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Touristenmagnet. Griechische Inseln wie Santorin sind auch in diesem Sommer gut besucht. Das hilft bei der Sanierung.
© Philipp Laage/dpa

Einigung mit Euro-Geldgebern: Griechenland erhält letztes Rettungspaket

Nach acht Jahren und drei Rettungsprogrammen vereinbaren die Euroländer mit Athen die finale Kreditzahlung - und üben sich in Optimismus.

Ein Glas Wein, eine Packung Zigaretten oder selbst der Sonnenschirm am Strand – kaum etwas wird in Griechenland noch ohne Kassenbon verkauft. Verweigert etwa ein Tavernenwirt die Ausstellung einer regulären Quittung, kann der Gast die Bezahlung verweigern.

Der griechische Fiskus hat Ernst gemacht in den vergangenen Jahren mit der Jagd auf Steuerhinterzieher. Etwa ein Drittel der jährlichen Steuereinnahmen entgingen dem Staat früher durch Hinterziehung. Das hat sich acht Jahre nach Ausbruch der Krise geändert. Zwar ist Griechenland, das noch unter einem hohen Schuldenberg leidet, weit davon entfernt, ein rundum funktionierendes Steuer- und Finanzsystem zu haben. Doch seit Freitag hat es die Regierung in Athen amtlich: „Die griechische Krise ist heute Abend vorbei“, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici in der Nacht. Deutschland und die übrigen Euroländer hatten sich bei einer nächtlichen Sitzung mit der Regierung in Athen darauf geeinigt, dass das Land zum Abschluss von drei europäischen Rettungsprogrammen noch einmal frische Milliardenkredite und Schuldenerleichterungen erhält und ab August dann finanziell wieder auf eigenen Beinen steht.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras sprach am Freitag von einer „historischen Einigung“, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ erklären, der Abschluss sei „ein gutes Signal für Griechenland und die Eurozone“.

Konkret soll Griechenland noch eine letzte Tranche von 15 Milliarden Euro aus dem seit 2015 laufenden dritten Rettungsprogramm (Gesamtvolumen: 86 Milliarden Euro) bekommen und mit einem Finanzpolster in die Zeit starten, wo es sich wieder am Kapitalmarkt finanzieren muss. Flankiert wird dies mit Maßnahmen zur Schuldenerleichterung. So sollen Zins- und Rückzahlungen älterer Kredite zehn Jahre später beginnen als ursprünglich geplant. Außerdem soll Griechenland – vorausgesetzt, es hält politische Zusagen ein – wieder Zinsgewinne der Europartner gutgeschrieben bekommen. Das hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bereits in Aussicht gestellt. Allein Deutschland hat seit 2010 mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen eingestrichen.

Steuern sind in Griechenland massiv gestiegen

Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos betonte, die griechische Regierung sei zufrieden mit der Vereinbarung. „Aber die Regierung vergisst nicht und wird niemals vergessen, was das griechische Volk in diesen acht Jahren durchmachen musste.“ Daran hat der Finanzminister keinen geringen Anteil. Auf Druck der internationalen Geldgeber, die ihre Hilfe daran geknüpft hatten, dass Athen seinen Haushalt saniert, Sparprogramme aufsetzt und Strukturreformen einleitet, hatte Tsakalotos massiv Steuern erhöht. Besonders schmerzhaft für griechische Verbraucher: Die Mehrwertsteuer stieg von 23 auf 24 Prozent. Auch die Mineralöl-, Kfz- und Tabaksteuern wurden mehrfach heraufgesetzt, Spitzenverdiener müssen ihr Einkommen mit 45 Prozent versteuern, der griechische Soli stieg auf bis zu zehn Prozent, auf Unternehmensgewinne entfallen 29 Prozent Steuer. Für viele Griechen hatte der harte Sanierungskurs der Regierung dramatische Folgen. Noch heute ist jeder Fünfte arbeitslos, viele Griechen leben an der Armutsgrenze – oder darunter.

Merkel lobt "erhebliche Anstregungen"

Angela Merkel erinnerte daran, dass Griechenland „erhebliche Anstrengungen“ unternommen habe, seine Ausgaben in den Griff zu bekommen, Reformen seien ergriffen worden. Insgesamt 450 Einzelmaßnahmen zählte die EU. Zugleich hätten alle Euroländer „immer wieder ein hohes Maß an Solidarität gezeigt, um Griechenland auf diesem Weg zu unterstützen“, sagte Merkel. Eurogruppen- Chef Mario Centeno sagte nach der Einigung: „Es ist geschafft: Wir haben nach dieser langen und schwierigen Anpassung eine sanfte Landung hinbekommen.“

Anders als ursprünglich geplant und dem Deutschen Bundestag zugesichert, beteiligt sich der Internationale Währungsfonds (IWF) an dem letzten Programm nicht finanziell. Der Aufwand wäre für eine anvisierte Summe von 1,6 Milliarden Euro zu groß gewesen, hieß es. An früheren Krediten und an der Programmaufsicht ist der IWF aber beteiligt. Griechenland war 2010 am Rand der Staatspleite und seitdem auf Unterstützung der europäischen Partner und des IWF angewiesen. Insgesamt wurden dem Land vergünstigte Kredite in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro gewährt.

Der Abschluss des Rettungsprogramms sorgte an der Börse in Athen zum Wochenschluss für steigende Kurse. Der griechische Leitindex stieg in der Spitze um 2,5 Prozent auf ein Vierwochen-Hoch. An den Rentenmärkten kletterten die Kurse der zehnjährigen griechischen Anleihen ebenfalls in die Höhe. Der deutsche Aktienmarkt lag ebenfalls im Plus. Auch der Euro gewann am Freitag deutlich an Wert, zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung mehr als 1,16 Dollar. mit dpa

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