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Kein Haus von der Stange.
© Visualisierung: Bürgerstadt AG

Wilmersdorf: Grundrisse für alle Zwecke

Das Mehrgenerationenhaus Eisenzahn wird für überlappende Nutzungen geplant und eingerichtet.

An der Eisenzahnstraße in Wilmersdorf wurde am Freitag Richtfest für ein ungewöhnliches Bauprojekt gefeiert: Die Gebäudeinfrastruktur ist flexibel. Das auf einer ehemaligen Industriebrache der Berliner Wasserwerke errichtete Haus hat die Bürgerstadt AG als Projektentwicklerin mit einer Baugruppe geplant. In den Grundriss flossen dabei die Nutzungsüberlegungen der künftigen Bewohner ein. Von „mentalen Karten“ spricht Bürgerstadt-Vorstand Winfried Hammann.

Auf der materiellen Ebene schlägt sich diese Art der Planung in dickeren Decken nieder. Diese können so größere Flächen überspannen, die Bewohner werden freier in der Gestaltung der Wohnungsgrundrisse. Das ist wichtig – gerade für ein Mehrgenerationenhaus. Denn der Platzanspruch einer Familie mit Kindern unterscheidet sich zum Beispiel von dem alleinstehender Senioren.

Im Haus Eisenzahn sollen außerdem Prinzipien des universellen Designs eingehalten werden. Das bedeutet, dass Produkte für so viele Menschen wie möglich ohne weitere Anpassung nutzbar sein sollen. Beispiele sind stufenlose Eingänge, Lichtschalter, die sich durchgängig in Türnähe befinden und breite Türen, die für Rollstühle geeignet sind.

Keine einzige kleine Stufe gebe es in den Wohnungen, verspricht Winfried Hammann. Aus Kostengründen würden sie zwar oft hier und da nämlich doch entstehen, etwa zwischen Wohnung und Terrasse. „Dass das in diesem Haus nicht passiert, darauf haben die Architekten vom Büro Feddersen geachtet, die auf Seniorenheime oder Gebäude für demente Menschen spezialisiert sind“, sagt Winfried Hammann.

Jedes Haus soll ein Unikat sein

Allerdings hat diese Ausstattung auch ihren Preis. Bei 2700 bis 2800 Euro pro Quadratmeter war das Vorhaben gestartet, dann sollte noch ein feuersicheres Treppenhaus hinzukommen. Nun werden die Wohnungen 3000 Euro pro Quadratmeter kosten – einen Garten und einen Gemeinschaftsraum gibt es dafür auch noch. Im Vergleich zur Umgebung sei das günstig: „Da finden Sie gar nichts unter 3500 Euro“, sagt Bürgerstadt-Vorstand Hammann.

Mit dem Haus Eisenzahn verwirklicht die Aktiengesellschaft ein weiteres sehr individuelles Projekt. Mit dieser Strategie konnte sie schon mehrere Wettbewerbe für sich entscheiden, davon zwei in der Hamburger Hafencity und einen für ein Musikerhaus in Frankfurt am Main. Immer fallen die Gebäude durch ungewöhnliche Fassaden auf, wie beispielsweise beim Baugruppenprojekt Jakob und Luise am Luisenstädtischen Park in Mitte zu sehen ist.

„Die Kritik an der modernen Architektur ist ja, dass zu viel Serielles gebaut wird“, sagt Winfried Hammann. „Doch bei vielen Investoren steckt das so noch im Kopf: Was geht, wird seriell gemacht.“ Ziel der Bürgerstadt AG dagegen sei, jedes Haus als Unikat zu gestalten. Zur Philosophie gehört auch, für jeden Raum eine vielseitig Nutzung zu ermöglichen. „Solche überlappenden Nutzungen sind ein Grund, warum Altbauwohnungen so beliebt sind“, sagt Hammann.

Manche der Vorhaben seiner Gesellschaft könnte er zu ähnlichen Kosten heute allerdings nicht mehr verwirklichen, sagt er. Der Grund sind die gestiegenen Grundstückspreise. Einen Weg zu mehr bezahlbarem Wohnraum für Mieter sieht Hammann nur über Subventionen des Senats. „Für weniger als zehn Euro Kaltmiete können Sie nicht bauen oder nur eine billige Hütte wie in der Nachkriegszeit, die sie heute gar nicht mehr genehmigt bekommen.“ Hamburg habe bereits fest vorgeschrieben, dass Investoren dreißig Prozent bezahlbares Wohnen bei Neubauten realisieren müssen. Diesen Weg müsse auch Berlin gehen.

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