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Mehr Lohn, weniger unterm Strich. Die Progression frisst den Zuwachs häufig auf.
© dpa

Brutto Netto 2014: Heiße Tipps gegen die kalte Progression

Tankgutscheine, Dienstwagen, Zuschuss für die Kita statt Lohnerhöhung – so bleibt mehr vom Brutto.

Quizfrage: Was haben Altbundeskanzler Helmut Kohl und Alt-Rockerin Patti Smith gemeinsam? Antwort: Beide propagieren Leistung. „Leistung muss sich wieder lohnen“, mit diesem Slogan zog der CDU-Politiker 1982 in den Wahlkampf gegen die SPD-Regierung. Ähnlich sieht das auch Frau Smith: „Wer nicht hart arbeitet, wird es nie zu etwas bringen“, sagte die Amerikanerin vor einigen Jahren in einem Zeitungsinterview.

Soweit die Theorie. Deutsche Arbeitnehmer, die sich anstrengen, Leistung bringen und dafür von ihrem Chef mit einer Gehaltserhöhung belohnt werden, erleben allerdings in der Praxis häufig das Gegenteil. Ihre Leistung lohnt sich nicht. Oder besser gesagt: nicht so wie erwartet. Schuld ist das deutsche Steuerrecht.

Das sorgt dafür, dass die Einkommensteuerschuld mit jedem Euro, den man mehr einnimmt, steigt. 8354 Euro im Jahr bleiben steuerfrei, danach verdient der Staat an jeder Lohnerhöhung mit. Besonders steil ist die Kurve in den unteren Lohnklassen bis zu einem Jahresgehalt von etwa 13 500 Euro, danach steigt sie langsamer, zwischen 53 000 Euro und 250 000 Euro verharrt der Einkommensteuersatz bei 42 Prozent (siehe Grafik). Erst Spitzenverdiener, die noch darüber liegen, zahlen dann wieder etwas mehr – den Reichensteuertarif von 45 Prozent.

Lohnerhöhungen verpuffen: Selbst wenn das Gehaltsplus nur die Inflation ausgleicht, der Arbeitnehmer also real nach der Erhöhung gar nicht mehr in der Tasche hätte, holt sich der Fiskus einen größeren Teil vom Einkommen. Dass das ungerecht ist, findet nicht nur der Steuerzahlerbund. Sowohl in der Union als auch in der SPD gibt es seit langem Forderungen danach, den Tarifverlauf im Steuerrecht zu ändern und so der kalten Progression einen Riegel vorzuschieben. Doch auf schnelle Lösungen können Steuerzahler nicht hoffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will erst den Haushalt konsolidieren und Schulden abbauen.

Arbeitnehmer sind daher gut beraten, gemeinsam mit ihrem Chef nach Alternativen zur guten, alten Lohnerhöhung zu suchen, damit sie vom Mehr an Brutto auch wirklich mehr Netto übrig behalten. Möglichkeiten gibt es viele: Der Chef kann einen Dienstwagen stellen oder ein Laptop, die man auch privat nutzen darf, er kann die Kita bezahlen, Geld zum Tanken zuschießen oder seinen Mitarbeitern Yoga-Kurse bezahlen. In vielen Fällen sind diese Belohnungen nicht nur steuer-, sondern auch sozialabgabenfrei. Man spart also doppelt, erwirbt aber für diese Extras keine Rentenpunkte.

DIENSTWAGEN
Früher ein Privileg für Führungskräfte, gehört der Firmenwagen inzwischen auch für Normalverdiener zum Belohnungsrepertoire. Wer den Wagen auch privat nutzt, kommt jedoch nicht ganz ungeschoren davon. Den geldwerten Vorteil muss man nämlich versteuern. Am einfachsten geht das über die Ein-Prozent-Regel: Ein Prozent des Brutto-Listenpreises für den Neuwagen muss der Arbeitnehmer als steuerpflichtige Einnahme beim Fiskus angeben – und zwar jeden Monat. „Bei einem 40 000-Euro-Neuwagen sind das monatlich 400 Euro“, sagt der Berliner Steuerberater Wolfgang Wawro. Das klingt nach viel, der Dienstwagen lohnt sich nach Meinung Wawros aber dennoch. „Für 400 Euro im Monat bekommt man sonst keinen 40 000 Euro-Wagen – Versicherung, Steuern, Wartungskosten inklusive.

TANK UND RAST
Völlig steuer- und abgabenfrei kann der Chef seinen Mitarbeitern aber – je nach Größe des Autos – einmal im Monat eine volle oder zumindest eine halbe Tankfüllung spendieren. Tankgutscheine sind bis zu einem Wert von 44 Euro im Monat von Steuern und Sozialabgaben befreit. Um auf denselben Wert zu kommen, müsste man beim Gehaltspoker schon rund 100 Euro brutto herausschlagen. Wer kein Auto hat, kann sich die 44 Euro auch auf die Monatskarte für Bahn und Bus anrechnen lassen. Selbst den Friseurbesuch, die Gasrechnung oder den Einkauf im Supermarkt darf der Chef abgabenfrei bis zu 44 Euro bezuschussen.

Zusätzlich zu den Sachleistungen darf die Firma ihren Beschäftigten aber auch das Mittagessen finanziell versüßen. Gibt es keine Kantine, kann die Personalstelle der Belegschaft Restaurantgutscheine oder Essensschecks zukommen lassen. Bis zu 6,03 Euro pro Arbeitstag sind begünstigt – das Ganze ist aber auf 15 Arbeitstage im Monat beschränkt.

KITA
Junge Eltern können auch versuchen, statt einer Gehaltserhöhung den Chef an den Kosten der Kinderbetreuung zu beteiligen. Das Geld gibt es dann steuer- und sozialabgabenfrei. Wie viel der Chef zuschießt, ist Verhandlungssache. Tipp: Wenn der Arbeitgeber einen Teil der Kosten für die Kita, das Kindermädchen, die Tagesmutter oder den Hort übernimmt, können die Eltern ihren Rest über ihre eigene Steuererklärung zudem zu zwei Dritteln steuerlich geltend machen.

LAPTOP UND HANDY
Computer und ein gutes Smartphone sind heute in vielen Berufen und im Privatleben unverzichtbar. Warum nicht den Chef zahlen lassen? Wer das tut, spart Steuern und bleibt auf dem neusten Stand der Technik. Denn theoretisch darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern sogar jedes Jahr ein neues, teures Smartphone (samt Vertrag), einen Tablet-Computer oder ein Laptop spendieren, ohne dass dieser dafür einen Cent Steuern abführen muss, selbst wenn er mit den Geräten ausschließlich privat telefoniert, surft oder mailt. Voraussetzung: Der Chef bleibt Eigentümer der Sachen, der Arbeitnehmer nutzt sie nur. Achtung: Vergessen Sie nicht, bei der Rückgabe ihre privaten Dateien zu löschen.

ANTI-STRESS-PROGRAMME
Auch beim Gesundwerden oder -bleiben darf der Arbeitgeber seine Beschäftigten finanziell unterstützen. Gesundheitskurse wie etwa Wirbelsäulenübungen, Anti-Stress-Kurse, eine Burn-out-Prophylaxe oder Nichtraucher-Trainingseinheiten darf er abgabenfrei mit bis zu 500 Euro im Jahr bezuschussen. „Die Kurse müssen aber von den Krankenkassen anerkannt sein“, warnt Steuerberater Wawro. Den Mitgliedsbeitrag fürs Fitnessstudio oder den Golfkurs darf der Chef daher nicht auf Kosten der restlichen Steuerzahler übernehmen.

BETRIEBSRENTE
Wer auch im Alter gut versorgt sein will, kann seinen Arbeitgeber bitten, die Lohnerhöhung in die Betriebsrente einzuzahlen. Ein Teil dieser Einzahlungen ist steuer- und sozialabgabenfrei. Wie viel das ist, hängt von der Art der Durchführung ab. Allerdings muss man die Betriebsrente später sowohl versteuern als auch von der Rente Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Das dicke Ende kommt hier also später.

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