Behala-Gelände: Bauvorhaben am Viktoriaspeicher soll gestoppt werden
Friedrichshain-Kreuzberg lehnt Investorenpläne für das ehemalige Behala-Gelände an der Spree ab.
In deutlich ablehnender Form haben sich Bezirksverordnete von Friedrichshain-Kreuzberg zu den Plänen des Investors Hans-Georg Schimmang mit Blick auf die von ihm geplante Bebauung einer Brache an der Schillingbrücke verhalten. Auf ihrer Sitzung am vergangenen Mittwoch beschlossen sie auf Antrag von SPD und Grünen: „Die BVV lehnt das untragbare Konzept des Stuttgarter Investors für das Viktoriaspeichergelände ab.“ Es sah 500 bis 580 Wohnungen vor. Außerdem waren eine Kita, eventuell auch ein Hotel und ein Gesundheitshaus geplant. Nach den Entwürfen des Büros Gewers/Pudewill sollten sich die sechs- bis achtgeschossigen Wohnhäuser wie ein Kamm zum Spreeufer spreizen. Gegen den Antrag stimmte die CDU.
Schon vor Jahren hatte der Immobilienkaufmann Hans-Georg Schimmang einen Kaufvertrag mit der Behala, der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft, geschlossen. Noch aber steht die 100-prozentige Tochter des Landes Berlin im Grundbuch. Die Fraktionssprecherin der Grünen in der BVV, Paula Riester, will davon gehört haben, dass es in den Kaufverträgen ein Rücktrittsrecht bis zum 10. Juni dieses Jahres gebe. Durch den Beschluss der BVV wird das Bezirksamt jetzt beauftragt, „sich gegenüber dem Berliner Senat und der Behala dafür einzusetzen, dass die Behala – sofern möglich – von ihrem Kaufvertrag über das Spreegrundstück Köpenicker Straße/Schillingbrücke schnellstmöglich zurücktritt“. Schimmang war am Donnerstag für eine Stellungnahme ganztätig nicht zu erreichen – „aufgrund von Außenterminen“, wie sein Büro mitteilte.
Grundsätzlich soll der Bezirk an dieser Stelle eine „geordnete und anspruchsvolle städtebauliche Entwicklung“ des Spreeufers verfolgen. Folgende Ziele setzt die BVV: Falls die Behala vom Kaufvertrag zurücktritt, soll sich das Bezirksamt gegenüber dem Senat dafür einsetzen, dass Genossenschaften, Wohnungsbaugesellschaften und weitere interessierte Gruppen bei der Entscheidung über die Zukunft des Grundstücks eingebunden werden. Dabei sollen vor allem der Bedarf an günstigem Wohnraum, sozialer Infrastruktur sowie an öffentlich zugänglichen Grünflächen berücksichtigt werden.
Der Uferweg soll frei zugänglich bleiben
Nach Kritik an seinem Konzept hatte sich auch schon Hans-Georg Schimmang offen gezeigt, städtische Wohnungsgesellschaften mit ins Boot zu holen und preiswerteren Wohnraum anzubieten. Von zehn bis zwanzig Prozent des Gesamtvolumens war die Rede. Der Durchgang von der Köpenicker Straße zum Spreeufer sollte aber verboten sein. Dies wurde in der Diskussion im Stadtentwicklungsausschuss als „Privatisierung einer exklusiven Wohnanlage“ bezeichnet.
Der Uferweg an der Spree wäre nach den Plänen des Investors mit einem Zaun von der geplanten Wohnbebauung abgetrennt worden. Nun ist das Konzept für den Uferweg nach dem Willen der BVV entsprechend den „Planungsleitlinien für das Kreuzberger Spreeufer abzusichern“. Durch mindestens ein hinreichend großes „Spreefenster“ soll nun die Zugänglichkeit zur Spree und ihre Sichtbarkeit von der Köpenicker Straße aus gewährleistet bleiben.
Außerdem soll der Senat im Sinne einer „neuen Liegenschaftspolitik“ seine Gestaltungsspielräume bei der mittelbar landeseigenen Fläche nutzen. Das heißt konkret, sie soll „nicht im Höchstbieterverfahren“ verkauft werden.
Der Galvanisierbetrieb Otek muss umziehen
Bedingung für Verhandlungen mit Investoren und eine weitere Bauleitplanung ist ein Vertrag der Projektentwickler mit der Firma Otek in unmittelbarer Nähe des Areals an der Köpenicker Straße (Der Tagesspiegel berichtet am 11. Januar). Die sogenannte Seveso-Richtlinie der EU schließt einen Galvanisierbetrieb wie Otek so dicht an einer Wohnbebauung aus. In dem Vertrag müssen Zeitpunkt und Kosten einer Verlagerung des Otek-Standorts „rechtssicher und verbindlich“ vereinbart werden. Vor einer Betriebsaufgabe darf „keinerlei Baurecht“ erteilt werden. Hans-Georg Schimmang hatte das Problem durch die Zahlung eines zweistelligen Millionenbetrags an Otek lösen wollen. Dies hatte er zumindest vor dem Stadtentwicklungsausschuss in Aussicht gestellt.
Ein weiterer Knackpunkt des Bauprojektes ist die Umnutzung des denkmalgeschützten Viktoriaspeichers. Für ihn hatte der Stuttgarter Investor die Idee einer Markthalle ins Spiel gebracht. Dies war als unrealistisch kritisiert worden, weil es knapp einen Kilometer entfernt bereits die Markthalle IX gibt. Auch die mögliche Warenanlieferung durch einen Tunnel war mit Skepsis betrachtet worden. Nun soll der Viktoriaspeicher im planerischen Zentrum eines städtebaulichen Wettbewerbes für das Behala-Gelände stehen.
1980 wurden am Viktoriaspeicher noch 250 000 Tonnen Kohle umgeschlagen – nachdem der Kohlengroßhandel vom Kreuzberger Urbanhafen 1960 hierher verlagert worden war. Seit der Einstellung des Hafenbetriebes in den 1990er Jahren wurden die Flächen des 4,2 Hektar großen Geländes als Lager- und Gewerbestätten genutzt. Eine Vielzahl von Kleinbetrieben hatte sich hier angesiedelt – vom Getränkehandel bis zur Altpapierannahme. Der Speicher soll nun „für die Öffentlichkeit erlebbar“ gemacht werden, Möglichkeiten einer gewerblichen Nutzung seien zu prüfen. Für das Gelände sei ein verträgliches Miteinander von gewerblicher und Wohnnutzung anzustreben, so die BVV. Die Ergebnisse aus einem Bürgerbeteiligungsverfahren sollen in einem Wettbewerb berücksichtigt werden.
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