Wohnen am Wasser: Alles am Fluss
Von der Havel bis zur Dahme gibt es in Ufernähe zahlreiche Neubauvorhaben – gelegentlich sind Wassergrundstücke preiswerter als Innenstadtlagen.
Es ist kaum zu glauben, dass es in einer Weltstadt so etwas gibt: eine unbebaute Insel, ruhig gelegen und doch nur fünf Minuten zu Fuß von U-Bahnhof und Einkaufsgelegenheiten entfernt! Doch was in Paris, London und selbst München geradezu surreal wirken würde, ist in Berlin – genauer am Tegeler See – gleich zweimal zu bestaunen: nämlich die Tegeler Insel und die Humboldtinsel.
Das Attribut „unbebaut“ bezieht sich allerdings auf die Vergangenheit. Denn im Zuge des Booms auf dem Wohnungsmarkt haben Projektentwickler nun endlich das Potenzial dieser Wasserlage im Berliner Norden erkannt. Das zeigt die Tegeler Insel, die 1987 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) aufgeschüttet wur- de: Sieben Gebäude sind dort im Rohbau fertig.
Das Berliner Unternehmen GBI AG errichtet 49 Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen, die zwischen 81 und 140 Quadratmeter Wohnfläche haben und alle einen Blick aufs Wasser bieten. Zuvor hatte es mehrere vergebliche Versuche gegeben, die Insel zu bebauen; zuletzt war ein russischer Investor mit einem Villenprojekt gescheitert. Das aktuelle Vorhaben hingegen kommt bei den Interessenten an: Nach GBI-Angaben sind 70 Prozent der Wohnungen verkauft, weitere 15 Prozent reserviert. Die Quadratmeterpreise liegen zwischen 3450 und 4300 Euro.
Attraktive Wasserlagen entstehen nicht immer auf natürliche Weise
Groß ist auch die Nachfrage nach den Wohnungen auf der gegenüberliegenden Humboldtinsel. Bereits zum Zeitpunkt des ersten Spatenstichs im Juni meldeten die Martrade Immobilien mit Sitz in Düsseldorf einen Vermarktungsstand von gut 50 Prozent. Von einem „Highlight am Berliner Wohnimmobilienmarkt“ spricht Tilo Hellinger von der Inventio Projectpartner GmbH, die den Vertrieb der Wohnungen übernommen hat. Dabei verweist Hellinger auf die „Insellage inmitten urbaner Infrastruktur“ und eine Besonderheit: An der Humboldtinsel entstehen auch vier Floating Houses, also schwimmende Häuser.
Des Weiteren sind verschiedene Wohnungstypen geplant, darunter Doppelhäuser, Penthouses und Maisonette-Wohnungen. Der Preis für die insgesamt 78 Einheiten liegt mit 3400 bis 4900 Euro pro Quadratmeter etwas höher als beim GBI-Projekt. Unterschiede gibt es auch bei der Wohnungsgröße, die auf der Humboldtinsel bis zu 250 Quadratmeter reicht. Viele der bisherigen Käufer, heißt es bei den Martrade Immobilien, kommen aus dem Norden Berlins und haben bisher im eigenen Haus mit Garten gewohnt. Ihr neues Domizil beziehen können sie voraussichtlich im Frühjahr 2016.
Die Humboldtinsel ist ebenfalls nicht auf natürliche Weise entstanden: Sie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts angelegt, damit die Niederbarnimer Eisenbahn den Tegeler Industriehafen erschließen konnte. Auch andernorts wurden die aus heutiger Sicht so attraktiven Wasserlagen häufig gewerblich genutzt – beispielsweise an der Spree in Friedrichshain, wo bis vor einigen Jahren der Osthafen in Betrieb war und sich dann das Musiklabel Universal, die MTV-Studios und ein Hotel ansiedelten. Jetzt aber wird der Standort auch für das Wohnen entdeckt: Das Hamburger Unternehmen Otto Wulff Projektentwicklung errichtet an der Stralauer Allee 5 unter dem Projektnamen The White 68 Eigentumswohnungen. Davon sind bisher etwa 30 Prozent vergeben, wobei die Quadratmeterpreise je nach Lage in einer Spanne zwischen 2800 und 6300 Euro liegen.
Die Preisunterschiede erklären sich dadurch, dass das Grundstück nicht nur am Wasser liegt, sondern auch an der viel befahrenen Stralauer Allee. „Unsere Kunden sind sich bewusst, dass das Leben in einer so urbanen und lebendigen Lage auch mit den Geräuschen einer Stadt verbunden ist“, sagt dazu Hendrik Treff, Leiter Neubau/Wohnimmobilien beim Maklerunternehmen Grossmann & Berger. Zudem sei das Gebäude schallgeschützt und architektonisch so konzipiert, dass fast alle Wohnungen zum Wasser ausgerichtet seien.
In Köpenick an der Dahme werden im Sommer 32 Eigentumswohnungen fertig
Noch etwas weiter östlich, auf der Halbinsel Stralau, wachsen gleich mehrere Projekte in die Höhe – teils unmittelbar am Wasser wie das Riverside und das Heritage Garden, teils ganz in der Nähe von Spree und Rummelsburger See wie die Projekte Am Fischzug und Rive. „Wohnen am Wasser ist ein absolutes Trendthema und Stralau einer der Vorreiter-Standorte“, erklärt Carsten Leckebusch, Projektleiter der Streletzki- Gruppe, die in einigen Wochen mit den Bauarbeiten am Projekt Rive mit hundert Wohnungen beginnen will. „Auf der Halbinsel wird der Beweis erbracht, dass sich eine zentrale Wohnlage und idyllischer Wohnraum inmitten der Natur nicht ausschließen müssen.“ Allerdings haben diese Vorzüge ihren Preis – mit Beträgen zwischen 3600 und 4600 Euro pro Quadratmeter gehört Rive noch zu den günstigeren Angeboten auf Stralau.
„Wasser zieht an“, bestätigt Makler Nikolaus Ziegert von der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting. Er sieht einen Schwerpunkt der Bautätigkeit nicht nur in Stralau, sondern auch in Köpenick. An der Dahme beispielsweise werden im Sommer dieses Jahres 32 Eigentumswohnungen an der Dahmestraße 7–8 fertig, die unter dem Namen Luv + Lee vermarktet werden.
Am gegenüberliegenden Ufer (Wendenschlossstraße 334) entsteht bis Herbst 2015 das Projekt „Mein Wendenschloss“ mit 50 Wohnungen. Auffällig ist dabei, dass das Preisniveau mit 2400 bis 3050 Euro pro Quadratmeter (Luv + Lee) beziehungsweise 2300 bis 3450 Euro (Mein Wendenschloss) trotz Wasserlage deutlich niedriger ist als in der Innenstadt. Doch auch Menschen, die sich kein Eigentum leisten können, bekommen ihre Chance auf eine Neubauwohnung am Wasser: Ende 2014 will die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land mit dem Bau von 120 Mietwohnungen am Bruno-Bürgel-Weg in Köpenick beginnen.
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