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Schlechte Zahlen, gute Zukunft? Peter Terium hat jedenfalls gerade seinen Vertrag als Vorstandschef von RWE um fünf Jahre verlängert.  
© Wolfgang Rattay/Reuters

Jahresbilanz von RWE: Im Tal der Tränen

RWE-Chef Peter Terium kämpft mit der Energiewende, der Gewinn fällt und fällt und fällt. Selber schuld, meint Greenpeace.

Berlin - Es hat etwas vom Pfeifen im Walde, wenn RWE unter der Überschrift „Ertragsziele erreicht“ den Bericht für 2014 veröffentlicht. Denn an der miserablen Situation des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns hat sich nichts geändert: Die Preise im Stromgroßhandel sinken, erneuerbare Energien ersetzen zunehmend konventionellen Strom, die Schulden sind hoch, und der Ausbau der Erneuerbaren kommt nur langsam voran. „Das Tal der Tränen ist noch nicht durchschritten“, sagte Vorstandschef Peter Terium am Dienstag bei der Vorlage der Bilanz 2014. Und 2015 sinkt das Betriebsergebnis weiter von zuletzt vier auf voraussichtlich 3,75 Milliarden Euro. Die Anleger reagierten enttäuscht. Mit minus 2,8 Prozent auf 23,67 Euro war die RWE-Aktie am Dienstag schwächster Wert im Dax. Immerhin soll es eine unveränderte Dividende von einem Euro geben. Darauf legen vor allem auch die Ruhrgebietsstädte wert, denen RWE zu rund 25 Prozent gehört und in deren Haushalte die Dividende fließt. Die fetten Jahre sind indes vorbei, eine Dividende von 3,50 Euro, wie zuletzt 2010, wird es in absehbarer Zeit nicht geben.

Das wird auch deutlich in einer Studie der Westfälischen Hochschule Recklinghausen im Auftrag von Greenpeace über „Die Zukunft der großen Energieversorger“. Die „Big 4“, wie sie dort genannt werden, neben Eon und RWE sind das Vattenfall und EnBW, haben demnach kaum Zukunft: Für die Neuausrichtung fehlt das Geld. Allein RWE hat eine Nettoverschuldung von 31 Milliarden Euro, und bei dem Essener Konzern „wird das Finanzierungsproblem durch das Downrating am Kapitalmarkt verschärft“, heißt es in der Studie. Desweiteren hätten die Big 4 einen „Vertrauensbruch“ mit der Politik provoziert, und zwar vor gut fünf Jahren mit „selbstherrlichen und aggressiven Auftreten im Zusammenhang mit Laufzeitverlängerung (der Akw) und ihrer Suspendierung“. Die schwarz-gelbe Regierung, im Herbst 2009 gewählt, hatte erst die Laufzeiten der Akw verlängert und dann nach Fukushima im Frühjahr 2011 die Energiewende und den Atomausstieg verkündet. Jetzt bleibe den Konzernen nur „Desinvestition und Rationalisierung, um die dringend benötigten finanziellen Mittel für einen Neuanfang zu mobilisieren“.

Diesen Weg geht Terium. Vor Kurzem wurde der Verkauf der Gas- und Ölfördertochter Dea für 5,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Und das schon vor Längerem aufgelegte „Effizienzsteigerungsprogramm“ soll in diesem Jahr Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro bringen, weitere 500 Millionen sind bis 2017 geplant. Die Belegschaft hatte Ende 2014 noch knapp 60 000 Köpfe, acht Prozent weniger als vor einem Jahr. Ein weiteres Symptom für den Zustand des Konzerns ist die Investitionstätigkeit: Im vergangenen Jahr investierte RWE 3,4 Milliarden Euro und damit 14 Prozent weniger als 2013.

Schuld an der Misere ist nicht die Energiewende, sondern das Management. Jedenfalls nach Einschätzung der Greenpeace-Studie. Die Chefs der Big 4 hätten sich zu lange „auf vormals blendenden Geschäftszahlen ausgeruht, die oftmals allein das Ergebnis von Quasimonopolen waren“. Sie hätten sich ferner zu sehr auf ihren Einfluss auf die Politik und die Kernkraft verlassen. Schließlich sei die Dynamik beim Ausbau der Erneuerbaren unterschätzt, deren Auswirkungen auf den fossilen Kraftwerkspark verkannt worden. Die Schlussfolgerung von Greenpeace: Auf keinen Fall den Konzernen helfen mit der Subventionierung von Reservekapazitäten für die Zeit, wenn die Erneuerbaren nicht genug Strom liefen. Und aus der Braunkohleverstromung spätestens bis 2030 und der Steinkohleverstromung bis 2040 aussteigen. Wenn die Geschäfte weiter so schlecht laufen, dürfte RWE nichts dagegen haben. Im vergangenen Jahr sank das Betriebsergebnis der Kraftwerke um 29 Prozent. Terium zufolge werfen inzwischen rund 40 Prozent der Kraftwerke kein Geld mehr ab.

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