Rahmenvertrag zum Großprojekt: Pankower Tor auf dem Wartegleis
Zähe Verhandlungen mit Investor Kurt Krieger über Beräumung der Bauflächen und Entsorgungskosten. Einen Rahmenvertrag wird es vor der Berlin-Wahl nicht mehr geben.
Das Bauvorhaben Pankower Tor entwickelt sich mehr und mehr zum Jahrhundertprojekt. Fast zwanzig Jahre nach dem Ausrangieren des Güterbahnhofs Pankow 1997 sind die Pläne zur Entwicklung des rund 40 Hektar großen Areals noch immer nicht auf der richtigen Schiene: Vor dem Januar 2017 kommt es nach Tagesspiegel-Informationen nicht zu entscheidenden Weichenstellungen.
Die Brache des ehemaligen Rangierbahnhofes entlang der Gleise zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf ist aktuell eines der größten zu erschließenden Gebiete Berlins. Die Fläche wurde 2009 von dem Möbelhändler Kurt Krieger (Höffner, Krieger, Kraft) erworben.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bestätigte auf Anfrage, dass vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 18. September kein Rahmenvertrag mit Kurt Krieger zustande kommt, der dazu noch vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden kann, um wirksam zu werden. Der Rahmenvertrag gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen für die weitere Planung, insbesondere für das vorgeschriebene Bebauungsplanverfahren. Nach dem „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ werden Investoren in einem Rahmenvertrag zur Übernahme von Kosten für soziale und technische Infrastruktur, verpflichtet. Die Kostenübernahme ist die Voraussetzung – oder Folge – des geplanten Wohnungsbauvorhabens. Und hier sind nach Informationen dieser Zeitung noch etliche Positionen strittig.
„Wesentliche Fragen sind im Entwurf des Rahmenvertrags geklärt“, teilt die Senatsbauverwaltung zwar auf Anfrage mit. Aber: „Andere befinden sich noch in der Diskussion, wie zum Beispiel die Frage des Umgangs mit den Denkmalen östlich der Prenzlauer Promenade.“ Hier befindet sich nicht nur ein ob seiner einmaligen Kuppel denkmalgeschützter Rundlokschuppen, sondern es stehen auch etliche Nebengebäude auf diesem Areal, das Krieger dem Land als Schulstandort übereignen will (siehe dazu die derzeit aktuelle Planungsgrafik). Die Gebäude müssten abgerissen werden. Diese Kosten – hinzu kommen womöglich Entsorgungskosten für kontaminierte Baustoffe und Erden – möchte Krieger dem Land in Rechnung stellen, bzw. mit seinen Pflichten aus der kooperativen Baulandwicklung verrechnen. Der Steuerzahler würde damit indirekt zur Beseitigung von Altlasten herangezogen, die die Bahn AG mit den Flächen an Krieger verkauft hat. „Wir werden dies vertraglich ausschließen“, verkündet Bausenator Andreas Geisels Sprecher Martin Pallgen. Welche Flächen zu welchen Preisen an das Land gegeben werden, ist indes Verhandlungssache. Insgesamt soll es um 1,4 Millionen Euro gehen, die Berlin aus der Krieger-Kasse zugute kommen sollen. Weil auch die Senatsverwaltung für Finanzen den noch nicht unterschriftsreifen Rahmenvertrag mitzeichnen müsste, ist in dieser Wahlperiode nicht mehr mit neuem Schwung am Pankower Tor zu rechnen.
Ob an einer der geplanten Stellen ein Schulstandort realisierbar ist, dürfte ob der Feinstaubbelastung und der Abgasabwinde vom benachbarten Autobahnzubringer ohnehin fraglich sein. Die Senatsschulverwaltung erklärte sich bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht auf eine entsprechende Anfrage.
Strittig ist ein weiterer Dauerbrenner. Wenn es um die Dimensionen der von Krieger geplanten Shopping Mall geht, wird Berlins Bauverwaltung einmal mehr schmallippig. „Hierzu liegen noch keine auswertbaren Untersuchungen vor“, teilt der Sprecher mit. Schwer vorstellbar, dass sich auf dieser Geschäftsgrundlage ein Bebauungsplan erstellen lässt: Kurt Krieger besteht – wie zu hören ist – „mindestens“ auf einer Fläche von 30 000 Quadratmetern für sein geplantes Einkaufszentrum, das Land wollte ursprünglich 20 000 Quadratmeter festschreiben.
Die Krieger Grundstück GmbH (KGG) will sich zum aktuellen Verhandlungsstand auf Anfrage nicht äußern. Sie plant ein Einkaufszentrum am S- und U-Bahnhof Pankow, in der Mitte des Geländes eine Wohnbaufläche und am Autobahnzubringer Möbel-Fachmärkte. Gleich in der Nähe dieser Zone liegen Kleingartenkolonien; die Pachtflächen gehören zum Bundeseisenbahnvermögen. Ob sich hier Besitzverhältnisse geändert haben? Die Pressestelle des Bundeseisenbahnvermögens ist urlaubsbedingt unbesetzt. Doch Jürgen Pape, Vorsitzender des Kleingartenvereins Feuchter-Winkel-Ost, hat ein Detail parat: „Wir wissen lediglich, dass Krieger die komplette Zuwegung zu unserer Anlage – von der Romain-Rolland-Straße aus – gekauft hat. Das Nutzungsrecht dieser Zuwegung haben wir laut Grundbuch schon nicht mehr.“
Ein neuer Kleingartenplan wird zur Zeit verhandelt. Nach dem gültigen gehört Papes „Feuchter Winkel“ zu den ungesicherten Kleingärten: „Eine Kündigung ist unter Beachtung der kleingartenrechtlichen Bestimmungen jederzeit möglich.“