Weiterbildung: Glück kann man lernen
Immer mehr Kursangebote zeigen „Wege zum Glück“ – auch im Beruf. Seminare richten sich an Manager oder Lehrer
Vor sieben Jahren hat Dominik Dallwitz-Wegner sich entschieden: Für „Produkte und Dienstleistungen, in denen tatsächlich Glück drin ist“. Und gegen eine Branche, die nur ein leeres Glücksversprechen abgibt. Der Soziologe und Sozialpsychologe hat 15 Jahre in der Marktforschung gearbeitet, sich mit Konsumgütern und der Automobilindustrie befasst. Seit 2007 vermittelt er zwischen der Glücksforschung und der Praxis, tritt als Redner auf und gibt Seminare. Unter anderem ist er im Vorstand des Europäischen Netzwerks für Positive Psychologie (ENPP), einem relativ jungen Zweig dieses Fachs. Die Positive Psychologie ist in den 1990er Jahren entstanden. Sie beschäftigt sich mit den „guten“ Gefühlen des Menschen wie Vertrauen, Geborgenheit, Optimismus.
Glück ist natürlich nicht für jeden dasselbe, es ist eine Sammelbezeichnung für alle Arten von Gefühlen, die man als positiv einschätzt. Aber es gibt Merkmale, die ein zufriedenes Leben ausmachen und dafür sorgen können, dass es erfüllender gestaltet wird. Der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman hat die Kriterien im sogenannten PERMA-Modell zusammengefasst. Das Akronym PERMA steht für Positive Emotions, Engagement, Relationships, Meaning (Sinnhaftigkeit) und Achievement/Accomplishment (Leistung und Zielerreichung).
Fünf Begriffe, die sich ohne weiteres auch auf das Berufsleben übertragen lassen. „Wer engagiert arbeitet, klar definierte Ziele hat und mit den Kollegen gut auskommt, geht gerne zur Arbeit“, sagt Dallwitz-Wegner. Doch leider konzentriere sich die Wirtschaft zu sehr auf Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung - was zu fehlender Motivation führe, zu Mobbing oder dazu, dass die Mitarbeiter „innerlich kündigen“.
Dallwitz-Wegner registriert dennoch, dass das Thema Glück inzwischen als „seriöser“ und weniger spaßorientiert wahrgenommen wird als noch vor einigen Jahren. Heute werde – auch angesichts des steigenden Fachkräftemangels – eher verstanden, dass das Wohlbefinden eines Mitarbeiters auch mit Produktivität und Wirtschaftlichkeit zu tun hat. Stark verbreitet sei diese Sicht etwa bei der Generation Y. Trotzdem gebe es immer noch viel zu tun. Das sehen auch viele andere Anbieter so, es gibt mehr und mehr Kurse, die das Glück im Titel tragen.
Empathie trainieren
Dominik Dallwitz-Wegner gibt unter anderem Seminare für Mitarbeiter und Führungskräfte. Chefs, die zu ihm kommen, sind keine „Hardliner“, sondern Menschen, die ihre Empathie schulen und trainieren möchten – und dabei ein paar neue Kniffe erlernen wollen, „die alle keine Zaubertechniken sind“. Führungskräfte, die mit positiven Emotionen umgehen können, seien wiederum Vorbilder für die Mitarbeiter. Damit im Job eine Atmosphäre entsteht, in der sich alle respektiert fühlen. Mit Führungskräften trainiert er etwa, ein Meeting oder Mitarbeitergespräch mit dem zu beginnen, was gut gelaufen ist. Es gehe um eine positive und produktive Art der Kommunikation. Die jedem dass Gefühl gebe, Teil des Ganzen zu sein und etwas Sinnvolles zu tun.
Wichtig ist Dallwitz-Wegner aber auch der Nachwuchs: Er ist Mitgründer des Fritz-Schubert-Instituts. In dieser Einrichtung werden Lehrer im „Schulfach Glück“ weitergebildet, das mittlerweile an rund 150 Schulen im deutschsprachigen Raum gelehrt wird. Pädagogen unterrichten das Glück oft als Wahlpflichtfach und haben dann im Idealfall 90 Minuten am Stück zur Verfügung.
Lehrer, die sich für dieses Fach interessieren, wollen nicht auf die Rolle des Wissensvermittlers beschränkt sein und möchten stärker auf die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schüler eingehen. Dallwitz-Wegner selbst hat eine Rückmeldung der Schüler besonders beeindruckt: Ihnen habe am besten gut gefallen, dass sie zu Beginn jeder Stunde mit Handschlag begrüßt wurden – eine kleine Geste mit großer Wirkung.
Glück ist nicht nur etwas für Sonntagskinder
Eine wichtige Rolle spielen in der Weiterbildung der Pädagogen die Themen Lösungsorientierung, Zielfindung und Vertrauensbildung: Gearbeitet wird unter anderem mit Elementen aus der Erlebnispädagogik, mit Yoga, Meditation und Rollenspielen. „Durch das Schulfach Glück können die Schüler ihre soziale Kompetenz verbessern“, sagt der Sozialpsychologe. Weil sie sich besser kennnenlernen könnten, und die Erfahrung machten, dass die Klassenkameraden nicht doof seien und es gut miteinander meinten.
Auch Kerstin Helena Taubenheim beginnt ihre Kurse mit der guten Nachricht, dass Glück nicht nur etwas für Sonntagskinder ist. Die Erziehungswissenschaftlerin beschäftigt sich ebenfalls seit vielen Jahren mit der Glücksforschung, etwa mit den Texten der US-amerikanischen Psychologin Sonja Lyubomirsky, die auch „Queen of Happiness“ genannt wird. Sie hat unter anderem erforscht, dass durch das Glückstraining sogar leichte Formen von Depression gelindert werden können.
Taubenheim startet ihre Kurse mit der Frage nach dem, was gut war, was die Teilnehmer an diesem Tag schon glücklich gemacht hat. „Es geht darum, wieder zu lernen, nach den schönen Dingen Ausschau zu halten, schließlich passieren in jeder Minute gute und schlechte Dinge.“ Positiv zu denken sei wichtig für die Gesundheit, führe zur Hormonausschüttung, sorge für einen tieferen Atem und eine bessere Schlafqualität. Der „Schüssel Nummer 1“ zu einem größeren Glücksempfinden ist für sie die Meditation. Bis es soweit sei, müsse man allerdings drei bis sechs Monate trainieren.
Unternehmensstrukturen stehen oft dem Glück der Mitarbeiter im Weg
Dominik Dallwitz-Wegner und Kerstin Helena Taubenheim zeigen in ihren Kursen immer wieder, dass es oft die Unternehmensstrukturen sind, die dem Glück der Mitarbeiter im Weg stehen. Dallwitz-Wegner hat aus diesem Grund eine weitere Initiative gegründet: Ein Manifest für eine „Menschlichere Wirtschaft“, das Firmen dazu auffordert, auf die psychische und physische Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu achten und die Zufriedenheit des Teams und der Kunden regelmäßig zu untersuchen.
Kerstin Taubenheim hat für ihre zweite Firma, die „Grün und Glücklich“ heißt, ein eigenes Kita-Konzept entwickelt. In dem nicht nur ihre Vorstellung von einer guten Kinderbetreuung steckt, sondern auch die Merkmale eines glücklich machenden Arbeitsplatzes – an dem für die Work-Life-Balance der Erzieherinnen gesorgt wird, viel Zeit an der frischen Luft verbracht wird und „ein Personalschlüssel gilt“, der den Kindern gerecht wird.
Erzieher sollten – wie alle anderen auch – trotz wachsender Anforderungen ihre eigenen Bedürfnisse nicht vergessen und ihre eigene Leistungsgrenze respektieren. Auch das müsse man immer wieder üben. Denn Glück ist eben auch: Arbeit.
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