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Neubauprojekte entstehen zurzeit überall in der Landeshauptstadt.
© Tagesspiegel

Potsdam: Die Investoren kommen

Sanierte Häuser, Schlösser und Parkanlagen – Brandenburgs Landeshauptstadt ist attraktiv wie nie und wächst schnell. Noch kommen die Käufer aber überwiegend aus dem Inland.

„Das Angebot an freien Wohnungen in Potsdam wird immer geringer“, sagt ein Insider, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Man begegne bei Wohnungsbesichtigungen stets starker Konkurrenz und müsse meist mehreren Mitwerbern ins Auge sehen. „Die Mieten für den Erstbezug sind dramatisch gestiegen – und zwar zweistellig“, sagt der Experte. Sein Rat: „Man sollte gut vorbereitet zum Besichtigungstermin gehen und entscheidungsfreudig sein.“

Potsdam ist eine Stadt, die wächst. Und zwar immer schneller. Und das liegt (noch) nicht einmal an asylsuchenden Flüchtlingen. Einmal mehr musste die Bevölkerungsprognose vor einem Monat nach oben korrigiert werden: Fast 193.000 Menschen und damit 27.000 mehr als heute werden im Jahr 2030 voraussichtlich in der Landeshauptstadt wohnen. Dies geht aus der aktuellen Bevölkerungsstatistik der Stadt hervor, die am 7. Oktober veröffentlicht wurde. Bislang waren die Statistiker von einem moderateren Anstieg ausgegangen. Sie rechneten mit knapp 179.000 Potsdamern im Jahr 2030.

Müssen einzelne Kapitel des Stadtentwicklungskonzeptes (STEK) Wohnen nun neu geschrieben werden? Die Stadtplaner finden das nicht. „Die Ziele unseres aktuellen wohnungspolitischen Konzeptes ändern sich nicht“, sagt Erik Wolfram, der im Potsdamer Rathaus den Bereich Stadtentwicklung leitet .

Aber Wolfram sagt auch: „Die Dynamik und der Druck auf dem Wohnungsmarkt steigen natürlich.“ Und er meint damit vor allem den Druck der Flüchtlingsunterbringung. Bisher habe man es geschafft, möglichst kleine Einrichtungen im Stadtgebiet zu verteilen – und keine Turnhallen zu belegen. „Wir versuchen, die Menschen möglichst zeitnah in Wohnungen unterzubringen“, sagt Wolfram. „Dazu ist natürlich auch mehr Neubau nötig – aber sicher nicht als ,Flüchtlings-Siedlung’, sondern gemischt mit anderen Potsdamerinnen und Potsdamern.“

Viele Zuzügler kommen aus Berlin

Nach einer Analyse des angesehenen Prestel-Instituts – sie wurde Ende Oktober öffentlich – würden allein rund 820 Wohnungen für jene Flüchtlinge zusätzlich gebraucht, die 2015 gekommen sind. Der Gesamtbedarf steige damit auf 2390 Wohnungen, vor allem bezahlbare Wohnungen seien Mangelware, hatte Institutschef Matthias Günther gesagt. Die Untersuchung wurde von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und weiteren Vertretern der Baubranche in Auftrag gegeben. Das Institut in Hannover rechnet bei seiner Prognose mit rund 2040 Flüchtlingen, die bis Ende 2015 nach Potsdam kommen.

Die Zuzügler stammen nicht allein aus Bürgerkriegsgebieten. „Ein nicht unbedeutender Anteil der Neu-Potsdamer hat den Weg in die Stadt über Berlin gefunden“, sagt Anja Farke, Potsdamer Büroleiterin von Engel & Völkers – ein Franchising-Unternehmen im Bereich der Vermittlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Als Universitäts- und Wissenschaftsstandort ergebe sich eine große Nachfrage nach kleineren, bezahlbaren Wohnungen.

Potsdam sei aber natürlich auch gerade für Familien mit Kindern sehr attraktiv. „Hier gibt es eine sehr gute Ausstattung an Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen, zudem ist alles etwas überschaubarer und gemütlicher als im benachbarten Berlin. Und wenn die Hauptstadt mit ihrem vielfältigen Angebot lockt, ist sie dann ja auch sehr gut und schnell zu erreichen“, sagt Farke: Im Vergleich zu Berlin stellen wir zudem fest, dass die Käufer langfristiger denken und sich sehr gut über den Markt informieren.“

Wer auf der Suche nach einem Baugrundstück für sein Traumhaus ist, muss unter diesen Vorzeichen in Potsdam immer tiefer in die Tasche greifen. „Aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnimmobilien entdecken immer mehr Bauträger und Kapitalanleger Potsdam als Investitionsstandort“, sagt Günter Fischer, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers in Potsdam.

Bei Investoren ist die Stadt ein Geheimtipp

Fischers Mitbewerber sehen das ähnlich. Die Stadt ist bei Investoren ein Geheimtipp. Noch sind überwiegend inländische Käufer zu verzeichnen. Und so kommen die Investoren aus Berlin und anderen Bundesländern.

Bei ihnen kann Potsdam damit punkten, dass die Stadt in den vergangenen Jahren – mit wenigen Ausnahmen – durchsaniert wurde. „Potsdam ist ein spannender Markt, weil man praktisch alle Immobilien verkaufen kann. Die Vermarktungszeiten sind mit durchschnittlich zwei Monaten meist kurz“, sagt Corvin Tolle, Geschäftsführender Gesellschafter bei Rohrer Immobilien.

Sanierungsbedürftige Immobilien sind Mangelware. Hinzu komme, dass die Durchschnittspreise höher als in Berlin sind. Das gilt beim Kauf für den Quadratmeter genauso wie für die Neubaumiete: „Diese Mieten fangen bei neun Euro kalt an“, berichtet der Insider, „aber es werden auch zehn oder zwölf Euro aufgerufen und auch bezahlt.“ Der Leerstand liege unter zwei Prozent.

Die Mietpreisentwicklung ist von Berlin entkoppelt

Arkadien? Nein, Potsdam. Die Villa Jacobs über dem Jungfernsee wurde von dem Architektenpaar Marianne und Stefan Ludes originalgetreu nachgebaut.
Arkadien? Nein, Potsdam. Die Villa Jacobs über dem Jungfernsee wurde von dem Architektenpaar Marianne und Stefan Ludes originalgetreu nachgebaut.
© Foto Manfred Thomas

Neben der Lebensqualität bietet die Stadt angesichts des Preisgefüges auf dem Immobilienmarkt auch Wohnqualität. „Die Mietpreisentwicklung Potsdams ist von Berlin entkoppelt und steigt nicht so stark wie in der Hauptstadt“, sagt Roman Heidrich von Jones Lang LaSalle (JLL), eines der führenden Immobiliendienstleistungsunternehmen. Aber Potsdam komme bei den Kaltmieten eben auch von einem höheren Niveau.

Anderseits, so der JLL-Team Leiter Residential Valuation Advisory Berlin: „Für Familien, die aus Berlin rausziehen, sind die Kaufpreise noch günstiger als in der Hauptstadt.“ Die Neubautätigkeit sei deutlich hinter dem zurückgeblieben, was gebraucht werde – 800 bis 900 Wohnungen hätten jährlich neu gebaut werden müssen, findet der JLL-Mann und erwähnt noch nicht einmal den für Flüchtlinge benötigten Wohnraum. Die Folge: Die Preise werden, wenn auch moderat, steigen.

Der Büromarkt ist überschaubar, entwickelt sich aber gut

Wenn es um Wohnungsgrößen geht, sprechen viele Makler davon, dass das mittlere Segment – 60 bis 80 Quadratmeter – wenig nachgefragt wird. Familien haben gerne zwischen 90 und 120 Quadratmeter, möglichst im Grünen, und das entspricht auch dem, was gebaut wird.

Auf der anderen Seite ist Potsdam ein wichtiger Universitäts- und Wissenschaftsstandort – mit einem damit korrespondierenden Bedarf an kleineren Wohnungen. Erwartet wird, dass die Nachfrage nach Zwei-Zimmer-Wohnungen mit fünfzig bis sechzig Quadratmetern weiter steigen wird. Viele der Neubauprojekte ähneln sich hinsichtlich Architektur, Ausstattungen, Wohnungsgrößen und Preisniveau.

Wo Menschen gerne leben, wird auch gerne gearbeitet – und umgekehrt. Potsdams Prosperität wirkt sich auch auf den Gewerbeimmobilienmarkt aus. „Der Büromarkt ist mit 1,3 Millionen Quadratmetern in Potsdam überschaubar und hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt.“, sagte Christian Beyer, Associate Director bei Colliers International Berlin. „Der Leerstand ist gering und die Mietpreise sind kontinuierlich gestiegen. Aufgrund fehlender Flächen registrieren wir eine große Bautätigkeit von Eigennutzern.“

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