Immobilienpreise: Geheimtipp Wedding
Die Immobilienpreise sind stark gestiegen. Dennoch können Privatanleger mit vermieteten Eigentumswohnungen in einigen Teilen Berlins noch attraktive Renditen erzielen.
Berliner Wohnimmobilien stehen bei gewerblichen Investoren so hoch im Kurs wie nie zuvor – und auch immer mehr Privatanleger versuchen durch den Kauf von Eigentumswohnungen ihr Vermögen zu mehren. Für 4,7 Milliarden Euro haben Altersvorsorgeeinrichtungen, Fonds, Versicherungen und Wohnungsgesellschaften im vorvergangenen Jahr Miethäuser in der Hauptstadt erworben, eine enorme Steigerung von 14,6 Prozent gegenüber 2012.
Das zeigt der neue Zinshausmarktbericht des Immobilienverbands Deutschland (IVD), der auf den Daten der Gutachterausschüsse basiert. „Damit entfielen 2013 rund 34 Prozent des Gesamtumsatzes in den 50 größten deutschen Städten auf die Spreemetropole“, konstatiert Jürgen Michael Schick, Berliner Makler und Vizepräsident des IVD.
Dieses Jahr dürfte das Transaktionsvolumen noch höher ausfallen. Denn immer mehr internationale Investoren suchen in Zeiten fallender Renditen von Staatsanleihen und kräftiger Kursschwankungen an den Aktienmärkten die Sicherheit von Wohnimmobilien. Die deutsche Hauptstadt steht dabei besonders im Fokus. Das liegt nicht nur daran, dass die Konjunktur hierzulande den Krisen im restlichen Europa trotzt.
„Auch die sozioökonomischen Rahmenbedingungen sind in Berlin äußerst positiv“, erläutert Jacopo Mingazzini, Geschäftsführer des Berliner Immobiliendienstleisters Accentro. „Durch die steigende Einwohnerzahl wird Wohnraum auch in den kommenden Jahren sehr gefragt sein.“ Dies gelte insbesondere für Zwei-Zimmer-Wohnungen. „Der wachsende Anteil der Single-Haushalte macht diese bei Mietern immer begehrter“, sagt Thomas Beyerle, Chefresearcher der Immobilienberatungsgesellschaft Catella.
Immer mehr Privatanleger eifern inzwischen den Profis nach und erwerben Eigentumswohnungen, um mit deren Vermietung eine Rendite zu erzielen. 976 000 Einträge listet inzwischen Google für den Satz „Reich werden mit Immobilien“.
Ein Investment sollte gut geplant sein
Triebfeder des Trends sind die niedrigen Zinsen. Einerseits werfen Tages- und Festgeldkonten kaum noch Erträge ab, andererseits sind auch die Zinssätze für Hypothekenkredite so niedrig wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Der durchschnittliche Zinssatz für zehnjährige Annuitätendarlehen beträgt nur noch 1,34Prozent, hat das Verbraucherfinanzportal Biallo ermittelt. Zwar sind die Preise von Eigentumswohnungen in Berlin seit 2007 um mehr als 60 Prozent gestiegen, aber „durch die niedrigen Zinsen sind Immobilien jedoch erschwinglicher als je zuvor“, sagt Schick.
Sind die Preise für Eigentumswohnungen in Berlin 2012 noch um 14 Prozent gestiegen, waren es 2013 nur noch 11 Prozent und im vergangenen Jahr noch 9 Prozent, das zeigt der aktuelle Immobilienindex IMX von Immoscout. Damit liegen die Preise in den deutschen Metropolen allerdings immer noch über dem Bundesdurchschnitt. Gefragt sind vor allem die Innenstädte.
Allerdings sollte ein Investment gut geplant sein. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin fahren 8,5 Prozent der rund sieben Millionen privaten Vermieter in Deutschland mit ihren Wohnungen Verluste ein, weitere 24,6 Prozent schreiben nur eine schwarze Null. 20,7Prozent erzielen Erträge zwischen 0,1 und zwei Prozent pro Jahr. Nur 46,2 Prozent kommen mit ihren Mietwohnungen auf eine Rendite von 2,1 Prozent oder mehr.
Privatanleger zahlen mehr als gewerbliche Investoren
Das ist für Experten nicht überraschend. „Anders als Profi-Investoren nutzen die meisten privaten Vermieter die Mietsteigerungspotenziale ihrer Immobilien nicht aus und verschenken damit Renditen“, erläutert Michael Voigtländer, Immobilienökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Zudem müssen Privatanleger für einzelne Wohnungen weit höhere Preise zahlen als gewerbliche Investoren. „Diese kaufen auf einen Schlag ganze Wohnungspakete“, sagt Researcher Beyerle. „Sie erhalten dadurch einen erheblichen Mengenrabatt, was die einzelnen Wohnungen für sie viel billiger macht.“
Das zeigt eine neue Studie der Immobilienberatungsgesellschaft Dr. Lübke & Kelber. Danach betrug der durchschnittliche Preis der 183 500 Wohnungen, die Fonds, Pensionskassen, Versicherungen und Wohnungsgesellschaften 2014 in Deutschland erworben hatten, im Schnitt nur 57 800 Euro. Dahingegen müssen Privatanleger selbst für Einzimmerwohnungen in begehrten Großstadtlagen meist mehr als 100 000 Euro zahlen.
Der Grund: Es ist sehr viel aufwendiger einzelne Wohnungen als ganze Mehrfamilienhäuser zu veräußern. Auf Privatisierung spezialisierte Unternehmen müssen dafür erst die Miethäuser erwerben, sie in einzelne Wohnungen aufteilen und diese dann Stück für Stück verkaufen. „Um einen Gewinn zu erzielen, müssen die Gesellschaften für die Eigentumswohnungen höhere Preise pro Quadratmeter erhalten, als sie selbst beim Kauf des ganzen Hauses zahlen“, erläutert Beyerle.
Zudem können gewerbliche Investoren die Grunderwerbsteuer umgehen. Dazu werden die Wohnungsportfolios in den Mantel einer Gesellschaft gekleidet, die dann steuerfrei den Eigentümer wechselt.
Die Mietpreisbremse drückt das Ertragspotenzial
Privatanleger hingegen müssen bei einem Wohnungserwerb auf den Kaufpreis die Grunderwerbsteuer von sechs Prozent in Berlin und fünf Prozent in Brandenburg an den Fiskus entrichten. Die meisten Bundesländer haben seit 2006 die bis dahin einheitliche Fiskalabgabe von 3,5 Prozent immer weiter angehoben. „Die gestiegene Grunderwerbsteuer schmälert die Rendite von Kapitalanlegern“, sagt Immobilienökonom Voigtländer.
Zusätzlich drückt von Juni an die Mietpreisbremse in Berlin flächendeckend das Ertragspotenzial. Sie verbietet Eigentümern bei einer Anschlussvermietung einer bestehenden Wohnung die Miete um mehr als zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete anzuheben.
Bei neu errichteten Wohnungen darf zwar die Erstmiete frei festgelegt werden. Weitere Erhöhungen sind anschließend jedoch erst möglich, wenn die ortsübliche Miete weniger als zehn Prozent unter dem Niveau der Wohnungsmiete liegt.
"Der Wedding ist ein Geheimtipp"
Dennoch könnten Privatanleger weiterhin mit vermieteten Eigentumswohnungen solide Erträge einfahren, sagt Accentro-Chef Mingazzini. Dabei sollten sie umsichtig ans Werk gehen. „Wer in Berlin attraktive Renditen erzielen will, sollte eher auf Randlagen setzen.“ Dort seien die Wohnungspreise nicht so stark gestiegen wie im Zentrum. „Zudem gibt es dort weiterhin Mietsteigerungspotenzial“, sagt Mingazzini. Viele der bisherigen Eigentümer hätten die Mieten in den vergangenen Jahren kaum erhöht.
Allerdings gibt es auch einen für Kapitalanleger vielversprechenden Kiez mitten im Herzen Berlins: „Der Wedding ist ein Geheimtipp“, sagt Schick. Zwar werden im Bezirk Mitte nach einer Studie des Internetportals Immowelt mit durchschnittlich 4993 Euro pro Quadratmeter mit die höchsten Wohnungspreise in der Hauptstadt aufgerufen. In dem zum Bezirk gehörenden Ortsteil Wedding jedoch betragen die Quadratmeterpreise im Mittel nur 1800 Euro.
Zwar sind nach dem jüngsten Wohnungsmarktreport von Berlin Hyp und der Maklergesellschaft CBRE auch die Mieten im Wedding mit 7,26 Euro bis 8,26 Euro pro Quadratmeter und Monat niedriger als im Rest des Bezirks, wo im Schnitt zehn Euro pro Quadratmeter und Monat gezahlt werden. Doch das wird durch die niedrigeren Kaufpreise mehr als wettgemacht.
Die Bruttorendite vor Steuern – der Quotient aus Mieterträgen und Immobilienpreis – beträgt in Mitte durchschnittlich nur 2,4 Prozent, im Wedding hingegen sind es 4,84 bis 5,5 Prozent.
Richard Haimann