CHARLOTTENGRAD: In den 20er Jahren blühte rund um den Ku’damm das russische Leben
In den 1920er Jahren war Berlin nicht nur eine deutsche, sondern auch eine russische Stadt. Zwischen anderthalb und zwei Millionen Menschen verließen Russland nach der Oktoberrevolution.
In den 1920er Jahren war Berlin nicht nur eine deutsche, sondern auch eine russische Stadt. Zwischen anderthalb und zwei Millionen Menschen verließen Russland nach der Oktoberrevolution. Rund 600 000 Exilanten kamen damals in die Weimarer Republik. Etwa die Hälfte von ihnen ließ sich in Berlin nieder.
Die Reichen und die Künstler lebten in Charlottenburg, rund um den Kurfürstendamm. Es entstanden hier so viele russische Cafés, Restaurants, Theater, Kinos, Geschäfte, Banken, Buchhandlungen und Verlage, dass diese Gegend von den Berlinern schnell als „Charlottengrad“ eingemeindet wurde.
Diese Zeit hinterließ auch Spuren in der Literatur. Wladimir Nabokov wählte Berlin als Schauplatz seiner frühen Prosa. 1922 wurde der Schriftstellerklub „klub pisatelej“ gegründet. In Charlottengrad lebten außerdem der Literat Boris Pasternak, die Dichterin Marina Zwetajewa, der Schriftsteller Maxim Gorki und der berühmte Futurist Wladimir Majakowski. Noch heute kann man an den Hauswänden die ihnen gewidmeten Gedenktafeln lesen.
Die Blütezeit des russischen Berlins war kurz, aber intensiv. Bereits gegen Ende 1923 zerfiel die Emigrantenszene in feindliche Lager. Viele verließen Berlin in Richtung Paris, New York oder Tel Aviv. Doch auch wenn ihr Aufenthalt nur vorübergehend war, haben sie das kulturelle Leben in Berlin nachhaltig geprägt.
(Tsp)
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