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So elegant sieht es aus, wenn sich Architekten ein Büro bauen: Die Niederlassung von David Chipperfield in der Joachimstraße in Mitte.
© Thilo Rückeis

Immobilienmarkt: Neue Bürohäuser braucht Berlin – und noch mehr Hotels

Der Leerstand ist auf einem Rekordtief. Doch für neue Bürobauten sind die erzielbaren Durchschnittsmieten zu niedrig. Bei steigenden Zimmerpreisen aber rechnen sich Hotels.

Von der Wohnungsnot in Berlin – besser: über den Mangel von preiswertem Wohnraum in Berlin – wird viel gesprochen. Doch was ein Defizit an Büros mit einer Großstadt machen könnte, wäre demnächst zu diskutieren: Das international tätige Immobiliendienstleistungs-Unternehmen Savills hat in einer Analyse des Büromarktes der Top-6-Städte Deutschlands herausgefunden, dass Berlin mit einem Leerstand von 3,2 Prozent ein neues Rekordtief erreicht – und gleichzeitig den höchsten Umsatz national.

In keinem anderen Metropolenmarkt ist der Leerstand so rasch und so tief gesunken wie in Berlin. Bis zum Jahresende droht er bei unter drei Prozent zu liegen. 2006 lag der Leerstand noch bei neun Prozent.

Was jeden Eigentümer einer Büroimmobilie in Berlin freut, bedeutet für manchen Start-up-Unternehmer das nackte Grauen: Woher nehmen, wenn nicht bauen? Die Spitzenmieten – wie sie am Potsdamer oder Leipziger Platz verlangt werden – könnten in sechs Monaten bei 27 Euro pro Quadratmeter liegen, prognostiziert Savills.

„Schon jetzt gibt es gelegentlich Bewerbungsverfahren, bei denen sich die Mietinteressenten mit einem Mietpreisangebot beim Eigentümer bewerben müssen“, hat Christian Leska, Managing Director und bei Savills verantwortlich für den Standort Berlin, beobachtet.

Mögliche Höchstmieten sind zu niedrig für die teuren Bauflächen

Gleichzeitig werden im laufenden Jahr nur rund 160.000 Quadratmeter Bürofläche fertig gestellt – halb so viel wie 2015. Trotz des signifikant niedrigeren Leerstands werden spekulative Projekte selten gebaut. Savills-Mann Leska führt das auf das restriktive Engagement der Banken in dieser Assetklasse zurück.

Doch es gibt auch andere Gründe: Niclas Karoff, Mitglied des Vorstandes der TLG Immobilien AG, verwies am Donnerstag darauf, dass sich spekulatives Bauen im mittleren und unteren Preissegment schlicht nicht lohne. „Bei Spitzenmieten von 12 bis 13 Euro pro Quadratmeter ist es für Projektentwickler schwer, neu zu bauen“, sagte Karoff anlässlich der Vorstellung des jährlichen Marktberichtes „Immobilienmärkte Berlin und Ostdeutschland 2016“.

Um Top-Mieten zu generieren, seien die Bauflächen in Berlin inzwischen einfach zu teuer. Die Folge der Verknappung sind kräftig steigende Mieten im Bestand. Die Gefahr: Unternehmen suchen sich Büroflächen in anderen Städten, zum Beispiel in Leipzig.

Großnutzer ziehen um

„Einer der Treiber am Berliner Büroimmobilienmarkt sind Start-ups. Keine andere Stadt in Deutschland zieht aktuell so viele Unternehmensgründer an wie Berlin“, sagte Karoff.

Das dynamische zweite Quartal lässt auch für das Gesamtjahr 2016 ein starkes Ergebnis erwarten. Die erneut hohen Umsatzzahlen zeigen die weiter wachsende Bedeutung der Bundeshauptstadt als Hotspot für Büronutzer.

„Infolge des weiter knappen Angebots an hochwertigen Flächen in den Innenstadtlagen verlagern gerade Großnutzer ihre Umzugsoptionen in die angrenzenden City- und Randlagen. Die positiven wirtschaftlichen Signale werden auch im weiteren Jahresverlauf für eine steigende Flächennachfrage sorgen“, sagte Marcus Lehmann, Head of Office Letting bei Colliers International.

Jetzt sollen auch noch mehr Bonner Ministerien nach Berlin kommen

Das "Upper West" am Breitscheidtplatz schraubt sich empor, das "Zoofenster" ist schon fertig.
Das "Upper West" am Breitscheidtplatz schraubt sich empor, das "Zoofenster" ist schon fertig.
© Thilo Rückeis

Verschärft wird die Situation durch Initiativen, die noch in Bonn verbliebenen sechs Bundesministerien nach Berlin zu holen. Auch deutsche Unternehmen und Institutionen liebäugeln zunehmend mit einem Sitz in der Bundeshauptstadt. Und international tätige Unternehmen leisten sich eine Dependance in der Hauptstadt, eine Entwicklung die auch im Einzelhandel bei großen Filialisten aus dem Ausland zu beobachten ist.

So hielt die Nachfrage nach Büroflächen in Berlin auch im ersten Halbjahr 2016 an. Der Immobiliendienstleister Colliers ermittelte einen erneut starken Flächenumsatz. Mit insgesamt 347.000 Quadratmeter sei das starke Ergebnis des Vorjahreszeitraums erneut um rund drei Prozent übertroffen worden, teilte Colliers mit.

Vor allem der Markt der Hotelimmobilien prosperiert

Die dominierende Assetklasse am Berliner Gewerbeimmobilienmarkt waren 2015 nach Angaben der TLG mit einem Anteil von 54 Prozent Büroimmobilien. Das entspreche einem Anstieg von 14 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.

An zweiter Stelle folgten Einzelhandelsimmobilien mit einem Anteil von 25 Prozent am Investmentmarkt der Hauptstadt, was einem Zuwachs von rund vier Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Der drittgrößte Investmentanteil – von rund acht Prozent – entfiel auf Hotelimmobilien. Alte Häuser wie das „Hotel am Zoo“ wurden wiedereröffnet. Hochhausneubauten wie die Doppeltürme von „Zoofenster“ und „Upper West“ an der Gedächtniskirche wachsen in den Himmel. „Der Berliner Hotelimmobilienmarkt ist sehr prosperierend", sagte Karoff. Die Marke von dreißig Millionen Übernachtungen sei 2015 überschritten worden, ein Zuwachs von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zimmerauslastung stieg auf 75 Prozent.

Die deutsche Hauptstadt liegt Ende 2015 mit Blick auf die Übernachtungszahlen auf Platz drei hinter London und Paris. Die durchschnittlichen Zimmerpreise stiegen in Berlin auf rund 93 Euro, so Karoff.

Dresden, Leipzig, Rostock, Erfurt und Potsdam entwickeln sich zu touristischen Magneten

Wie bereits im Vorjahr waren im ersten Halbjahr 4-Sterne-Hotels besonders beliebt bei Investoren, teilte Colliers mit. Zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 bedeutet dies einen Anstieg um knapp 20 Prozentpunkte. Dahinter reihten sich, wie auch schon im Vorjahr, die 3-Sterne-Hotels ein. Der größere Teil der Transaktionen wurde – wie auch im Jahr zuvor – in den sieben wichtigsten Hotelstandorten Deutschlands – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – getätigt.

Die ostdeutschen Regionalzentren Dresden, Leipzig, Rostock, Erfurt und Potsdam entwickeln sich zu weiteren touristischen Magneten, folgt man den Zahlen der TLG. Die fünf neben Berlin analysierten Städte haben im Jahr 2015 zusammengenommen rund 21 Prozent mehr Übernachtungen verzeichnet als vor fünf Jahren.

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