Zufriedenheitsstudie: Glücklich in Hamburg, missmutig in Berlin
Die Deutschen sind so glücklich wie seit 2001 nicht mehr, vor allem in Hamburg. Die Berliner sind missmutig, doch immerhin ist der Frohsinn hier so groß wie sonst nirgends in Ostdeutschland.
Berlin - Was ist Glück? Viel Geld, ein schnelles Auto, Erfolg im Job, Freundschaften, eine große Familie? Beethovens Neunte, die deutsche Fußball-Meisterschaft? Jeder Mensch strebt nach Glück, aber jeder versteht etwas anderes darunter. „Glück und Unglück sind zwei Zustände, deren äußerste Grenzen wir nicht kennen“, hat der englische Philosoph John Locke einmal gesagt. In der Wirtschaft bedeutet Glück: mehr Produktion, mehr Einkommen, mehr Arbeitsplätze. Doch das ist es nicht: Seit Jahren werden die Deutschen fast unablässig wohlhabender. Ihre Zufriedenheit hat nicht im selben Tempo zugenommen.
„Glück ist etwas, das wir wissenschaftlich nicht wirklich bestimmen können“, räumt der Freiburger Wirtschaftsforscher Bernd Raffelhüschen ein. Trotzdem hat er es versucht. Und ist dabei auf vier Faktoren gestoßen. „Gesundheit, Geselligkeit, gesellschaftliche Verzahnung und Geld bestimmen unser Wohlbefinden“, sagte er am Dienstag in Berlin. Zwischen ihnen bestehe ein enger Zusammenhang – wer viel Geld hat, aber keine Freunde, werde im Leben nicht froh.
Raffelhüschen und seine Kollegen haben versucht, dem Glück auf die Spur zu kommen – mit Hilfe von Umfragen und der Langzeit-Studie des Sozio-ökonomischen Panels. Also auch dem Glück der Deutschen in West, Ost, Nord und Süd. Das Ergebnis ist der „Glücksatlas 2011“: Die glücklichsten Menschen leben demnach in Hamburg. Dort verdient man gut, erfreut sich bester Gesundheit und macht sich nicht so viel Stress. In Thüringen dagegen blicken die Menschen mit so viel Verdruss auf die Welt wie sonst nirgends in der Republik. Hohe Arbeitslosigkeit, wenig soziale Kontakte und zu wenig Bewegung drücken auf die Stimmung.
Berlin steht nicht deutlich besser da – unter 19 Regionen kommt die Hauptstadt auf Rang 15. Immerhin ist der Frohsinn damit so groß wie sonst nirgends in Ostdeutschland. Bundesweit liegt man aber unter dem statistischen Glücks-Schnitt – wegen der geringeren Verdienste und der schlechten Gesundheit. Auch fühlen sich die Hauptstädter häufig gehetzt. Froh ist der Berliner indes über seine vorzeigbare Kulturlandschaft, vier von zehn Menschen besuchen Raffelhüschen zufolge einmal im Monat eine kulturelle oder religiöse Veranstaltung, das macht wonnetrunken. Anders in Brandenburg: Der Zufriedenheitswert ist der zweitschlechteste im Land, die Leute hadern vor allem mit ihrer wirtschaftlichen Lage.
Insgesamt, so haben es Raffelhüschen und seine Leute herausgefunden, sind die Deutschen so glücklich wie zuletzt 2001. 2005, als fünf Millionen arbeitslos waren, haderten viele mit ihrem Schicksal. Die Finanzkrise ab 2008 dagegen hat die meisten kalt gelassen. „Das hat die Lebenszufriedenheit gar nicht tangiert“, berichtet Raffelhüschen – schließlich sei nur der Export eingebrochen, nicht aber das Einkommen im großen Stil. Insgesamt seien die Bürger überdies nicht so übellaunig, wie ihnen oft nachgesagt wird. „Der Deutsche hat an und für sich eine Neigung zur Unzufriedenheit“, soll schon Bismarck gesagt haben. Tatsächlich liegt er im europaweiten Vergleich im oberen Mittelfeld.
In Ost und West, das hat Raffelhüschen auch herausgefunden, wird die Glückslücke allmählich kleiner. Doch Unterschiede in der Mentalität halten sich hartnäckig. Vor allem, was die sozialen Kontakte betrifft. „Man sollte den Ossis empfehlen, hin und wieder einen Kumpel auf ein Bier einzuladen“, riet Raffelhüschen.
Was bestimmt nun überhaupt, ob wir glücklich sind oder nicht? Viele Faktoren – vor allem die Gesundheit. Und die Liebe: Menschen, die in Partnerschaften leben, denken positiver, vor allem, wenn ihnen bereits einmal Gatte oder Gattin weggestorben sind. Junge Menschen zwischen 20 und 30 sind am glücklichsten. Zwischen 40 und 50 ist man am verdrießlichsten. „Das Glück hat eine Delle“, formulierte es Raffelhüschen. Ab 65 wird das Niveau der 30-Jährigen wieder erreicht. Es hält an bis in die hohen 70er, dann plagt die Last des Alters. Frauen sind glücklicher als Männer – jedenfalls bis etwa zum 60. Geburtstag. „Wir Männer nerven zwar, aber ohne uns geht es auch nicht“, kommentierte Raffelhüschen. Kinder dagegen machen viel Arbeit und Sorgen – das trübt die Freude über den Nachwuchs offenbar, weshalb Eltern nicht glücklicher sind.
Regelmäßig Freunde zu treffen oder Sport zu treiben, tut dagegen gut. Auch, hin und wieder ein Glas zu trinken oder im Eigenheim zu wohnen. Größte Glückshemmnisse sind im Gegenzug Gesundheitsprobleme, der Tod des Partners oder die Scheidung von ihm, außerdem Arbeitslosigkeit und Einsamkeit.
Und das Geld, um das sich alles dreht? „Geld allein macht nicht glücklich, aber es hilft dabei“, befand Raffelhüschen. Tatsächlich zeigt seine Studie, dass ein höheres Einkommen auch eine höhere Lebenszufriedenheit mit sich bringt – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Ab einem Nettoeinkommen von mehr als 5000 Euro stellt sich Gewöhnung ein.
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