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Eine Simulation der Modularen Flüchtlingsunterkünfte aus der ersten Ausschreibung des Senats vom Oktober 2015. Um die Jahreswende schrieben dann die sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften ihre Projekte aus.
© Simulation: promo

Neues landeseigenes Unternehmen gegründet: Flüchtlingsunterkünfte: Bau mit Geld aus der "Bad Bank"

Immobilienfonds aus dem Bankenskandal sollen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften abgeschöpft werden. Die Grünen kritisieren die komplizierte Konstruktion der neuen landeseigenen Gesellschaft.

Das Land Berlin wird für den Bau von Flüchtlingsunterkünften eine neue Gesellschaft mit dem Namen BEFU gründen. Das beschloss das Abgeordnetenhaus am Donnerstag mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD und CDU.

Hintergrund ist, dass die Berliner Wohnungsbaugesellschaften, die einen Großteil der benötigten Flüchtlingsunterkünfte bauen sollen, nicht über ausreichend eigene Mittel für den Bau verfügen. Der Senat selbst darf wegen der Schuldenbremse keine Schulden aufnehmen. Das soll nun die Berliner Gesellschaft zur Errichtung von Flüchtlingsunterkünften (BEFU) tun.

Die BEFU soll zu 51 Prozent dem Land Berlin und zu 49 Prozent der landeseigenen Gesellschaft Berlinovo gehören. Sie soll 13.500 der benötigten 24.000 Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen bauen lassen und sie dann an das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) vermieten.

Rund die Hälfte der geschätzten Investitionsbedarfs von 370 Millionen Euro will sich das Land von der Europäischen Investitionsbank leihen. Bleiben 170 Millionen Euro, die noch zu finanzieren sind. Die Hälfte davon soll in Form von Grundstücken aus Landesbesitz in die BEFU eingebracht werden.

"Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?"

Der Clou an der Konstruktion sind die restlichen 85 Millionen Euro. Denn sie sollen aus dem Vermögen der Berlinovo kommen, die nach dem Berliner Bankenskandal 2001 zur Risikoabschirmung für Bürgschaften des Landes Berlin gegründet wurde. Noch heute gehören der Berlinovo Immobilien und Immobilienfonds, die ihr nach dem Bankenskandal übereignet wurden. Damals stürzte die Regierung von Eberhard Diepgen, weil die Bankgesellschaft Berlin den Zeichnern ihrer Immobilienfonds hohe Renditen garantiert hatte, für deren Erfüllung das Land dann geradestehen musste.

Inzwischen steht die ehemalige Bad Bank wieder so gut da, dass liquide Mittel aus Verkäufen von Immobilen abgeschöpft werden können. Gleichzeitig aber hat die Berlinovo noch hohe Schulden. „Die Idee ist, die Tilgungen zu verschieben, das Geld vorübergehend rauszuziehen und später aus den Mieteinnahmen wieder in die Fonds reinzutun“, sagt Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus.

Verschachtelt: Entwurf einer Modellsiedlung für Flüchtlinge des Architekturbüro Yes Architecture aus München in der Ausstellung "Making Heimat" im deutschen Pavillon bei der Architektur Biennale in Venedig. Die Modellsiedlung versteht sich als Gegenentwurf zu den üblicherweise lieblosen Containerdörfern, in denen Flüchtlinge Aufnahme finden.
Verschachtelt: Entwurf einer Modellsiedlung für Flüchtlinge des Architekturbüro Yes Architecture aus München in der Ausstellung "Making Heimat" im deutschen Pavillon bei der Architektur Biennale in Venedig. Die Modellsiedlung versteht sich als Gegenentwurf zu den üblicherweise lieblosen Containerdörfern, in denen Flüchtlinge Aufnahme finden.
© Abbildung: epd

„Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“, beschreibt Esser die seiner Meinung nach „hochkomplizierte Operation“. Seine Fraktion habe der Vorlage für die Gründung der BEFU nicht zugestimmt, weil nicht klar sei, ob die Operation auch aufgehe. „Wenn ja, ist es eine schlaue Idee. Wenn nicht, ist es intransparent“, sagt Esser. Als Parlamentarier könne er keinen „Blankoscheck“ ausstellen. So stehe nicht in der Vorlage, welche Grundstücke das Land einbringe und wie hoch die Mieten für die Objekte sein werden.

Haushalterisch sei es außerdem viel besser, Berlinovo-Kredite mit hohen Zinsen durch neue Kredite mit aktuell viel niedrigeren Zinsen abzulösen beziehungsweise die Schulden so schnell wie möglich zu tilgen.

Esser sähe es lieber, das Geld für die Flüchtlingsunterkünfte aus einer Rückzahlung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder an das Land Berlin zu nehmen. Sie hatte kürzlich 311 Millionen Euro erstattet, weil das Land für seine Mitarbeiter zu viel Vorsorge geleistet hatte. „Aber was sie mit dem Geld vorhaben, sagen sie uns nicht“, bedauert Esser. In zähen Verhandlungen hätten die Abgeordneten immerhin erreicht, dass sie in den kommenden Monaten projektweise unterrichtet werden, wie der Finanzplan für die Flüchtlingsgebäude aussehen soll.

Die Wohnungsbaugesellschaften haben mit der Planung begonnen

Die BEFU soll nun in wenigen Wochen ihre Tätigkeit aufnimmt, teilt Berlinovo-Sprecher Stefan Siebner auf Nachfrage mit. Eine konkrete Planung und die Beauftragung von Architekten und Planern werde dann aufgenommen.

Unabhängig davon haben auch die Berliner Wohnungsbaugesellschaften mit den Planungen für ihre Flüchtlingsunterkünfte begonnen. So verständigt sich die Degewo zurzeit mit dem Lageso über einen Standort. „Im Herbst legen wir zudem den Grundstein für ein Neubauquartier mit 166 Wohnungen in Altglienicke, in dem je zur Hälfte Einheimische und Geflüchtete wohnen sollen“, sagt Sprecher Lutz Ackermann.

Die Howoge plant den Bau von zwei Modularbauten in Neu-Hohenschönhausen. Zum einen auf einem unternehmenseigenen Grundstück am Hagenower Ring, zum anderen auf einer landeseigenen Fläche in der Seehausener Straße – sofern diese vom Land in das Unternehmen eingebracht wird. „Aktuell stehen wir in den Endverhandlungen für die Vergabe der Bauleistungen. Die endgültige Zuschlagserteilung wird voraussichtlich Mitte Mai erfolgen“, teilt Sabine Pentrop von der Howoge mit.

Die Gewobag plant zurzeit zwei Neubauten, die zunächst mit Flüchtlingen belegt werden. „In einer zweiten Phase werden diese Neubauten allen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen“, sagt Sprecherin Gabriele Mittag. Mit einem Neubauprojekt in der Bernauer Straße in Reinickendorf werde in Kürze begonnen. Beim Neubau in der Freudstraße in Spandau seien noch nicht alle Weichen gestellt; bis September aber soll das Datum für den Baubeginn feststehen.

Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land plant auf zwei Grundstücken. „Für ein Bauvorhaben in der Späthstraße läuft aktuell das Vergabeverfahren. Für das Grundstück Hassoweg/Nelkenweg gibt es bisher eine erste Machbarkeitsstudie, die Planungen zur Bebauung beginnen voraussichtlich Ende 2016“, sagt Sprecherin Anja Libramm. Informationsveranstaltungen für die Nachbarschaft seien in Vorbereitung.

Die Gesobau hat noch keine Informationen, da sie sich erst in einer frühen Planungsphase befinden, sagt Sprecherin Birte Jessen.

Noch vor den Wohnungsbaugesellschaften hatte der Senat eine Ausschreibung gestartet. Mit diesen Bauten wurde die Pfälzer Firma Klebl beauftragt.

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