zum Hauptinhalt

Mietpreisbremse: Umkämpfte Städte

Die Mietpreisbremse hilft nicht, sagen Forscher.

Ist eine Stadt oder ein Stadtteil angesagt, explodieren die Mieten. Und wer sie nicht zahlen kann, muss an den Stadtrand. Gegen diese Verdrängung ärmerer Stadtbewohner hilft die gerade beschlossene Mietpreisbremse nicht, sagen Stadtteilforscher.

„Wohnen in Ballungsräumen bleibt bezahlbar“: Das verspricht dagegen die Bundesregierung in ihrem Internetauftritt und meint damit die Mietpreisbremse für Ballungsgebiete. Danach darf ein Vermieter nur zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen, wenn er seine Wohnung neu vermietet. Ausgenommen sind allerdings Neubauten und die erste Vermietung nach einer „umfassenden Sanierung“. Hier bestimmt der Vermieter weiter frei den Preis.

Wie frei er dabei ist, hat vor allem mit der Nachfrage nach Mietwohnungen zu tun – die sich sehr unterschiedlich verteilt: Städte wie Berlin, Hamburg, München, aber auch Mainz, Bamberg oder Leipzig ziehen Schwärme von Menschen an, die für Wohnungen Schlange stehen und nicht selten um die 1000 Euro für zwei Zimmer zahlen.

In Orten wie Frankfurt (Oder), Bremerhaven oder Hagen dagegen schrumpft die Bevölkerung. Da helfen auch niedrige Mietpreise nicht. „Sogar wer dort arbeitet, entscheidet sich oft fürs Pendeln und wohnt in einer anderen Stadt“, sagt Harald Simons, Wohnungsmarktforscher an der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur. Er hält deshalb wenig vom Versprechen vom „bezahlbaren Wohnraum“: „Bezahlbar ist Wohnraum immer“, sagt der Volkswirt, der die Wege der Mieterschwärme erforscht. „Es fragt sich nur: von wem?“

Simons erwartet, dass sich in den Zentren der Metropolen die Verdrängung ärmerer Bürger zugunsten Besserverdienender durch die Mietpreisbremse sogar verschärft. Denn: „Die Nachfrage nach Mietwohnungen erhöht sich, weil die Mieten künstlich niedriger gehalten werden.“ Günstiger werde der Wohnraum dadurch nicht, sagt der Forscher. „Dann werden eben statt höherer Mietpreise klapprige Einbauküchen für zigtausend Euro mitverkauft.“

Auch der Berliner Stadtsoziologe Andrej Holm erwartet nicht, dass die Mietpreisbremse zu einer gemischteren Bevölkerung in den Ballungsräumen führt. „Sie nimmt etwas von der Geschwindigkeit der Mietpreiserhöhungen heraus“, sagt Holm. Davon profitiere in erster Linie die Mittelschicht, für die Wohnungen in den begehrten Lagen leichter zugänglich werden. „Will man aber eine Stadt für alle, also auch für ärmere Menschen, muss günstiger und guter Wohnraum erhalten und geschaffen werden.“ Auch mit der Mietpreisbremse würden Städte „weiter systematisch entmischt“.

„Vertreibung“ nennt das Michael Bieber von der Bürgerinitiative Wohnen in Münster. In der westfälischen Stadt würden ganze Straßenzüge luxussaniert und dann als Eigentumswohnungen verkauft. „Elf Euro und mehr sind danach ein üblicher Quadratmeterpreis – mit der Folge, dass im ganzen Stadtviertel der Mietspiegel steigt“, sagt Bieber. „Daran ändert die Mietpreisbremse überhaupt nichts, Sanierungen wurden ja sogar ausdrücklich von ihr ausgenommen.“

Wie Bieber in Münster haben sich in vielen Städten Bürger zusammengeschlossen: Allein im Hamburger „Recht auf Stadt“-Netzwerk sind mehr als 60 lokale Initiativen verzeichnet, die sich gegen Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt einsetzen. Ob sie wie hier „Rettet Elisa“, „Hayn-Hegestraße bleibt“ oder wie in Berlin „Wir sind Kreuzberg“ heißen – es eint sie der Protest gegen die sozialen Folgen hoher Mieten in ihrem Viertel.

„Die Mietpreisbremse ist kein Allheilmittel, aber ein Anfang“, sagt dagegen Ulrich Ropertz vom deutschen Mieterbund. „Für Mieter ist es aber auf jeden Fall eine Verbesserung, dass die Mieten langsamer steigen.“ Dass Neubauten und Sanierungen ausgenommen wurden, hält er aber für einen Fehler.

(epd)

Miriam Bunjes

Zur Startseite