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Ein Tänzchen vor dem Zubettgehen. In Chiang Mai zielen viele Seniorenheime auf den europäischen Markt.
© Kathrin Harms / Zeitenspiegel

Wohnen im Alter: In der Ferne lässt sich auch mit niedrigen Renten gut leben

Ein Lebensabend unter Palmen, davon träumen viele deutsche Senioren. Und verlegen ihren Wohnsitz nach Bulgarien, Thailand oder Afrika. Dort sind Pflegeheime noch erschwinglich.

Weil für die Altenpflege kaum Personal zu finden ist, forderten private Anbieter am Donnerstag eine Offensive für mehr ausländische Fachkräfte. In einem zweijährigen Pilotprojekt sollten vom Bund koordiniert bis zu 15 000 Mitarbeiter aus dem Ausland gewonnen werden, erklärte der Arbeitgeberverband Pflege in Berlin. Wer binnen sechs Monaten als Fachkraft anerkannt sei und einen Arbeitsvertrag habe, müsse dann auch ein Bleiberecht erhalten. Bis diese Forderung umgesetzt ist, kann es aber dauern. Warum also nicht den umgekehrten Weg gehen?

Ein Lebensabend unter Palmen, mit dem Rollator auf der Strandpromenade, für kleines Geld gut essen gehen, günstige Einkaufsmöglichkeiten um die Ecke und eine Pflegerin im Nebenhaus – viele deutsche Senioren träumen davon, die letzten Jahre im Ausland zu verbringen. Länder, in denen die Preise für Immobilien deutlich niedriger sind als in und um Berlin, Hamburg oder München, sind für ältere Deutsche auch mit nur kleiner Rente und geringem Vermögen attraktiv.

Eine Open-Air-Galerie bei Plovdiv. Bulgariens zweitgrößte Stadt hat viel Kultur zu bieten. Und das Leben ist günstiger als in Deutschland.
Eine Open-Air-Galerie bei Plovdiv. Bulgariens zweitgrößte Stadt hat viel Kultur zu bieten. Und das Leben ist günstiger als in Deutschland.
© Dimitar Dilkoff/AFP

Werner und Margit Schneider (Name von der Redaktion geändert) haben sich vor neun Monaten auf Rhodos ihren Platz an der Sonne gesichert. Das Rentner-Ehepaar hat sich im Norden der griechischen Insel ein kleines, eingeschossiges 90-Quadratmeter-Häuschen gekauft. „Das reicht uns“, sagt Werner Schneider. „Wir sind fast jeden Tag im Garten, haben in der Nähe ein kleines Einkaufszentrum und ein Ärztehaus.“ Und das Beste: Die Immobilie war nicht einmal halb so teuer wie vergleichbare Objekte in der Nähe einer Großstadt in Deutschland.

In Bulgarien ist die Altersversorgung mehr wert

Die Schneiders gehören zu den Deutschen, die im letzten Lebensabschnitt noch einmal ihren Wohnsitz verlegen – und dieses Mal jenseits der deutschen Grenzen. Zurzeit zahlt die Deutsche Rentenversicherung rund 1,4 Millionen Renten ins Ausland, jede zweite liegt unter 800 Euro im Monat. Schneiders geht es im Vergleich mit Altersgenossen in anderen Ländern finanziell gut. Die Lebenshaltungskosten sind in Griechenland, Kroatien, Tschechin oder Bulgarien eben weitaus niedriger als zwischen Kiel und Passau.

Beispiel Bulgarien: Frührentnerin Marlis Meier (Name von der Redaktion geändert) ist vor drei Jahren von Hamburg nach Bulgarien umgezogen. In der Hansestadt konnte sie sich mit ihrer Rente von knapp 820 Euro das Leben nicht mehr leisten. In Osteuropa ist ihre kleine Altersversorgung mehr wert, vieles kostet hier weniger als die Hälfte. Für ihre Wohnung zahlt sie 180 Euro, eine vergleichbare würde in Hamburg wohl 550 oder 600 Euro kosten. Die Lebensmittelpreise in Bulgarien sind laut dem Reiseinformations-Portal Hikersbay im Schnitt 1,7 Mal niedriger als in Deutschland: Ein Liter Milch kostet rund 90 Cent, ein einheimische Bier einen Euro, eine Schachtel Zigaretten 2,70 Euro und ein Platz in einer Seniorenresidenz ab 400 Euro. Dafür muss man in einem der ärmsten europäischen Länder (Durchschnittslohn: 320 Euro) Abstriche machen: Die medizinische Versorgung entspricht nicht annähernd der in Deutschland.

Orte mit viel Tourismus sind für ältere Menschen interessant

Im fremden Dorf zuhause. Die Einrichtung „Baan Kamlangchay“ ist ein Betreuungsheim für Demenzkranke in Faham (Nordthailand).
Im fremden Dorf zuhause. Die Einrichtung „Baan Kamlangchay“ ist ein Betreuungsheim für Demenzkranke in Faham (Nordthailand).
© Christiane Oelrich/dpa

Georg Petras, Makler und Geschäftsführer von Engel & Völkers auf Rhodos, bekommt oft um Anfragen von deutschen Rentnern: „Die Suche in Griechenland beschränkt sich allerdings auf gut erschlossene und gut erreichbare Inseln und das Festland. Orte mit viel Tourismus sind für ältere Menschen interessant, weil sie fast immer über eine gute Infrastruktur und gute medizinische Versorgung verfügen.“ Das sind zwei der wichtigsten Kriterien, die Best Ager bei einem Immobilienerwerb im Ausland berücksichtigen sollten, bestätigt Felix Baumann, Geschäftsführer des Onlineportals Wohnen im Alter: „Ein dritter Aspekt, den man beachten sollt, sind mögliche Barrieren: Zum einen die architektonischen wie Stufen auf dem Grundstück oder im Haus, zum anderen die sprachlichen Barrieren, die einen längeren Aufenthalt oder eine dauerhafte Integration im fremden Land erschweren können.“ Baumanns Vorschlag: „Erkundigen Sie sich, ob man vor Ort deutsch oder englisch spricht, und lernen Sie die Sprache des jeweiligen Landes.“ Einen kulturellen Hintergrund dürfte die Vorliebe vieler Deutschen für eine Altersimmobilie in Europa sein. In Spanien beispielsweise leben mittlerweile etwa 50 000 Senioren mit deutschen Pass. Andere kaufen sich in Bulgarien oder Rumänien ein Haus mit Garten für 20 000 oder 30 000 Euro – und gehören mit ihrer deutschen Rente im Hinterland der Schwarzmeerküste sogar zu den wohlhabenderen Einwohnern.

Care Resort in Chiang Mai (Thailand) ist ein luxuriöses Pflegeresort für Erwachsene.
Care Resort in Chiang Mai (Thailand) ist ein luxuriöses Pflegeresort für Erwachsene.
© Care Resort Chiang Mai

Auch eine Immobilie im Ausland, gemietet, gekauft oder für die Pflege bezogen, muss für Senioren altersgerecht gestaltet sein. Oft reichen kleinere Anpassungen aus. Darüber hinaus sollte eine Immobilie für Silberrücken Haltegriffe in Bad, Dusche WC haben, im Flur und an der Balkontür. Und in der Küche müssen sich alle wichtigen technischen Geräte in einer gut erreichbaren Höhe befinden. Ein besonders sinnvolles Hilfsmittel: ein Hausnotrufsystem, das vor allem alleinlebenden Menschen eine hohe Sicherheit bietet.

In Thailand brauchen Senioren eine Mindestrente von 1200 Euro

Felix Baumann sieht das Ausland auch als Alternative für pflegebedürftige Senioren: „Ein Pflegeheim hier zu Lande ist sehr teuer und nicht von jedem finanziell zu realisieren. Andererseits fühlen sich Angehörige oft der Mammutaufgabe Pflege nicht gewachsen.“ Ein Umzug nach Polen, Spanien oder Thailand, die drei beliebtesten Länder für Pflege im Ausland, sei da eine „gute Alternative“. Dort koste die Pflege 30 bis 50 Prozent weniger, es gebe gut ausgebildete Pflegekräfte, „und die Lebenshaltungskosten sind niedriger als in Deutschland“. Zu beachten sind die Einreisebestimmungen, die von Land zu Land variieren. Das thailändische Konsulat beispielsweise schreibt auf seiner Website, dass ein deutscher Staatsbürger, der in Thailand dauerhaft leben möchte, eine Mindestrente von 1200 Euro nachweisen muss. Neben Thailand, dem bekanntesten Pflegziel für Deutsche in Südostasien, gewinnen die Philippinen an Bedeutung. Hier sind in den letzten Jahren besonders viele Seniorenresidenzen entstanden, einige sogar mit dem Schwerpunkt Demenz-Betreuung. Die meisten Einrichtungen bieten aufgrund der geringen Patientenzahl eine weitaus intensivere Pflege an als die in deutschen Landen.

Die Hauptsprachen im Care Resort sind Englisch und Thai.
Die Hauptsprachen im Care Resort sind Englisch und Thai.
© Care Resort Chiang Mai

Peter Brown, Direktor des Care Resorts Chiang Mai in Thailand kalkuliert auf Anfrage Kosten in Höhe von 1230 Euro für eine Person und 1685 Euro für Ehepaare bei einem Mindestaufenthalt von sechs Monaten. Wer Hilfe beim Anziehen und beim Duschen braucht, muss noch einmal 184 Euro pro Monat drauflegen. Kosten für Medikamente sind in diesem Paket zwar nicht enthalten, aber inkludiert sind Kosten für alle Mahlzeiten, für die Pflege- und Putzkräfte, die Strom- und Internetkosten, Fernsehen, Miete, Wäschewechsel und wöchentliche Ausflüge.

Ein Aufenthalt in einem Pflegehotel entlastet die Angehörigen

Erst Safari, dann Bier und Bienenstich. Namibia ist historisch eng mit Deutschland verknüpft. Eine evangelische Seniorenresidenz gibt es dort auch.
Erst Safari, dann Bier und Bienenstich. Namibia ist historisch eng mit Deutschland verknüpft. Eine evangelische Seniorenresidenz gibt es dort auch.
©  imago stock&people

Zu den nicht minder exotischen Regionen, die bei Pflegebedürftigen beliebt sind, gehören laut Wohnen im Alter die afrikanischen Länder Kenia und Namibia. Wohnen-im-Alter-Geschäftsführer Baumann weist darauf hin, dass für zeitlich begrenzte Pflege, beispielsweise für sechs, zehn oder zwölf Wochen nach einer Operation, Reiseanbieter und Hoteliers mittlerweile viele Angebote haben: „Ein Aufenthalt in einem Pflegehotel ist auch eine temporäre Entlastung für die Angehörigen.“ Er rät aber nachdrücklich, sich im Vorfeld über die Kosten und die mögliche Finanzierung zu informieren: „Die Pflegekasse zahlt im Ausland nicht immer und in Fällen des Wechsels der Staatbürgerschaft ist es auch zu Abzügen von der Rente gekommen.“ Gut dran ist, wer eine private Pflegeversicherung abgeschlossen hat.

Makler Petras empfiehlt bei einem Immobilienkauf im Ausland immer einen fachkundigen Fachmann hinzuziehen sowie frühzeitig einen Anwalt und einen Steuerberater zu konsultieren: „Nicht überhastet kaufen, lieber genau studieren, ob man das Objekt auch nutzen kann, wenn man zum Pflegefall wird.“ Grundsätzlich gelte auch für Senioren-Immobilien im Ausland: „Gute Lage und Erreichbarkeit zahlen sich bei einem Wiederverkauf oder einer Vermietung aus.“

(Mitarbeit: Reinhart Bünger)

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