Bezahlbares Wohnen: Die Party geht weiter
Immobilienkanzlei Greenberg Traurig lädt zur Real Estate Conference Berlin zum Thema „Bezahlbares Wohnen – nicht für alle?“.
Der Immobilienwirtschaft geht es blendend wie schon lange nicht mehr. Doch viele Mieter haben Angst, ihre preisgünstigen Wohnungen in der Innenstadt zu verlieren. Zwischen diesen Polen pendelte die Diskussion am Donnerstag auf der „Real Estate Conference Berlin“, einer stark besuchten Veranstaltung der Immobilienbranche im Atrium des Kollhoff-Towers am Potsdamer Platz zum Thema „Bezahlbares Wohnen – nicht für alle?“
Der Veranstalter der Tagung, die internationale Immobilienkanzlei Greenberg Traurig, sieht momentan die „Wohnungspolitik im Spagat zwischen Neubau und Regulierung“, was ziemlich gut die Berliner Diskussionen dieser Tage beschreibt.
Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, verteidigte gleich zu Beginn seine Politik, mit Milieuschutzgebieten und der Anwendung des Vorkaufsrechtes Wohnungen dem Markt zu entziehen: „Mir geht es um die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum.“ Menschen mit geringem Einkommen sollten auch künftig in den Innenstädten bleiben können.
Mit diesem Statement reagierte der grüne Dezernent auf das Eingangsreferat von Tobias Just, Präsident der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. und Inhaber eines Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, der von einer unausweichlichen Gentrifizierung – also auch der Verdrängung von Alteingesessenen – in den Zentren sprach.
Der Immobilienboom hält an
„Wir erleben seit acht Jahren den am längsten anhaltenden Daueraufschwung seit dem zweiten Weltkrieg“, resümierte der Experte. Wirtschaftswachstum, niedrige Zinsen, Zuwanderung und moderate Bautätigkeit seien Garanten dafür, dass der Boom anhalte. „Die Party geht weiter“, prognostizierte Just. Man erlebe zurzeit „die schönste aller Immobilienwelten“, aber bei zunehmenden Risiken. Der starke Anstieg der Preise „wie seit den 70er Jahren nicht mehr“ deute auf Knappheit bei Wohnungen und Bauland hin. „Wir müssen bauen und schnell Bauland aktivieren“, forderte der Wirtschaftswissenschaftler. Damit stieß er bei Anne Keilholz, Geschäftsführerin der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land, auf offene Ohren. „Die Grundstücksverfügbarkeit ist nicht da“, sagte sie klipp und klar. Das Land Berlin und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) müssten Flächen zu Verfügung stellen. „Es muss definitiv mehr Bauland her“, sagte Keilholz.
Daniel Riedl, Vorstandschef der Buwog-Gruppe, die auch in Berlin verschiedene Bauprojekte betreut, sieht das ähnlich. Hohe Grundstückspreise, lange Verfahrensdauer und schließlich hohe Baukosten bremsen aus seiner Sicht den Neubau. Mietwohnungsbau würde sich am Ende gar nicht mehr rechnen. „Am Grundstücksmarkt muss was passieren, sonst gibt es keine Entspannung bei den Preisen“, mahnte Riedl. Sein Wunsch an die Politik: „Wir brauchen bei den Behörden Tempo und Verlässlichkeit."
Thomas Willemeit, Gründungsmitglied der Architektengruppe Graft, die in Berlin unter anderem das Projekt Wave am Osthafen an der Spree gestaltet und auch das Informationszentrum des Deutschen Bundestages vis-a-vis vom Reichstagsgebäude konzipiert hat, brachte das Flughafengelände in Tempelhof wieder ins Spiel. „Ich wünsche mir, dass wieder neu über das Tempelhofer Feld nachgedacht wird“, formulierte der Architekt diplomatisch.
Man solle zwar Härten gegenüber Bewohnern abfedern, aber leider „trübt die Detailbetrachtung den Blick für das Ganze ein“, so Willemeit. Die Politik müsse dynamisch reagieren „mit einem gewissen Tempo“. Damit hatte er Anne Keilholz ganz an seiner Seite. Sie pflichtete dem Architekten bei: „Wir brauchen Neubau, wenn das doch nur der Grundkonsens in der Stadt wäre.“ Dem sei leider aber nicht so. Sie verwies auf neue Leitlinien für die Bürgerbeteiligung, die in Berlin jetzt zum Zuge kommen sollen.
„Wir müssen mit den Menschen bauen“
Skeptisch zeigte sich hier der Buwog-Vorstand Daniel Riedl. Es gebe immer Nachbarn, die dagegen seien, wenn um die Ecke etwas Neues entstehen soll. Am Ende bräuchte Berlin aber Wohnungen. „Die Politiker müssen Rückgrat zeigen“, so die Forderung. Andererseits sei er aber auch überzeugt: „Vielfalt führt zu Mehrwert.“
Schließlich beeilte sich Florian Schmidt, nicht als Verweigerer dazustehen. „Ich bin nicht der, der den Sozialismus einführen will und nicht gegen Wohnungsneubau.“ Er wolle stattdessen beim Verdichten von Innenstadtquartieren „gemeinwohlorientierte und private Träger zusammenbringen“. Das hörten die Immobilienvertreter gern, zumal sich Schmidt auch in seinen weiteren Aussagen konziliant zeigte. So räumte er freimütig ein, er wisse auch nicht, wie „der große Wurf“ aussehen könnte. „Wir brauchen eine Mischung in den Wohngebieten und müssen mit den Menschen bauen. Wir müssen Quartiere entwickeln, die Spaß machen.“
Diese Aussagen wurden von den weit mehr als 100 „Immobilienfreaks“ wohlwollend aufgenommen. Auch zu einem anderen Thema gab Schmidt Handlungsspielräume zu erkennen. Gefragt nach einer persönlichen Idee in der aktuellen Wohnungsbaudiskussion, sagte er: „Ich wünsche mir, dass wir die Hochhausdebatte besser führen.“ Mit diesem Fingerzeig waren die meisten der Konferenzteilnehmer sicher sehr einverstanden.
Christian Schede, Deutschlandchef von Greenberg Traurig (GT), hatte zur Begrüßung auf die gesellschaftlichen Dimensionen von Immobilienthemen hingewiesen. Dazu wollten die Organisationen der Branche einen Beitrag leisten. Greenberg Traurig, ist eine seit 1967 weltweit agierende Anwaltskanzlei mit Hauptsitz in Miami, Florida, und insgesamt 38 Dependancen. Schwerpunkt der Beratung sind internationale Immobiliengeschäfte. Die Societät gilt in den USA mit global tätigen rund 2000 Anwälten als Nummer drei in der Branche.
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