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Altes neu interpretiert. Die Plüschfigur Furby erlebt ein Comeback.
© BVS

Weihnachtsgeschenke: Holzenten und Plüschtiere mit App

Obwohl die Geburtenzahlen sinken, wird Jahr für Jahr mehr Spielzeug verkauft. Elektronik liegt im Trend, aber Bestseller sind immer noch die Klassiker.

Von Maris Hubschmid

Assoziationen zu dem Wort „Weihnachten“: Tannenbaum. Kirche. Plätzchenduft. Krippe. Schaufelbagger, Zombie-Stadt, Roboterfisch, Laserschwert: Kommt darauf an, wen man fragt. Für mehr als neun Millionen Kinder in Deutschland ist Heiligabend der Gipfel der Geschenke. Für die Spielwarenindustrie ebenso – mehr als 40 Prozent ihres Umsatzes machen Hersteller und Händler in den Wochen vor dem Fest. Der Bundesverband der Spielwarenindustrie (DVSI) rechnet für das laufende Jahr mit einem Rekordumsatz von 2,8 Milliarden Euro – das wäre ein Plus von drei Prozent.

In Anbetracht des demografischen Wandels ist das keineswegs selbstverständlich. „Wir sind selber ein bisschen überrascht, dass wir den Absatz in dieser Saison noch steigern können“, sagt Willy Fischel, Geschäftsführer beim Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS). Des Rätsels Lösung ist immer mehr Spielzeug für immer weniger Kinder. An die 100 000 verschiedene Produkte werden aktuell dargeboten. „Jedes Jahr haben wir 50 Prozent Innovationen“, sagt Fischel. Dabei wird das Spielzeug immer raffinierter: Unter den zehn angesagtesten Artikeln, die der Einzelhandel für dieses Weihnachtsfest ermittelt hat, findet sich neben dem Roboterfisch, der im Wasser wie ein lebendiger Fisch loszappelt, eine schwebende Fee, die sich dank Abstandssensor unsichtbar per Handbewegung lenken lässt. Die Auto-Rennbahn gibt es jetzt ohne Bahn: Statt Schienen definieren Leitplanken die Rennstrecke. Und auch Furby ist zurück. Das eulenähnliche Kult-Spielzeug der 90er Jahre kann jetzt noch mehr Grimassen und mittels einer Smartphone-App ständig weiterentwickelt werden. Spielzeug, das mit technischen Finessen ausgestattet ist, gewinnt immer mehr an Bedeutung, bestätigt die Marktforschungsfirma NPD Group.

Was die Kinder am meisten begehren, wird nicht unbedingt am meisten gekauft.

Am häufigsten liegen dennoch Klassiker unter dem Baum: Im vergangenen Jahr war bei 53 Prozent der Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren das Hauptgeschenk für Weihnachten ein traditionelles Spielzeug. „Die Babypuppe, der Baukasten oder die Miniatur-Küche – all das gibt es heute genauso wie vor 50 Jahren“, sagt Spielwarenexperte Alexander Weber von der NPD Group. Videospiele und Elektrogeräte machten zusammen gut ein Viertel aus, andere häufige Geschenke seien Sportgeräte.

„Das Spielzeug, das Kinder am meisten begehren, ist nicht automatisch das, was am meisten verkauft wird“, erklärt Willy Fischel. Auf der Top-Ten-Hitliste steht dieses Jahr auch die batteriebetriebene Kakerlake, die inklusive Bestecklabyrinth daherkommt. „Ein geniales Produkt“, findet Fischel, das sogar zum Spiel des Jahres gekürt wurde. Viele Omas und Opas werden trotzdem eher zum guten alten Monopoly greifen.

„Hochwertiges und langlebiges Spielzeug muss jedoch nicht aus Holz sein“

Altes neu interpretiert. Die Holzente zum Ziehen gibt es heute wie vor 50 Jahren.
Altes neu interpretiert. Die Holzente zum Ziehen gibt es heute wie vor 50 Jahren.
© Simba

154 Euro pro Kind geben Eltern nach Umfragen der Marktfoscher zu Weihnachten aus. Die Geschenke der Angehörigen kommen noch dazu. Nach den vielen Schlagzeilen über giftige Stoffe in Spielzeugen erkundigen sich die erwachsenen Kunden häufiger nach Herkunft und Qualität, berichtet ein Verkäufer der Spielwarenabteilung von Galeria Kaufhof am Alexanderplatz. In einem jüngst veröffentlichten Test stufte die Stiftung Warentest mehr als die Hälfte der untersuchten Produkte als gesundheitsgefährdend ein, weil sie verschluckbare Kleinteile oder Schadstoffe enthielten. Selbst die bekannte Holzeisenbahn von Brio erhielt wegen ihres Lacks ein „mangelhaft“. „Kaum etwas wird in diesem Land so stark kontrolliert wie Spielzeug“, sagt Fischel vom Händlerverband. Er schätzt die dem Test zugrunde gelegten Maßstäbe als sehr streng ein. Jedes Spielzeug, das in Deutschland verkauft wird, muss der europäischen Spielzeugrichtlinie entsprechen. Institutionen wie der Tüv Rheinland oder das in Hamburg ansässige Bureaou Veritas piesacken täglich tausende Plüschtiere, um herauszufinden, wie strapazierfähig oder gefährlich sie sind.

Bei der Kaufentscheidung helfen Gütesiegel.

„Sicher ist: An Teile aus der Ein-Euro-Grabbelkiste des Kiosks an der Ecke sollte man nicht allzu hohe Ansprüche haben“, meint Fischel. Verbraucherschützer empfehlen, die Finger von Spielzeug zu lassen, das riecht oder abfärbt. Weder Herkunft noch Preis sind aber verlässliche Ratgeber: 70 Prozent des hierzulande erhältlichen Spielzeugs kommt aus China, aber nicht alle Waren von dort sind minderwertig. „Mit dem Preis steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, gute Produkte zu bekommen. Es gibt aber auch billige gute“, sagt Matthias Honnacker, Produktexperte der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Er rät, sich bei der Kaufentscheidung an Gütesiegeln und Zertifikaten zu orientieren.

Etliche Firmen bieten ökologisch gefertigte Spielzeuge an. Populär sind seit Jahren die hölzernen Krippen- und Bauernhoffiguren der schwäbischen Firma Ostheimer. Allein von der Maria aus nachhaltig angebautem Ahornholz würden jedes Jahr 20 000 Exemplare ausgeliefert, teilt das Unternehmen mit. Aber auch kleinere regionale Anbieter bereichern den Markt. Eine Holzfigur kostet da schon mal 20 Euro. Einer Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zufolge aber ist jeder dritte Konsument bereit, für nachhaltiges Spielzeug mehr zu bezahlen.

Auch Plastikspielzeug kann werthaltig sein.

„Hochwertiges und langlebiges Spielzeug muss jedoch nicht aus Holz sein“, sagt BVS-Mann Fischel. Hartplastikprodukte wie Lego- oder Playmobilartikel kommen in den Tests ebenfalls gut weg. Mehr als 2,5 Milliarden Playmobilfiguren sind im Laufe der Zeit in die Kinderzimmer eingezogen. In diesem Jahr gibt es eine echte Revolution: Im neuen Playmobil-Shoppingcenter (circa 100 Euro) können sich die Figuren erstmals neu einkleiden. So oft sie wollen – ein funktionierender Geldautomat legt unbegrenzt Plastikmünzen nach. In der Regel rechtfertigten Markenprodukte ihren Preis, sagt Honnacker. „Namhafte Hersteller riskieren bestimmt nicht, ihren Ruf zu ruinieren. Die unterziehen ihre Produkte selber aufwendigen Tests.“

Rund 27 Prozent aller Spielsachen werden mittlerweile online verkauft. Die stationären Fachhändler kommen auf einen Anteil von 38 Prozent. „Viele Händler verbinden beides“, sagt Fischel. Insgesamt 4500 Spielwarenfachgeschäfte zählt der Verband bundesweit.

Spürbare Preiserhöhungen hat es in diesem Jahr trotz der gestiegenen Einkaufspreise in Deutschland nicht gegeben, sagen die Marktbeobachter. In Köln kann man sich dennoch dieser Tage die Nase an den Scheiben vor Spielzeugen plattdrücken, die nahezu unbezahlbar sein dürften: Archäologen haben einige Stücke ausgegraben, die mehr als 2000 Jahre alt sind. Sie stammen aus dem römischen Reich. Tierfiguren, Puppenküchen, ja sogar Zieh-Enten – topaktuell alles. Zudem garantiert schadstofffrei. Und nachweislich langlebig.

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