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„Flying Spaces“ heißt das Modell in Modulbauweise des Fertighausherstellers Schwörerhaus. Es soll sich für alle denkbaren Nutzungen eignen – und damit auch für kleine Einfamilienhäuser.
© Promo/Jürgen Lippert

Ein Zuhause für Singles: Trautes Heim – geht auch in klein

Einfamilienhäuser müssen heute nicht mehr groß sein. Zahlreiche Anbieter entwickeln Konzepte für Singles, Senioren und Kleinfamilien.

Berlin ist die Hauptstadt der Singles. 53,9 Prozent der Berliner Haushalte, so hat es das Statistische Landesamt Anfang Juli mitgeteilt, bestehen aus nur einer Person. Vor zehn Jahren waren es noch 3,7 Prozentpunkte weniger. Auf diese Entwicklung reagiert die Wirtschaft: Im Supermarkt gibt es kleine Wurstpackungen, im Reisebüro Spezialangebote für Singles. Eine Branche jedoch hat allem Anschein nach den Trend verschlafen: Die Anbieter von Einfamilien- und Reihenhäusern rücken in ihrer Werbung noch immer die traditionelle Vier-Personen-Familie in den Vordergrund.

Oder täuscht der Eindruck? Tatsächlich erkennen allmählich immer mehr Unternehmen, dass ein Bedarf auch an kleineren Häusern besteht. Jetzt kündigt der Branchenriese NCC ein entsprechendes Pilotprojekt an: Im Baugebiet Arends-Carrée in Hohenschönhausen will NCC etwa 20 sogenannte Compact Homes errichten. Diese kleinen Reihenhäuser sollen eine Wohnfläche von lediglich 80 Quadratmetern aufweisen und in drei Varianten angeboten werden: als „Single Edition“ für Ein-Personen-Haushalte, als „Family Edition“ für Kleinfamilien und als „Senior Edition“ für ältere Menschen.

Damit reagiert der Konzern nicht nur auf die gesellschaftlichen Veränderungen, sondern auch auf die gestiegenen Grundstücks- und Baukosten. „Vor dem Hintergrund der steigenden Preise haben wir uns überlegt, warum wir keine kleinen Reihenhäuser anbieten, die wirklich bezahlbar sind“, sagt NCC-Chef Nils Olov Boback. Er rechnet für die Kleinhäuser mit einem Preis von rund 165 000 Euro (inklusive Grundstück), also gut 2000 Euro pro Quadratmeter. Bei einer konventionellen Wohnfläche von 120 Quadratmetern würde hingegen ein Preis von 250 000 Euro resultieren.

„Die Compact Homes sind ein Metropolenprodukt“, sagt Boback – geeignet also für Großstädte, in denen Grundstücke rar und entsprechend teuer sind. Sollte das Pilotprojekt in Berlin erfolgreich sein, will NCC das Konzept in sieben weiteren deutschen Regionen (darunter Hamburg, Düsseldorf, Köln/Bonn, Dresden und Leipzig) anbieten.

Günstig, aber nicht billig

Trotz des vergleichsweise günstigen Preises sollen die Häuser nicht billig wirken, verspricht Boback. Im Gegenteil: „Wenn wir die Wohnfläche reduzieren, müssen wir mehr bieten.“ Die „Single Edition“ erhält deshalb Parkettböden und einen integrierten Flachbildschirm-Fernseher. Außerdem zeichnet sie sich durch einen Luftraum über dem Wohnzimmer aus; das Obergeschoss wird also nur zu etwa zwei Dritteln als Wohnfläche genutzt. Bei der „Family Edition“ hingegen ist im Obergeschoss Platz für zwei Schlafzimmer und ein Bad. Die „Senior Edition“ verfügt als einzige Variante über eine abgetrennte Küche.

Das Baurecht wird laut Boback voraussichtlich im September vorliegen, so dass die ersten Reihenhäuser neuen Typs im Sommer 2016 fertiggestellt sein könnten. Der Vertrieb hat noch nicht begonnen.

Ziel ist eine monatliche Belastung in Höhe einer Miete

Anders beim Bremer Unternehmen Interhomes, das ebenfalls ein Reihenhaus für den schmalen Geldbeutel im Sortiment hat: Die ersten von 70 dieser sogenannten Starthomes werden im Sommer 2016 in der Carola-Neher-Straße in Hellersdorf bezugsfertig sein. Der Preis für ein 107 Quadratmeter großes Reihenhaus beginnt bei 170 000 Euro. Es geht aber auch kleiner: In Bremen hat Interhomes Häuser mit sogar nur 82 Quadratmetern errichtet.

Im Vordergrund steht auch hier der finanzielle Aspekt. „82 Quadratmeter sind ein Start-Angebot für Menschen mit kleinerem Portemonnaie, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen“, sagt Interhomes-Sprecherin Stefanie Wagner-Arndt. Im Unterschied zur vergleichbaren Mietwohnung gebe es „den eigenen Garten und die eigene Adresse dazu“. Ziel sei es dabei, dass die monatliche Belastung nicht höher sei als die Miete für eine vergleichbar große Wohnung.

Davon überzeugt, dass sich viele Singles und Paare ein kleines Haus wünschen, ist auch Isabella Bosler. Die Bauberaterin im bayerischen Seeshaupt betreibt die Internetseite tiny-houses.de und hat zusammen mit einem Architekten das kleine, ökologisch vorbildliche Massivholz-Fertighaus „Ecohome 4.2“ entwickelt.

Drei dieser Häuser sind bisher in Nordrhein-Westfalen errichtet worden. „Gerade für Singles sind kleine Häuser eine gute Lösung“, sagt Isabella Bosler. Eine von ihr initiierte Online-Umfrage hat im Jahr 2013 ergeben, dass sich die Mehrzahl der Interessenten eine Wohnfläche zwischen 60 und 80 Quadratmeter wünscht. Die allermeisten Teilnehmer der – allerdings nicht repräsentativen – Umfrage möchten dafür deutlich weniger als 2000 Euro pro Quadratmeter ausgeben.

Das ist aber nicht realistisch, wie Bosler sagt: „Wem baubiologisch einwandfreie Materialien und Werthaltigkeit wichtig sind, der wird mit etwa 2000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche rechnen müssen.“ Die 60 Quadratmeter große Bungalow-Variante von „Ecohome 4.2“ kostet sogar ab 178 000 Euro (ohne Grundstück), die 35 Quadratmeter kleine Mini-Variante ab 122 000 Euro. Grundsätzlich sei das Angebot an kleinen Häusern in den vergangenen Jahren gestiegen, urteilt die Fachfrau.

Älteren Menschen kann ein Einfamilienhaus zu groß werden

Dazu beigetragen haben vor allem Anbieter, die auf Modulbauweise setzen. Der Fertighaushersteller Schwörerhaus zum Beispiel hat das Modul „Flying Spaces“ entwickelt, das sich für alle denkbaren Nutzungen eignet – und damit auch für kleine Einfamilienhäuser. Laut Expertin Bosler kommt dieses Prinzip insbesondere bei älteren Menschen gut an, denen ihr Einfamilienhaus zu groß und zu aufwendig in der Bewirtschaftung geworden ist. Die ästhetisch ansprechenden Kleinhäuser, die sich häufig auch auf dem eigenen Grundstück neben dem Bestandsgebäude realisieren lassen, stellen dann eine interessante Alternative dar.

Im Übrigen spricht sich Isabella Bosler dafür aus, kleine Häuser immer so zu planen, dass sie nicht nur für eine, sondern auch für zwei Personen ausreichend Platz bieten – „schließlich will sich vermutlich kein Single mit dem Bau eines kleinen Hauses ein Leben zu zweit verbauen“.

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