Erbbaurecht: Erbbaurecht statt Grundstückskauf senkt die Kosten
Beim Aushandeln des Vertrages ist aber Augenmaß gefragt: Die Laufzeit sollte möglichst lang sein
Grundstücke kosten einiges, oft mehr als das Haus, das darauf gebaut werden soll. Doch trotz der hohen Preise vor allem in Ballungsgebieten müssen selbst Familien mit kleinerem Einkommen ihren Traum vom eigenen Heim nicht aufgeben: Erbbaurecht statt Grundstückskauf kann die Lösung sein.
Kurz gefasst läuft es so: Der Bauherr verzichtet auf den Kauf des Grundstücks. Er pachtet den Boden stattdessen über mehrere Jahrzehnte bis zu 99 Jahre vom Eigentümer. Das wird vor einem Notar per Vertrag besiegelt. Auf dem Erbpachtgrundstück errichtet der Bauherr die eigenen vier Wände. Er ist verpflichtet, einen Erbpachtzins zu zahlen. „Üblich sind pro Jahr vier bis fünf Prozent des aktuellen Grundstückwerts“, sagt Petra Uertz, Bundesgeschäftsführerin des Verbands Wohneigentum mit Sitz in Bonn.
Das Problem: Mit den Jahren steigt der Erbpachtzins, das ist meist vertraglich geregelt. Häuslebauer sollten daher genau abwägen, ob sich für sie ein Erbpachtgrundstück langfristig rechnet oder ob angesichts des niedrigen Zinsniveaus bei den Banken nicht doch der Kauf des Grundstücks günstiger ist. Nach Angaben von Uertz stehen nur etwa fünf Prozent aller Wohnimmobilien in Deutschland auf Erbbaugrundstücken.
Keine Seite kann den Erbpachtvertrag vor Ablauf der Laufzeit kündigen - doch es gibt Ausnahmen
Es sind Kommunen, Kirchen oder Stiftungen, aber auch Unternehmen und Privatpersonen, die Grundstücke verpachten. „Mit ihnen handeln Bauherren individuelle Verträge aus“, erläutert Christian Schmid-Burgk von der Verbraucherzentrale Hamburg. Manche Grundstückseigentümer wie die Kirchen gewähren Familien günstigere Konditionen, je mehr Kinder sie haben. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit fällt das Grundstück an den Eigentümer zurück. Er muss an den Häuslebauer von einst beziehungsweise dessen Erben für das Gebäude eine Entschädigung zahlen.
„Sie liegt bei mindestens zwei Drittel des Hauswerts zum Ende der Erbpacht“, erklärt Schmid-Burgk. Während der Vertragslaufzeit kann der Hausbesitzer sein Wohneigentum vermieten. Verkaufen ist ebenfalls möglich. „Allerdings nur in Absprache mit dem Grundstückseigentümer“, erläutert Uertz. „Der neue Hausbesitzer tritt in alle Rechte und Pflichten des Erbbaurechtsvertrags ein“, sagt Andreas Brandt von der Bundesnotarkammer in Berlin. Das Wohneigentum kann ohne weiteres vererbt werden – auch ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers.
Normalerweise kann keine Seite den Erbpachtvertrag vor Ablauf der Laufzeit kündigen. Allerdings gibt es Ausnahmen. Der sogenannte Heimfall – vergleichbar mit einer Kündigung – benennt im Vertrag die Gründe, bei denen der Eigentümer das Grundstück vorzeitig zurückfordern kann: „Das ist etwa der Fall, wenn der Hausbesitzer mit der Zahlung des vereinbarten Erbbauzinses zwei Jahre im Verzug ist“, erklärt Brandt. Oder wenn der Hausbesitzer einen Insolvenzantrag über sein Vermögen stellt.
Beim Aushandeln eines Erbbaurechtsvertrages ist also Augenmaß gefragt
Lässt der Hausbesitzer die Immobilie verwahrlosen, kann dies ebenfalls ein Grund für den Heimfall sein. Möglich ist theoretisch auch, dass der Grundstückseigentümer dringenden Eigenbedarf anmeldet – hier ist der Heimfall aber nur möglich, wenn das vereinbart wurde.
Beim Aushandeln eines Erbbaurechtsvertrages ist also Augenmaß gefragt. Was Bauherren ganz besonders im Blick haben sollten: „Man sollte zu Beginn auf eine lange Laufzeit von mindestens 80 Jahren achten“, rät Schmid-Burgk. So wird vermieden, dass der Vertrag während der eigenen Lebenszeit ausläuft und ein neuer mit eventuell deutlich höheren Zinszahlungen abgeschlossen werden muss.
Um dies zu veranschaulichen, verweist Uertz auf die Probleme bei aktuell auslaufenden Verträgen. In den 1950er und 60er Jahren habe niemand ahnen können, wie rasant sich die Grundstückspreise entwickeln würden. Wenn heute der auslaufende Vertrag der über 80-jährigen Hausbesitzer erneuert werden muss, berechne sich der neue Zinssatz an den aktuellen Grundstückspreisen. „Das überfordert möglicherweise viele Senioren finanziell“, warnt Uertz.
Basis für den steigenden Erbpachtzins sollte die Entwicklung des Lebenshaltungskosten-Indexes sein. „Vorsicht ist geboten, wenn im Vertrag eine ,Ankaufspflicht’ vorgesehen ist, was allerdings selten vorkommt“, sagt Uertz. Dies bedeutet, dass der Hausbesitzer das Grundstück kaufen muss, wenn der Eigentümer es veräußern möchte.
Steht noch kein Haus auf dem Grundstück, sollte der Bauherr durch die vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich Größe und Gestaltung des Hauses nicht eingeschränkt werden. „Bauherren sollten sich vor der Vertragsbeurkundung von dem Notar beraten lassen“, empfiehlt Brandt. „Damit er bei der Vertragsgestaltung die individuellen Bedürfnisse berücksichtigen kann.“ (dpa)
Sabine Meuter
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