringprogramm zur Chancengleichheit von Frauen in Wirtschaft und Politik beitragen. Solche Angebote scheinen dringend nötig zu sein.

Schließlich sind weibliche Beschäftigte in Führungspositionen und Aufsichtsräten immer noch in der Minderheit. Und auch bei den Gehältern sind sie nach wie vor im Hintertreffen. Das belegen einmal mehr Studien anlässlich des Equal Pay Days am vergangenen Freitag, des Tages der auf die ungleiche Bezahlung aufmerksam macht: In vergleichbaren Positionen verdienen Frauen bei gleicher Qualifikation im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer.

Frauennetzwerke schießen wie Pilze aus dem Boden

Frauennetzwerke wollen ihren Mitgliedern vor allem durch die Pflege von Kontakten den Weg nach oben ebnen und zu mehr Einfluss in der Wirtschaft verhelfen. Vor allem in den vergangenen zwei Jahrzehnten sind die professionellen Börsen zur Förderung von Frauenkarrieren wie Pilze aus dem Boden geschossen – in Deutschland gibt es mittlerweile hunderte solcher Business-Netzwerke mit unterschiedlicher Ausrichtung und Klientel. Manche dieser Netzwerke agieren dabei nicht nur auf regionaler und nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene.

So können auch die Mitglieder des BPW im Ausland die Verbindungen der Institution nutzen. „Das ist besonders hilfreich, wenn man neu in einem Land ist, erste Kontakte knüpfen möchte und nach Anlaufstellen sucht“, sagt Waltraud Kratzenberg-Franke von der Bundesgeschäftsstelle des Netzwerks in Berlin.

Beim BPW-Wochenendseminar in der Hauptstadt ist das Eis angesichts der alle verbindenden Thematik schnell gebrochen. Eine Teilnehmerin Mitte 50 möchte sich nach jahrelanger Hausarbeit und Kindererziehung als Coach selbstständig machen, eine Akademikerin in führender Position stellt sich die Frage, wie sie ihren Job in einem internationalen Unternehmen mit ihren drei Söhnen und dem Ehemann besser unter einen Hut bringt. Es sind durchaus vertrauliche, mithin sehr private Informationen, die in diesem Kreis die Runde machen – die Teilnehmerinnen duzen sich und reden ganz offen.

Es ist diese besondere Form von Vertrauen, die die Frauen im Raum miteinander verbindet. Deutlich zeigt sich das beim Rollenspiel, das den Teilnehmerinnen aufzeigen soll, was Vorgesetzte, Kollegen, Freunde und Familie von den Frauen erwarten – und wo sie sich selbst im sozialen Koordinatensystem zwischen Professionellem und Privatem verorten. Alle machen mit, wenngleich es hier um intime Befindlichkeiten geht.

„In gemischten Netzwerken mit Männern und Frauen gibt es meistens eine größere Distanz“, sagt Helga Lukoschat, Geschäftsführerin der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) und des Hochschulkarrierezentrums für Frauen Femtec. „Wenn man gemeinsame Interessen hat, fällt es leichter, aufeinander zuzugehen.“

Jede vierte Stelle wird über private Kontakte vernetzt

Aus Lukoschats Sicht sind Netzwerke besonders bei der Jobvergabe nützlich. Studien zufolge wird heute jede vierte Stelle über private Kontakte besetzt; die Politologin glaubt, dass die tatsächliche Quote sogar bei 80 bis 90 Prozent liegt. Allerdings sei es als Frau wenig sinnvoll, sich fürs professionelle Fortkommen nur in Netzwerken seines Gleichen zu bewegen. Schließlich seien viele Schlüsselpositionen in der Wirtschaft immer noch mit Männern besetzt: „An ihnen führt bei der Bewerbung kein Weg vorbei.“

„Wer im Beruf vorankommen will, darf die Netzwerke der Mächtigen nicht meiden“, sagt auch der Arbeits- und Industriesoziologe Andreas Boes. Der Wissenschaftler hat ein Buch über die Karrierechancen- und -strategien von Frauen geschrieben. Boes hat bei diversen Forschungsprojekten beobachtet, dass viele Frauen vor allem auf der Ebene netzwerken, der sie selbst angehören und die Netzwerke der „Big Boys“ meiden. Dabei wären sie mit Blick auf die Karriere besser beraten, auch Kontakte zu den höheren Arbeitsebenen zu pflegen und sich dort ins Gespräch zu bringen: Dort sitzen nämlich diejenigen, die über die Besetzung vakanter Stellen entscheiden.

Für die promovierte Politologin Anna Daun sind Kontakte nicht nur fürs persönliche Fortkommen, sondern auch für die tägliche Arbeit äußerst wichtig. Ein Schwerpunkt der Wissenschaftlerin am Bundesinstitut für Risikobewertung ist die empirische Forschung; und für Studien müssen Interviewpartner her. Manch einen hat Daun über das internationale Frauennetzwerk Women in International Security (WIIS) gefunden, dem die 42-Jährige seit fünf Jahren angehört. Das Netzwerk, das in Deutschland im vergangenen Herbst sein zehnjähriges Bestehen feierte, hat mehr als 7000 Mitglieder in 49 Ländern und will die Karrieren von Frauen im außen- und sicherheitspolitischen Bereich befördern. In Deutschland sind unter anderem Beschäftigte des Bundestages, von Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen, der Bundeswehr, aus Thinktanks und diplomatischen Kreisen bei WIIS vertreten.

„Frauen mischen noch nicht so lange in der Sicherheitspolitik mit, wir sind dort immer noch in der Minderheit“, sagt Sylke Tempel, die die deutsche WIIS-Sparte 2003 mit auf den Weg gebracht hat und heute ehrenamtliche Vorsitzende des Netzwerks ist. Für die Chefredakteurin der Zeitschrift „Internationale Politik“ liegt der Nutzen von WIIS vor allem darin, dass sich die Frauen mithilfe des Netzwerks in der Männerdomäne Sicherheitspolitik Gehör verschaffen können. Tempel ist sich sicher: „In diesen Kreisen werden wir erst als Gruppe sichtbar.“

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