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Einst groß. Lehman Brothers war bis 2008 die viertgrößte Investmentbank der Welt.
© imago/Levine-Roberts

Lehman Brothers: Großanleger bekommen ihr Geld zurück

Neun Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers bekommen Großanleger ihr Geld zurück. Auch manche Kleinanleger konnten ihre Verluste wettmachen.

Intern sind sie verspottet worden. AD-Kunden nannten die Banker die Kunden, weil sie sie für „alt und doof“ hielten. Vor allem Senioren sind auf das Werben der Bankberater hereingefallen und haben ihr Erspartes in Lehman-Zertifikate gesteckt – oft im  Glauben, ihr Geld so sicher anzulegen. Entsprechend groß war der Schock, als die US-Investmentbank 2008 pleiteging. Von einem Milliardengrab war die Rede, immer wieder gingen deutsche Anleger auf die Straße und forderten ihr Geld zurück. Sie fühlten sich „verraten und verkauft“, so stand es auf den Plakaten. Doch neun Jahre später ist es ruhig geworden um Lehman Brothers – wohl auch, weil es inzwischen für viele Geschädigte gar nicht mehr so schlecht aussieht. Manche von ihnen machen mit ihren Pleite-Papieren sogar mittlerweile einen kleinen Gewinn. Eine überraschende Entwicklung.

Als Lehman Brothers 2008 pleiteging, war das der Höhepunkt der Finanzkrise. Wie viele andere Institute auch hatte sich die viertgrößte Investmentbank der Welt mit hochriskanten Immobilienkrediten verspekuliert. Ihr Zusammenbruch löste eine Kettenreaktion aus: Weitere Banken gingen pleite oder mussten gerettet werden, Aktienkurse brachen ein, Konjunkturprogramme wurden nötig. In Deutschland sorgten sich rund 500 000 Kleinsparer um ihr Erspartes. So viele hatten Lehman-Zertifikate gekauft und fürchteten nun, nichts mehr wiederzusehen von ihrem Geld.

17 Milliarden Euro gab es zu verteilen

Doch wie sich nun herausstellt, sind die Reste der Investmentbank wohl wertvoller als bislang angenommen. So konnte der deutsche Insolvenzverwalter Michael Frege für die hiesigen Gläubiger sehr viel mehr rausholen als erwartet. Sollten es zunächst nur 100 Millionen Euro sein, die an die hiesigen Gläubiger verteilt werden, sind es inzwischen 17 Milliarden Euro. „Uns ist es gelungen, die Rechte der von uns verwalteten Einheit voll und ganz durchzusetzen“, sagte Frege im Interview mit der Fachzeitschrift „INDat“. Das Insolvenzverfahren könne daher voraussichtlich noch in diesem Jahr beendet werden.

Von diesem Erfolg profitieren allerdings in erster Linie Großinvestoren wie Kommunen, Länder und Pensionskassen. Denn nur sie hatten Geschäfte mit der Frankfurter Lehman Brothers Bankhaus AG gemacht. Die Papiere, die Banken an Kleinanleger verkauften, stammten dagegen von einem niederländischen Tochterunternehmen. Doch auch sie bekommen noch immer nach und nach Gelder aus der Insolvenzmasse ausgezahlt. Je nachdem wie hoch die Entschädigung ausfiel, die ihnen die Bank bereits gezahlt hat, haben manche ihre Verluste inzwischen ebenfalls schon mehr als kompensiert.

Wer die Zertifikate behalten hat, profitiert

So ist es zum Beispiel einem Berliner Anleger ergangen, der 2007 Lehman-Zertifikate für 7000 Euro bei der Citi Bank (heute Targobank) erworben hat. Ein Jahr nach der Pleite bot das Institut ihm eine Kulanzzahlung in Höhe von 3150 Euro an, wenn er dafür auf weitere Schadenersatzansprüche verzichtete. Er nahm an, behielt gleichzeitig aber seine Lehman-Anteile. Nach und nach hat er seitdem immer wieder Zahlungen aus der Insolvenzmasse erhalten, die sich inzwischen auf fast 4300 Euro summieren. Zusammen mit der Entschädigung hat er sein eingesetztes Kapital so wieder raus. Unterm Strich steht für ihn sogar eine kleine Rendite.

2008 hat damit keiner gerechnet. Die meisten Anleger waren damals froh, auch nur einen Bruchteil ihrer Anlagesumme zurückzubekommen. Deshalb haben sich viele von ihnen auch auf sehr viel schlechtere Deals eingelassen – und dürften sich darüber heute ärgern. Denn während ein Großteil der Citibank-Kunden ihre Lehman-Anteile trotz Kulanzzahlung behalten konnten, mussten andere ihre Zertifikate an die Bank zurückgeben, um eine Entschädigung zu kassieren. Vor allem in den ersten Monaten nach der LehmanPleite war das üblich. So haben manche Anleger damals gegen eine Zahlung von 15 Prozent des Ursprungswerts ihre Papiere an die Bank zurückgegeben – aus Angst, am Ende gar nichts mehr wiederzubekommen. Aus heutiger Sicht ein Fehler. Denn so kassieren nun die Banken anstelle der Anleger das Geld aus der Insolvenzmasse – und machen damit Gewinn.

Carla Neuhaus

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