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Holzspielzeug: Gift im Kinderzimmer

Die Stiftung Warentest hat Holzspielzeuge für Kleinkinder untersucht. Das Ergebnis: Jedes zweite kann gesundheitsgefährdend sein. Vor allem in den Lackierungen finden sich giftige Stoffe.

Als die Pressekonferenz schon fast vorüber ist, wird Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest, gefragt, was denn nun mit den getesteten Holzspielzeugen passiere – vor allem mit den gesundheitsgefährdenden. „Die bekommen besonders verdiente Mitarbeiter“, antwortet er und lacht. Zuvor hatte er, rechtzeitig zum Beginn des Weihnachtsgeschäfts, die Ergebnisse einer Untersuchung von Holzspielzeug für Kleinkinder vorgestellt: 30 verschiedene Produkte für Kinder unter drei Jahren hatten die Warentester untersucht. Ergebnis: Mehr als die Hälfte des Spielzeugs kann die Gesundheit der Kleinen gefährden.  

Getestet wurden die Spielwaren darauf, ob sie leicht verschluckbare Kleinteile aufweisen und ob sie Schadstoffe enthalten. Letztere fanden sich vor allem in den Lackierungen der Holzspielzeuge. Hier entdeckten die Prüfer Chemikalien, die krebserregend sind oder Erbgut und Fortpflanzungsfähigkeit schädigen können. Sieben der 30 untersuchten Spielzeuge wurden allein wegen derart gefährlicher Stoffe als „mangelhaft“ bewertet. In weiteren neun fanden sich ebenfalls Schadstoffe, allerdings unterhalb der genehmigten Grenzwerte. Deshalb wurden sie noch mit „ausreichend“ bewertet.

Drei untersuchte Holzspielzeuge waren allerdings so gefährlich, dass die Warentester sie als „nicht verkehrsfähig“ klassifizierten. Das heißt, sie hätten gar nicht verkauft werden dürfen. So befand sich in einem Schiebefrosch der niederländischen Marke New Classic Toys der krebserregende Stoff Benzidin, der in der EU verboten ist. Bei zwei Produkten der sächsischen Firma Hess lösten sich Kleinteile, an denen die Kinder ersticken können. Alle drei Spielzeuge meldete die Stiftung Warentest der Marktaufsicht.

Hohe Richtlinien bei Stiftung Warentest

Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie, wirft der Stiftung Warentest vor, „die Nation zu schockieren“. „Spielzeug ist eines der am umfangreichsten kontrollierten Konsumprodukte in Europa“, sagt er. „Wir haben ein funktionierendes Kontrollsystem.“ Die Stiftung Warentest lege bei ihren Untersuchungen eigene Richtlinien zugrunde, die schärfer seien als die gesetzlichen Grundlagen.

Wie aber sollen sich Eltern nun verhalten? Lautet die Konsequenz: Lieber kein Holzspielzeug zu Weihnachten verschenken? Nein, denn die andere Hälfte der getesteten Produkte wies beruhigende Ergebnisse auf: So wurden acht Spielzeuge mit „gut“ und sechs weitere mit „befriedigend“ bewertet. Bei einem ähnlichen Test 2010 waren noch zwei Drittel aller Spielzeuge stark oder sehr stark mit Schadstoffen belastet gewesen.

Dennoch gilt es einige Hinweise zu beachten: „Es ist sicherer, Spielzeug aus unlackiertem Vollholz zu kaufen“, rät Holger Brackemann, Leiter der Untersuchungen bei der Stiftung Warentest. Die Schadstoffe befänden sich häufig in den Lacken, außerdem könnten Sperrholz und Spanplatten schädliche Bindemittel enthalten. Auch Hartplastik-Spielzeuge wie Playmobil und Lego seien unbedenklich.

Worauf man achten sollte

Mehr Sicherheit biete darüber hinaus das GS-Zeichen auf der Verpackung – ein Prüfsiegel, das nur nach einer Untersuchung durch unabhängige Labors ausgestellt wird. Lediglich fünf der 30 untersuchten Spielzeuge wiesen allerdings ein solches Siegel auf. Davon wurden drei mit „gut“ und je eins mit „befriedigend“ und „ausreichend“ bewertet – im Schnitt also deutlich besser als der Rest. Das Label „Made in Germany“ hingegen bedeutet keinesfalls, dass die Holzspielzeuge sicher sind: Zwei der mangelhaften Produkte wurden in Deutschland hergestellt, vier davon in China. Am Herkunftsland könne man die Qualität nicht festmachen, sagte Brackemann: „Auch aus China kommen prima Spielzeuge.“ Spielwaren-Lobbyist Ulrich Brobeil rät den Eltern, sich „auf den gesunden Menschenverstand zu verlassen, im Fachhandel einzukaufen und nicht immer den günstigsten Preis zu wählen – und natürlich die Wünsche ihrer Kinder zu berücksichtigen".

Auch die Stiftung Warentest berücksichtigt die Wünsche ihrer Mitarbeiter, selbst der verdienten: „Testgüter, bei denen wir Mängel gefunden haben, werden kontrolliert entsorgt“, fing Holger Brackemann den Witz seines Chefs wieder ein. Die restlichen Spielzeuge werden, wie immer, für einen guten Zweck versteigert.

Fritz Zimmermann

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