Umstritten erfolgreich: Groupon schafft größten Internet-Börsengang seit Google
Über kaum eine Internet-Firma wurde zuletzt so heftig diskutiert wie über Groupon. Mit 12,6 Milliarden Dollar ist das Unternehmen allerdings weniger wert als vor Monaten – und hat Ärger mit der Börsenaufsicht.
Sieht so ein Internet-Senkrechtstarter aus? Andrew Mason packt auf seinem Profilbild beim Onlinedienst Twitter auf allen Vieren eine Spielekonsole aus. Seit Freitag ist dieser Junge in T-Shirt und Unterhose mindestens 940 Millionen Dollar schwer, zumindest auf dem Papier. Denn der 26-jährige Mason ist Mitgründer und Chef des Schnäppchen-Portals Groupon, das gerade den größten Börsengang eines Internet-Unternehmens seit Google im Jahr 2004 hinlegte. Der Anteil des Mason-Partners Eric Lefkofsky bringt es sogar auf spektakuläre 2,6 Milliarden Dollar.
Mit 12,6 Milliarden Dollar allein zum Ausgabepreis ist Groupon allerdings drastisch weniger wert als die 20 bis 30 Milliarden Dollar, die auf dem Höhepunkt der Euphorie durch die Medien geisterten. Doch gemessen an den vielen Zweifeln, die in den vergangenen Wochen aufkeimten, dürfen sich Mason und Konsorten nicht beschweren. Schließlich hatte man zuvor noch mit einer Spanne beim Aktienpreis zwischen 16 und 18 Dollar kalkuliert, was einen Börsenwert von 11,4 Milliarden Dollar erbracht hätte.
Über kaum eine Internet-Firma wurde in den vergangenen Monaten so heftig diskutiert wie über Groupon. „Das am schnellsten wachsende Unternehmen, das es jemals gab“, lautete einer der Superlative. Doch die Zahlen im Börsenprospekt offenbarten die Kehrseite des Expansionsdrangs: Mit den Umsätzen stiegen auch die Verluste – zum Teil auf mehrere hundert Millionen Dollar pro Quartal. Das Geld ging vor allem in die Gewinnung neuer Firmenkunden für die Rabattangebote durch das Heer von Außenmitarbeitern. Es wundert wenig, dass die Investoren sich darüber anfangs schockiert zeigten. Ein Internet-Unternehmer verstieg sich sogar zu dem Vorwurf, Groupon sei letztlich nur ein Schneeball-System, das nur solange funktioniere, wie ständig frisches Geld hereinkomme.
Das Groupon-Management hätte in der sogenannten „stillen Periode“ vor dem Börsengang eigentlich schweigen müssen zu solchen Vorwürfen. Doch Mason – laut „New York Times“ genauso scharfsinnig wie respektlos – kommentierte dennoch. Er verfasste eine lange Mitteilung an die verunsicherten Mitarbeiter. Die Nachricht fand umgehend den Weg an die Öffentlichkeit – und die Börsenaufsicht SEC stand bei Groupon auf der Matte. Die Finanzwächter beschwerten sich auch über unkonventionelle Umsatz- und Gewinnzahlen, die das Unternehmen viel schöner dastehen ließen als es nach üblichen Buchhaltungsstandards der Fall gewesen wäre. Mason musste letztlich klein beigeben und überarbeitete den Börsenprospekt mehrfach.
Bei der Roadshow, auf der Groupon sich bei Investoren vorstellte, trat er in Anzug und Krawatte auf, statt wie üblich in Jeans und T-Shirt. Das wirkte offenbar. Aus Investorenkreisen verlautet jedenfalls, man glaube an das Geschäftsmodell – und die roten Zahlen sollten nicht überbewertet werden. Schließlich sei Groupon in Städten wie Chicago, wo der Dienst schon lange angeboten wird „hochprofitabel“. Immerhin konnte Groupon die Verluste im dritten Quartal auf zehn Millionen Dollar drücken. Dem Vernehmen nach bediente sich Mason dafür Hilfe aus Deutschland – von den Internetinvestoren und Jamba-Gründern Marc, Oliver und Alexander Samwer. Die Brüder kamen ins Boot, als Groupon den deutschen Konkurrenten City-Deal übernahm. Ihr Groupon-Anteil von rund 6,5 Prozent ist jetzt über 780 Millionen Dollar wert, aber das ist noch nicht alles.
Nach Informationen des US-Blogs „Business Insider“ haben die Samwer-Brüder faktisch die Kontrolle über den Groupon-Vertrieb übernommen und regierten nun „mit eiserner Faust“. Aus Investorenkreisen heißt es zu dieser Darstellung, „die Samwers, die wissen, wie man es macht“. Vielleicht hat diese deutsche Gründlichkeit letztlich die Groupon-Anleger überzeugt. dpa