Sawade: Hoffnung für den Pralinenhersteller
Mitarbeiter und Insolvenzverwalter wollen den guten Namen des 133-jährigen Pralinenherstellers Sawade retten – die Chancen stehen gut.
Für den insolventen Berliner Pralinenhersteller Sawade interessieren sich zahlreiche mögliche Investoren. „Es gibt zwei Dutzend Interessenten“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Torsten Martini dem Tagesspiegel. „Mit drei seriösen möglichen Investoren gibt es konkrete, sehr vielversprechende Gespräche.“ Unter den Bewerbern, deren Namen Martini nicht preisgeben wollte, ist auch ein Berliner Unternehmen. Es seien Wettbewerber von Sawade mit „Verbesserungsbedarf im Bereich Confiserie“. „Alle wollen die Produktion in Berlin beibehalten“, sagte der Rechtsanwalt aus der Kanzlei Leonhardt.
Das 1880 gegründete Traditionshaus Sawade, einer der ältesten deutschen Pralinenhersteller, hatte Ende Juli beim Amtsgericht Charlottenburg Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit beantragt. Der bekannte Produzent von feinen Pralinen, Trüffeln, Marzipan und anderen süßen Spezialitäten beschäftigt in Berlin 50 Mitarbeiter in drei Filialen und seinem Produktionswerk in Reinickendorf. Sawade beliefert unter anderem auch Discounter und Handelsketten. Bei der Vorfinanzierung der Produktion hatte es hier zuletzt Probleme gegeben, die – in Kombination mit Vertriebs- und Marketingdefiziten – letztlich zur Insolvenz führten.
Bis zur voraussichtlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Oktober hofft Rechtsanwalt Martini, den Betrieb zu stabilisieren. Seit einigen Tagen unterstützt der erfahrene Vertriebsmanager Peter Mühlstädt, der mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung hat, Martini im Tagesgeschäft. „Die Chemie stimmt.“ Das war früher offenbar anders: Der inzwischen ausgeschiedene Sawade-Geschäftsführer Thomas Spengler, Sohn des vor fünf Jahren verstorbenen Firmeninhabers, hatte zuletzt kein Interesse an einer Neuaufstellung des Unternehmens erkennen lassen. Mitarbeiter berichten, die Belegschaft sei regelrecht froh über seine Ablösung gewesen. Von „miserabler Führung“ und Managementfehlern ist die Rede.
Dennoch sind die Mitarbeiter motiviert, den guten Namen Sawade zu retten. Das 133 Jahre alte Unternehmen schrieb in Berlin Geschichte. Bald nach der Gründung im Jahr 1880 erwarb sich die Confiserie einen hervorragenden Namen als Lieferant seiner Königlichen Hoheit Prinz Wilhelm von Preußen. Unter den Linden 19 hatte die Pralinenmanufaktur ihre Filiale. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Sawade von den Linden umziehen; das Geschäft wurde neu aufgebaut. Schon in den 1950er Jahren wuchs die Firma wieder, besondere Rezepturen und Rohstoffe wurden ein bekanntes Markenzeichen der Berliner. Pralinen und Trüffel beförderte Sawade teilweise per Fahrrad und Rucksack zu den Kunden im Stadtgebiet. 1972 baute das Unternehmen dann auf einem eigenen Grundstück im Reinickendorfer Gewerbegebiet Nord eine Fabrik mit moderneren Anlagen. In der Wittestraße werden bis heute alle rund 50 Sorten aus dem Sortiment der Sawade-Köstlichkeiten produziert. Nach dem Führungswechsel 2008 ging es jedoch bergab. Sawade-Produkte verloren Marktanteile, schmeckten und wirkten altmodisch im Vergleich zu den Süßigkeiten der neuen, jungen Confiserien und Schokoladenmanufakturen der Stadt. Doch die Qualität stimmt eigentlich bis heute. „Nicht die Produkte sind das Problem, sondern der uneinheitliche Auftritt und der brachliegende Vertrieb“, sagte Torsten Martini.
Er hat sogar neue Mitarbeiter eingestellt, die den Vertrieb in Schwung bringen sollen. Das neue, vorläufige Führungsteam versucht nun zusammen mit dem Insolvenzverwalter zu retten, was zu retten ist. „Das Design wird geändert, das Sortiment gestrafft und die Maschinen müssen wieder ausgelastet werden“, sagte Martini. So sollen die Chancen auf eine bestmögliche Sanierung nach der voraussichtlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober vergrößert werden. Derzeit fahre man auch die Fertigung vom Ein- auf den Drei-Schicht-Betrieb hoch. „Die Produktion läuft.“ Sawade kann in Reinickendorf täglich 2000 Kilogramm Süßwaren herstellen. Um den Verkauf anzukurbeln, wurde kürzlich in einem ersten Schritt der Werksverkauf in Reinickendorf renoviert und vom ersten Stock ins Erdgeschoss verlagert.
Wie es mit den drei defizitären Filialen in Wilmersdorf, Charlottenburg und Mariendorf weitergeht, ist noch offen. „Schließungspläne habe ich nicht“, sagte Martini. „Leider werden wir die Preise moderat erhöhen müssen.“ Die große Produktpalette mit bis zu 1000 verschiedenen Variationen sei defizitär kalkuliert worden. Sawade liege „teilweise weit unter Marktniveau“. Was den Erhalt der 50 Sawade-Jobs angeht, gibt sich der Insolvenz-Verwalter optimistisch: „Ich bin da sehr guter Dinge“, sagte Martini.
Henrik Mortsiefer
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