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Auf dem Weg zur Arbeit das Kind in die Kita bringen. In Ostdeutschland arbeiten Frauen deutlich länger als im Westen, weil es hier eine bessere Kinderbetreuung gibt.
© Ute Grabowsky/photothek.net

Atypische Beschäftigung: Im Westen arbeiten mehr Frauen in Teilzeit

Prekäre Beschäftigung ist vor allem ein Problem im Westen. Insbesondere junge Menschen, Migranten und Frauen arbeiten nur in Teilzeit oder befristet.

Prekäre Beschäftigung, so die verbreite Einschätzung, ist vor allem ein Kennzeichen der ostdeutschen Wirtschaft. Hier sind die Löhne niedriger als im Westen, hier bekommen viel mehr Menschen den gesetzlichen Mindestlohn. Doch bei der sogenannten atypischen Beschäftigung, wozu Teilzeit, Befristung und Leiharbeit gehören, gibt es eine erstaunliche Differenz zwischen West und Ost, die sich vor allem mit der Erwerbstätigkeit der Frauen erklärt: „Die Zunahme der atypischen Beschäftigung entfällt ganz überwiegend auf die Frauen in den westdeutschen Bundesländern“, heißt es einer Studie der Böckler-Stiftung des DGB. Denn zwei Drittel des Zuwachses der atypischen Beschäftigung seit 1990 geht auf die Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung unter Frauen im Westen zurück. „Teilzeitarbeit erleichtert generell die Verknüpfung familiärer Kinderbetreuung mit einer Berufstätigkeit.“

Die ostdeutschen Frauen arbeiten „seit Langem weitaus häufiger in Vollzeit“, weil bereits in der DDR die öffentliche Kinderbetreuung stärker ausgebaut war. Doch der Trend hat sich gedreht, auch die Frauen im Westen wollen zunehmend mehr arbeiten. „Ein weiterer Ausbau der Kinderbetreuung wäre dazu sicherlich geeignet“, resümieren die Sozialwissenschaftler ihre aktuelle Studie zum Volumen und den Ursachen atypischer Beschäftigung.

Bis zur Finanzkrise legte die atypische Beschäftigung zu

Teilzeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit legten von Anfang der 1990er bis zur Finanzkrise 2008/2009 zu. Seit 2010 sind die Beschäftigungsformen leicht rückläufig und kommen aktuell auf einen Anteil von 21 Prozent an den Erwerbstätigen insgesamt. 1991 waren es nur 13 Prozent, die Spitze wurde 2007 mit 22,6 Prozent erreicht. Besonders stark betroffen sind neben den Frauen im Westen vor allem Jüngere, gering Qualifizierte und Beschäftigte ohne deutschen Pass.

In den ostdeutschen Bundesländern arbeiten derzeit rund 17 Prozent atypisch, in Brandenburg sogar nur 14 Prozent. Im Westen ist die hohe Quote im Wachstumsland Baden-Württemberg erstaunlich, was nach Einschätzung des Studienautors Eric Seils auch mit der Einwanderung zu tun hat: Ein wirtschaftsstarkes Land wie Baden-Württemberg zieht Migranten stärker an als Brandenburg. In Brandenburg ist die atypische Beschäftigung der Männer zwischen 2011 und 2017 von 13,2 Prozent auf 11,5 Prozent zurückgegangen. In Baden-Württemberg dagegen stieg die entsprechende Quote im gleichen Zeitraum von 11,5 Prozent auf 12,3 Prozent. „Dies dürfte ganz überwiegend ein Einwandereffekt sein, da die deutliche Mehrheit der Einwanderer Männer sind“, argumentiert Seils.

Jüngere bekommen oft nur befristete Arbeitsverträge

Unter Migranten, die aus Staaten außerhalb der EU stammen, ist der Anteil der atypisch Beschäftigten mit gut 35 Prozent besonders groß. „Während die Zahl atypisch Beschäftigter ohne deutsche Staatsangehörigkeit in den vergangenen Jahren um knapp 500 000 zugenommen hat, ging sie unter deutschen Frauen (minus 447.000) und Männern (minus 183 000) um insgesamt 630.000 zurück.“

Jüngere Arbeitnehmer zwischen 15 und 24 Jahren sind vor allem betroffen, weil sie als Berufsanfänger häufig nur einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen. Bei den Jungen liegt der Anteil der atypisch Beschäftigten noch bei knapp 31 Prozent, sinkt dann aber in der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren auf 22 Prozent, um dann in der Gruppe 55 Plus wieder leicht zuzulegen.

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