Hauptstadt-Gründerszene: Google aus Berlin
Stephan Schwarz, Chef der Handwerkskammer, setzt auf die Berliner Gründerszene - und beklagt Missstände in den Behörden.
Berlin - Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein revolutionäres IT-Unternehmen wie Google oder Facebook in Berlin entsteht. Dieser Überzeugung ist Stephan Schwarz, der Präsident der Berliner Handwerkskammer. Beim Neujahrsempfang des Berlin-Maximal-Clubs, des Businessnetzwerks des Tagesspiegels, verwies Schwarz am Donnerstagabend auf die 42 000 neu gegründeten Berliner Unternehmen im vergangenen Jahr. „Eine immense Zahl“, sagte Schwarz. Viele neue Gewerbe seien in der Informationstechnologie (IT) entstanden. Für diese Unternehmen gewinne der Standort Berlin zunehmend an Attraktivität. „Die Gründer entscheiden sich immer häufiger gegen das Silicon Valley, weil die benötigten Fachkräfte dort kaum noch zu finden sind“, sagte der Kammerpräsident. Außer der kalifornischen Keimzelle für Hochtechnologie würden mittlerweile in erster Linie Singapur, Tel Aviv und Berlin um kreative Gründer werben.
„Natürlich werden auch viele der neu gegründeten Unternehmen in Berlin scheitern“, schränkte Schwarz ein, „aber das ist okay, sofern die Gründer hier in Zukunft noch eine zweite oder dritte Chance erhalten.“ Er wünsche sich, dass die Berliner Start-up-Szene in den nächsten Jahren den ein oder anderen spektakulären Börsengang hervorbringe. Schließlich habe die Hauptstadt mit der Fusion von Bayer AG und Schering ihr letztes Dax-Unternehmen verloren. Im Weg stünde der weiteren Internationalisierung der Berliner Gründerlandschaft allerdings auch ein entscheidendes Hindernis: „In vielen Behörden gibt es noch kein Personal, das Englisch spricht.“ Diese Sprachbarriere sei für eine Stadt wie Berlin nicht zeitgemäß.
Neben der Hoffnung auf einen bedeutenden Internetkonzern aus Berlin wünscht sich Schwarz neue mittelständische Familienunternehmen: „Diese machen die deutsche und insbesondere die Berliner Wirtschaft heute aus.“ Schwarz selbst führt mit seinem Bruder das Gebäudereinigungsunternehmen GRG Services Group, das 1920 vom Großvater gegründet wurde, die Wirren des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Teilung überstand. „Nicht wegen Angela Merkel steht Deutschland in der Wirtschaftskrise so gut da, sondern wegen seines robusten Mittelstandes“, sagte Schwarz.
Schlecht strukturiert und zu emotional geführt – in diesem Ruf hätten Familienunternehmen lange Zeit gestanden. „Das hat sich zum Glück verändert.“ In einer Zeit der prekären Beschäftigungsverhältnisse gewännen solche Unternehmen gerade für Beschäftigte wieder an Attraktivität, weil sie Sicherheit ausstrahlten. Anders als große Kapitalgesellschaften stünden Familienunternehmen für Beharrlichkeit, Langfristigkeit und Fürsorge im Umgang mit den Mitarbeitern. „Dieses Wertesystem ist eine Stärke, um die uns viele beneiden“, sagte Schwarz.
In England oder den USA gebe es traditionell eine andere Gründermentalität. Dort verfolgten Gründer oft das Ziel, ihr Unternehmen nach vier bis fünf Jahren möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Die Triebfeder für viele deutsche Gründer sei dagegen noch immer die Unabhängigkeit. Und so hoffe er, „dass es einige Unternehmen, die heute in Berlin gegründet werden, auch in hundert Jahren noch gibt“. Arne Bensiek
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