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Wirtschaft: Großer Auftritt

Freiberufler sind oft auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen - etwa als Dozenten für Design oder IT. Auf die neue Aufgabe kann man sich mit Weiterbildungen vorbereiten. Bei der Finanzierung hilft der Bund

Kein Wunder, dass Mark Brauns erster Lehrauftrag ein voller Erfolg wurde. Es ging schließlich um Schokolade. Mark Braun ist Produktdesigner. Food-Design, also das Gestalten von Dingen aus essbarem Material, war zu diesem Zeitpunkt sozusagen sein Leib- und Magenthema. Die Studenten dafür zu begeistern, war leicht.

Den Kontakt zum Lehrstuhl für Design an der Kunsthochschule Burg Griebichstein in Halle an der Saale knüpfte er als Gasthörer. Er tat sich mit studentischen Projekten hervor, die einem Professor gut gefielen und bekam daraufhin seinen ersten Lehrauftrag. Später kriegte er sogar eine Stelle als Assistent. Nebenbei baute er in Berlin sein Studio auf, entwickelt Accessoires und Möbel wie eine Garderobe, Tische, Schmuckschatullen, Geschirr und Lampen. „Meine Erfahrungen aus der Praxis konnte ich gut an der Uni einbringen und den Studenten vermitteln“, sagt Mark Braun. So einen Praxisbezug hätte er sich selbst in seinem Studium an der Fachhochschule Potsdam gewünscht. Zugleich profitierte er selbst von dem Austausch mit den Studenten, von ihrem Enthusiasmus und ihren frischen Herangehensweisen. Und das regelmäßige Einkommen aus dem Dozentenjob rettete ihn über so manche finanzielle Durststrecke zu Anfang seiner Selbständigkeit.

Wie für Mark Braun ist für viele Freiberufler oder Unternehmer ein zweites Standbein als Dozent reizvoll. Sie können ihr Fachwissen in Seminaren an Universitäten oder Fachhochschulen weitergeben oder Mitarbeiter von Unternehmen schulen. Außerdem bessern sie ihr Gehalt auf.

Bernd Radnitz, Gründer des Onlineportals Dozentenpool24.de, vermittelt Dozenten für alles Mögliche. In den letzten Tagen hat er Fachleuten für Touristik-Englisch, Gebäudemanagement, Heilpädagogik, Datenbankmanagementsysteme, Lohnrechnung und medizinische Fachterminologie einen Lehrauftrag verschafft. Neben hauptberuflichen Dozenten sind auch viele Spezialisten bei ihm registriert, die nur nebenbei unterrichten. „Der nebenberufliche Einstieg als Dozent hat den Vorteil, dass man erstmal testen kann, ob die Aufgabe zu einem passt“, sagt Bernd Radnitz. Langsam könne man Kontakte knüpfen und sich mit der Szene vertraut machen. Neben einem hervorragenden Fachwissen im eigenen Bereich und in Grenzgebieten sei es wichtig, vor einer Gruppe von 20 Personen frei sprechen zu können. Das lasse sich in speziellen Seminaren lernen. Zum Beispiel bieten Volkshochschulen Rhetorikkurse an.

Bernd Radnitz findet es außerdem wichtig, ein hohes Maß an Selbstdisziplin mitzubringen, da man als Dozent autodidaktisch arbeite und frei in seiner Arbeitsaufteilung sei. „Der Dozent muss sich selbstständig Unterrichtsziele setzten und diese anschaulich umsetzen können. Dazu muss er sein Fachgebiet noch einmal neu und unter dem Gesichtpunkt aufarbeiten, es anderen zu vermitteln“, so Radnitz. Gerade zu Beginn der Tätigkeit sei der Vorbereitungsaufwand noch recht hoch. Der Verdienst schwanke zwischen 15 und 150 Euro pro Unterrichtstunde. An der Freien Universität Berlin (FU) verdienen Lehrbeauftragte je nach Qualifikation zwischen dem Mindestsatz von 21,40 Euro und 52 Euro pro Lehrveranstaltungsstunde. Besonders viele Lehrbeauftragte aus außeruniversitären Einrichtungen gibt es am Institut für Kultur- und Medienmanagement. Sie kommen zum Beispiel aus Medien- und Kulturinstitutionen. Zu ihren Aufgaben gehört es nicht nur zu unterrichten, sondern auch studienbegleitende Prüfungen abzunehmen. In der Regel findet ihr Seminar während des Semesters an zwei Stunden pro Woche statt, doch der Dozent kann den zeitlichen Rahmen mitbestimmen. „Dieser Zeitaufwand zuzüglich der Vorbereitungszeit muss sich mit dem Hauptberuf vereinbaren lassen“, sagt Bernd Radnitz.

Neben dem Fachwissen muss auch die hochschuldidaktische Eignung stimmen, heißt es an der Humboldt-Universität. In der Regel kennen die Institutsleitungen außeruniversitäre Dozenten aus einem wissenschaftlichen Kontext und können ihre Eignung einschätzen. Den Lehrbeauftragen öffentlicher Hochschulen steht ebenso wie festangestellten Dozenten das Angebot des Berliner Zentrums für Hochschullehre offen. Es wurde gegründet, um die Lehre an den Berliner Hochschulen nachhaltig zu verbessern. Die Einrichtung an der Technischen Universität Berlin bietet kostenlose Seminare an, zum Beispiel zum Einsatz des Internets in der Lehre oder zum Moderieren von Diskussionen in Lehrveranstaltungen.

Mark Braun hatte vor seinem ersten Lehrauftrag Herzklopfen. In den Monaten vor Semesterbeginn hatte „sein“ Professor ihm geholfen, die Lehrinhalte zu strukturieren und einen Zeitplan für die Studenten aufzustellen. Und da er fachlich bestens im Thema war, verflog die Aufregung schnell. Als Student war er selber Tutor und hatte deshalb Erfahrung mit der Betreuung von Studenten. Ein paar didaktische Kniffe eignete er sich mit wachsender Erfahrung an.

Seinen Assistentenjob hat Mark Braun nach drei Jahren gekündigt und konzentriert sich jetzt voll und ganz auf seine Arbeit als Designer. In ein paar Jahren kann er sich vorstellen, wieder vor Studenten zu stehen und zu unterrichten. „Dann habe ich noch mehr fachliches Knowhow und gehe bestimmt ganz anderes an die Aufgabe heran“, sagt er.

Judith Jenner

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