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Google kennt Wohnort und Arbeitsplatz
© picture alliance / dpa
Update

Standortüberwachung: Google weiß, wo du warst

Auch bei deaktiviertem „Standortverlauf“ bei iPhones und Android-Smartphones ortet Google seine Nutzer. In den USA droht nun eine Sammelklage.

Google droht wegen angeblich dauerhafter Standortermittlung von Millionen Nutzern von iPhones und Android-Smartphones juristischer Ärger. In einer Klageschrift werden der Alphabet-Tochter Irreführung und Verletzung der Privatsphäre vorgeworfen. Trotz Deaktivierung der Option „Standortverlauf“ werde gespeichert, wo sich Nutzer aufhalten, heißt es in dem Dokument. Hauptziel von Google sei es, Handynutzer „heimlich zu überwachen“ und dies auch dritten Parteien zu erlauben. Angestrebt werden Schadenersatzzahlungen in nicht genannter Höhe sowie eine Sammelklage. Die Klage wurde am Freitagabend von einem Mann in Kalifornien am Bundesgericht in San Francisco eingereicht.

Google-Apps wie Google Maps sammeln einem früheren Bericht der Nachrichtenagentur AP zufolge Standortdaten von Nutzern, obwohl die entsprechende, klar benannte Option deaktiviert wurde. Selbst wenn die Funktion „Standortverlauf“ ausgeschaltet ist, wertet Google demnach den Standort des Nutzers aus und speichert diesen, wenn bestimmte andere Apps oder Dienste geöffnet werden.

Das ruft nun auch Datenschützer auf den Plan. "Wir haben den Fall an die federführende Behörde in Irland herangetragen", sagt der stellvertretende Hamburger Datenschutzbeauftragte Ulrich Kühn. Die Iren sollen die Sache weiter untersuchen und "die Verhängung von Sanktionen erwägen".

Google rechtfertigte seine Praxis. "Der 'Standortverlauf' bei Google ist eine Funktion, welche jede/r NutzerIn vollständig auf Opt-in Basis verwenden kann, wobei Nutzer die vollständige Kontrolle darüber haben, die entsprechende Einstellung zu ändern, zu löschen oder jederzeit auszuschalten", erklärte das Unternehmen. "Wie im AP Bericht festgehalten wird, stellen wir sicher, dass Nutzer der Standortverlauf-Funktion darüber Bescheid wissen, dass nach einer Deaktivierung des 'Standortverlaufs' trotz allem der Standort genutzt wird, um die Google Nutzererfahrung weiter zu verbessern, beispielsweise wenn eine Google Suche durchgeführt oder eine Wegbeschreibungen über Google angefragt wird."  

Google kennt Wohnort und Arbeitsplatz

Wie sich das äußert, kann man auf der Google-Seite im Bereich „Meine Aktivitäten“ nachverfolgen. Dort sieht man für jeden Tag, wonach bei Google gesucht, welche Orte bei Google Maps aufgerufen oder welche Videos bei Youtube angesehen wurden. Ein Klick auf „Details“, verrät nicht nur die genaue Uhrzeit, sondern teilweise auch den Ort, von dem aus die Google-Suche aufgerufen wurde. Oft steht dort sogar „Von dir zu Hause aus“ oder „Von deiner Arbeit aus“. Dabei müssen die Nutzer nicht einmal die Adresse des Wohnorts oder der Arbeitsstelle eingeben. Google lernt automatisch anhand der Gewohnheiten und häufiger Aufenthaltsorte, wo man offenbar regelmäßig die Nacht verbringt und dann morgens immer wieder hinfährt.

Vielen Nutzern dürfte jedoch nicht bewusst sein, dass ihr Aufenthaltsort so regelmäßig gespeichert wird. Insbesondere dann, wenn sie sich um die eigenen Daten sorgen und den „Standortverlauf“ deaktivieren. „Wenn Sie den Benutzern erlauben wollen, etwas zu deaktivieren, das sich 'Ortsverlauf' nennt, dann sollten alle Orte, an denen Sie den Ortsverlauf pflegen, deaktiviert werden", kritisiert der Informatiker Jonathan Mayer von der Princeton Universität, der die Praxis für die Agentur AP überprüft hatte. Wer nicht möchte, dass Google Standortdaten speichert, sollte auch die Funktion „Web- und App-Aktivitäten“ deaktivieren. Zudem sollte geprüft werden, welche Apps Zugriff auf Standortdaten bekommen.

Der Konzern hatte nach Veröffentlichung des Berichts seine Angaben im Internet unter dem Punkt „Hilfe“ abgeändert: Dort hieß es anschließend, das Ausschalten der Standorthistorie habe keine Auswirkungen auf andere Standort-Dienste auf dem jeweiligen Gerät. Allerdings zunächst nur nur in der englischsprachigen Variante.

Ortung selbst ohne SIM-Karte

Schon im Vorjahr gab es Ärger beim Thema Standortdaten. Das US-Magazin Quartz hatte berichtet, dass Smartphones mit Googles Android-System selbst dann Aufenthaltsorte registrieren können, wenn jeder App die Nutzung der Standortdaten untersagt wurde. Übertragen werden dabei die Daten der Funkzelle, in der sich ein Nutzer befindet. Die sind zwar nicht ganz so genau wie die GPS-Daten, doch auch durch die Entfernung zum nächsten Funkmasten lässt sich der Standort auf etwa 500 Meter genau bestimmen. Laut Quartz wurden die Daten sogar dann erhoben, wenn der Nutzer keine SIM-Karte im Gerät hatten und übermittelt, sobald ein Nutzer sich in ein WLAN-Netz einwähle.

Google hatte eingeräumt, die Funkzellenabfrage im Januar 2017 begonnen zu haben. Dadurch sollte „die Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung weiter verbessert werden“. Die Standortdaten sollen allerdings nicht gespeichert worden sein, betonte das Unternehmen. Nach der Kritik hatte Google angekündigt, die Praxis bis Ende November abzustellen. Auch deutsche Datenschützer hatten sich kritisch geäußert und eine Prüfung der Vorgänge angekündigt.

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