Herr der Goldbären: Haribo-Chef Hans Riegel gestorben
Haribo-Chef Hans Riegel ist tot. Der 90-Jährige galt als einer der erfolgreichsten Familienunternehmer der Nachkriegszeit.
Hans Riegel war selbst sein bester Kunde. Ein Treffen mit dem Haribo-Chef ohne Gummibärchen und Lakritze war undenkbar. Am liebsten beides durcheinander. Der Patriarch war eine Naschkatze – mit einem guten Riecher fürs Geschäft. Riegel wusste: Was ihm schmeckte, schmeckt auch Millionen anderen. Die „Vampire“ etwa, die zu Halloween wieder massenhaft in deutschen Wohnzimmern landen werden, sind eine von Riegels Erfindungen – Lakritze und Gummibärchen in einem .
Er hatte es nicht leicht, der junge Mann, der den elterlichen Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufbauen und zu einem der führenden Süßwarenhersteller Deutschlands machen sollte. Sein Vater, ein gelernter Bonbonkocher, der sich 1920 mit der Firma Hans Riegel Bonn (Haribo) selbstständig gemacht hatte, verstarb noch vor Kriegsende.
„Als ich aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause kam, war mein Vater tot, und ich habe mit 23 Jahren hier angefangen“, erzählte Riegel, der in Bonn Wirtschaftswissenschaften studiert und hatte und später über den Zuckermarkt promovierten, in einem Tagesspiegel-Interview vor einigen Jahren.
Sogar bei Aldi, das nur wenige Markenprodukte verkauft, lagen die Goldbären von Haribo im Regal
Mit Fleiß, Ehrgeiz und Geschäftssinn machte er Haribo groß. Heute hat das Bonner Unternehmen weltweit 6000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro.
Riegel pflegte ein gutes Verhältnis zu den mächtigen Discountern; sogar bei Aldi, das nur wenige Markenprodukte verkauft, lagen Haribos Goldbären im Regal. Und der Haribo-Chef griff zu ungewöhnlichen Marketingmaßnahmen. Kurz nach dem Krieg fuhr er von Bonn nach Bremen. Der Rheinländer wollte herausfinden, wie die Norddeutschen ticken und ob man Haribo auch dort kennt. In der Fußgängerzone sprach er Passanten an: „Kennen Sie Haribo?“ „Nein, ich bin auch nicht von hier“, antworteten die Leute damals in Unkenntnis der Bonner Marke. Riegel zog seine Konsequenzen: „Da wusste ich, du musst Werbung machen.“
Zur wichtigsten Figur dafür wurde Thomas Gottschalk. „Wir sind gut befreundet“, sagte Riegel einst über den Showmaster, der das Konfekt viele Jahre auf dem Sofatisch seiner Show liegen hatte.
Der Goldbär, der 1960 aus dem Tanzbären hervorging, ist Haribos berühmtestes Produkt. Doch Riegel brachte immer wieder neue Ideen mit in die Firma, wie die schwarz-weißen Schaumgummi-Pandas oder Ingwer-Zitrone-Fruchtgummis. Inspirieren ließ er sich, der selbst kinderlos geblieben war, dabei von Kinderserien, Jugendmagazinen und Comics. „Ich muss darüber informiert sein, was sie naschen wollen, was sie denken, welche Sprache sie sprechen.“
Riegel, dessen Vermögen die US-Zeitschrift Forbes kürzlich auf 2,9 Milliarden Dollar schätzte, pflegte aber auch seine Hobbies. Den Karneval liebte er, Badminton-Meister ist er früher gewesen, und auch zur Jagd ging er, der 1991 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm, gern in der Steiermark. Mit 87 Jahren stellte Riegel, der seinen Hubschrauber immer noch selbst steuerte, der Öffentlichkeit seine 40 Jahre jüngere Partnerin, die Hotelmanagerin Anna Maria Bischof, vor. Gefragt nach dem Geheimnis seiner Fitness im hohen Alter, nannte Hans Riegel auch die Goldbären. „Die Gelatine ist gut für die Haut, die Gelenke, die Knorpelbildung und auch für die Haare“, erklärte der Marketing-Profi.
„Jetzt habe ich die ganze Zeit immer nur dieses Unternehmen im Kopf gehabt und kann einfach nicht aufhören“, sagte Riegel
Über allem aber stand für ihn die Firma. „Jetzt habe ich die ganze Zeit immer nur dieses Unternehmen im Kopf gehabt und kann einfach nicht aufhören“, sagte Riegel im hohen Alter über sich. Sicherlich ein Grund dafür, warum der Patriarch, dem ein eigenwilliger Führungsstil nachgesagt wurde, noch jeden Tag in die Firma kam. So verteilte der Chef auch mit über 80 noch die Post persönlich bei der Morgenrunde an die Manager.
Doch an wen sollte er die Firma weitergeben? Mit dem einstigen Kronprinzen, seinem Neffen Hans-Jürgen Riegel, hatte er sich schon vor Jahren überworfen, der junge Mann verließ 2006 das Bonner Unternehmen. Erst vor drei Jahren fanden Riegel und die Familie eine Lösung. Der damals 87-jährige Hans Riegel blieb zwar aktiv in der Firma, aber regierte nicht länger allein im Reich der Goldbären. Zwei Neffen – Hans-Guido und Hans-Arndt Riegel, rückten in die Führung auf. Mitarbeiter und Geschäftspartner waren erleichtert, auch ob der Verkaufsgerüchte, die es besonders nach dem Tod von Miteigentümer Paul Riegel vor einigen Jahren immer wieder gegeben hatte. Sogar Warren Buffett soll Interesse an Haribo gehabt haben. Dem Konzern wurde eine Holdingstruktur verpasst, die zu gleichen Teilen Hans Riegel und der Familie des Verstorbenen übertragen wurde. Zudem sitzen heute auch familienfremde Geschäftsführer mit im Haribo-Management.
Am Dienstag erlag Hans Riegel nach der erfolgreichen Entfernung eines Hirntumors während der Rehabilitation einem Herzversagen, teilte das Unternehmen mit. Riegels Anteil an Firma fließt in eine Privatstiftung, die für den Fortbestand von Haribo wirken soll.
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