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Zwischen gestern und morgen. Stadtentwickler stoßen in Berlin auf interessante Freiflächen – vor allem in den Ostbezirken.
© dpa

Geheimtipp Landsberger Allee: Ein Katzensprung bis zum Alexanderplatz

Über den Reiz von Alt-Hohenschönhausen.

Zu den ersten drei Bezirken, die ein unbefangener Berlin-Besucher aus dem Stand aufzählen würde, gehört Lichtenberg sicher nicht. Und auch der Lichtenberger Ortsteil Alt-Hohenschönhausen ist den meisten kaum gewärtig.

„Alt“ – das bezieht sich auf den historisch gewachsenen Ort Hohenschönhausen, der seine spätromanische Kirche von 1230 als vorderstes Datum nennt; hier leben heute 41 000 Menschen. Das „Neu“ von Neu-Hohenschönhausen erklärt sich von allein: Am Anfang stand ein Beschluss des Politbüros der SED, daraus wurde dann eine Stadt mit Platz für 118 000 Menschen.

Und einem Stigma: Hohenschönhausen haftet die Erinnerung an die düstere Stasi-Haftanstalt an – die inzwischen eine der wichtigsten Gedenkstätten zum DDR-Abschnitt der deutschen Geschichte geworden ist. Aber Vorsicht: Wer bei diesem Bild von Hohenschönhausen bleiben will, verpasst den Anschluss an die Entwicklung von Berlins „Eastside“ – wie sich der alte Osten der Hauptstadt gern necken lässt.

Die Landsberger Allee quer durch Lichtenberg bis hinaus nach Hohenschönhausen ist eine der wenigen Straßen in Berlin, die mit weltstädtischer Breite imponieren können. Die Landsberger Allee gehört zu den sieben großen Radialen, die den Norden und Osten Berlins vom Alexanderplatz aus erschließen. Die größte dieser Ausfallstraßen, die Karl-Marx-Allee (mit einem DDR-Zwischenakt als Stalinallee), liegt städtebaulich noch immer zwischen gestern und morgen.

Die Nummer zwei, die Landsberger Allee, hat den städtebaulichen Anschluss längst gefunden und jede Erinnerung an die Zwischennutzung als Leninallee verdrängt. Die 19 Meter hohe Granitstatue des alten Namensgebers wurde schon 1992 demontiert und diskret ausgelagert – das war „Good Bye, Lenin“. Die Wohnriesen links und rechts der großen Avenue erinnern mit ihrer starren Geometrie noch an den industriellen Wohnungsbau der DDR.

Tatsächlich sind die meisten Bauten inzwischen durchsaniert und können es in Sachen Wohnkomfort durchaus mit den langgedienten Wohnanlagen in Kreuzberg, Charlottenburg oder Wedding aufnehmen. Zum Reiz, in Lichtenberg oder Hohenschönhausen zu wohnen, gehört auch, dass die hier geforderten Mieten mehr Luft zum Leben lassen als in den eher angesagten Kiezen von Berlin.

Dass Stadtentwickler mit ihrem Gespür für hochpreisiges Wohnen auf die großen (immer noch kriegsbedingten) Freiflächen im alten Hohenschönhausen nahe und an der Konrad-Wolf-Straße stoßen werden, war eine Frage der Zeit: Die Lage im Schnittpunkt zu großen Grünzonen und opulenten Sportanlagen und die Anbindung an die historisch ansehnlichen Bauten haben ihren Reiz. Alt-Hohenschönhausen besitzt denkmalgeschützte Objekte im Dutzend, Wohnanlagen und Villen aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren von renommierten Architekten wie Mies van der Rohe, Walter Hämer oder Hermann Dernburg, die Überstände der Löwenbrauerei oder der Zuckerwarenfabrik.

Nachbar Neu-Hohenschönhausen besitzt nur ein einziges Objekt von Denkmalsrang, einen Postmeilenstein von der Art, wie ihn Napoleon bei seinem Durchmarsch noch gesehen haben könnte. Mit der Aufschrift „1 Meile bis Berlin“ – das sind nach heutigem Maß 7,5 Kilometer bis zur City oder, besser gesagt: ein Katzensprung.

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