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Hans Wienands, 1957 in Mettmann bei Düsseldorf geboren, kam 2005 zu Samsung. Zuvor arbeitete der Marketing- und Vertriebsprofi für den japanischen Elektronikkonzern Panasonic. Als Executive Vice President verantwortet er das operative Geschäft von Samsung in Deutschland mit 620 Mitarbeitern.
© Mike Wolff

Samsung im Interview: "Geschwindigkeit ist unser Markenzeichen"

Deutschland-Manager Hans Wienands über Smartphones, die Beziehung zu Apple und über die modernste Fabrik für Hausgeräte in Europa.

Herr Wienands, Sie leiten das operative Geschäft von Samsung Electronics in Deutschland. Aber Ihr Name steht nicht einmal auf der Webseite. Wieso?

Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Aber bei Samsung gibt es keinen Personenkult. Das gehört zur Firmenphilosophie. Wir arbeiten in extrem flachen Hierarchien und so arbeiten wir extrem schnell. Das ist Teil unseres Erfolgs.

Gehört es auch zur Firmenphilosophie, dass der Chef, in diesem Fall Dong-Min Kim, immer ein Koreaner ist?

Wir diskutieren das Thema immer wieder im Konzern: Wie können wir Kommunikation schneller und flacher gestalten und brauchen wir immer den koreanischen Ansprechpartner? Ich denke, dass Kommunikation entscheidend ist, wenn man global erfolgreich sein will. Um eine hohe Geschwindigkeit zu halten ist es wichtig, optimal im Konzern vernetzt zu sein. Wir haben also jemanden, der auf höchster Ebene Kontakt zur Zentrale in Korea hat und jemanden, der die lokalen Gegebenheiten kennt. Das ist definitiv keine Fremdbestimmung sondern eine pragmatische Entscheidung des Unternehmens. Mit dieser Methode der Zusammenarbeit sind wir schneller und besser.

Man hört, bei Samsung herrsche ein geradezu militärischer Führungsstil?

Das stimmt so nicht. Ich beispielsweise bin ein klassischer Nein-Sager, wenn mir jemand etwas befiehlt. Das würde also nicht funktionieren. Wir haben im Unternehmen ganz gut gelernt, uns kulturell anzupassen. Die Art und Weise, wie in Asien gearbeitet wird, wird nicht automatisch auf die anderen Regionen übertragen. Die Gesellschaftsmodelle sind so unterschiedlich, dass sich kein Koreaner vorstellen kann, so ein scheinbar laues Leben zu führen wie ein Deutscher, und kein Deutscher kann sich ohne weiteres vorstellen, zehn Jahre lang in Korea zu arbeiten.

Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen auf dem deutschen Markt?

Bei Smartphones und Tablets. Wir denken auch, dass wir bei hochauflösenden Fernsehern noch zulegen können, auch wenn der deutsche Markt insgesamt in diesem Jahr wohl bei zehn Millionen verkauften TV-Geräten auf hohem Niveau stagnieren wird. Ein weiterer Fokus liegt auf Hausgeräten. Früher haben die Kunden nur dann ein neues Gerät gekauft, wenn das alte kaputt ging. Heute schaffen sich die Leute eine neue Waschmaschine oder einen Kühlschrank an, weil sie damit übers Jahr 120 oder 130 Euro an Energiekosten sparen können. Außerdem ist der Kühlschrank intelligenter geworden.

Was tut ein intelligenter Kühlschrank?

Besser kühlen. Er trennt die richtig kalten Bereiche gut von denen, in die man das Gemüse hineinlegt. Und das alles mit nur einem Kompressor über beide Kühlelemente hinweg. Wir investieren stark in Hausgeräte. Vor drei Jahren haben wir die Amica-Fabrik in Polen gekauft. Jetzt ist sie die modernste Hausgerätefabrik in Europa. Wir haben eine ganze Menge gute Ideen.

Ihre Ideen sind besser als die von Miele, Bosch-Siemens oder Bauknecht?

Nehmen Sie zum Beispiel unsere Fertigungstechnik für Kühlschränke. Die macht es möglich, dass unsere Geräte deutlich dünnere Wände haben bei gleicher Isolationsleistung. So haben die Kühlschränke eine größere Kapazität. Unsere Stärke ist es, in Produktionsprozessen nach vorne zu denken. Wir haben auch Waschmaschinen mit Invertermotoren...

Was ist ein Invertermotor?

Das ist ein intelligenter Motor, der während des Waschprozesses je nach Schwere des Trommelinhalts entscheiden kann, mit welcher Drehzahl oder Motorleistung er arbeitet. So kann er feiner gesteuert werden und verbraucht weniger Energie. Und wir haben einen Backofen, bei dem sie gleichzeitig oben Fisch und unten Muffins backen können – ohne dass die Muffins nach Fisch schmecken und umgekehrt.

Das klingt interessant...

Wir versuchen den Innovationsanspruch, den uns bei Fernsehern und Mobilfunk jeder abnimmt, auch auf andere Bereiche zu übertragen.

"Das S4 kommt am 27. April."

"Ich beispielsweise bin ein klassischer Nein-Sager, wenn mir jemand etwas befiehlt", sagt Hans Wienands.
"Ich beispielsweise bin ein klassischer Nein-Sager, wenn mir jemand etwas befiehlt", sagt Hans Wienands.
© Mike Wolff

Sie sind gerade auf Roadshow in sieben Städten in Deutschland. Was zeigen Sie Ihren Firmenkunden?

Zum Beispiel großformatige Displays, die Plakatwände ersetzen. Das können Sie immer öfter auch an Bushaltestellen sehen. Das ist ein Geschäft, das sich in den vergangenen zwei Jahren stark entwickelt hat, weil viele Anbieter, die öffentliche Räume mit Informationen bespielen, von Druck auf Elektronik umstellen. Außerdem treiben wir das Geschäft mit der Ausrüstung von Firmen weiter voran. Hier haben wir innerhalb der deutschen Organisation viel investiert und uns Spezialisten an Bord geholt.

Mit wem konkurrieren Sie da?

Mit klassischen IT-Hardwareanbietern. Aber wir sind wegen unserer Mobil-Sparte viel breiter aufgestellt. Wir bieten beispielsweise für das neue Smartphone Galaxy S4 die so genannte Knox-Verschlüsselung an. Der Name leitet sich ab von Fort Knox. Damit können wir das Betriebssystem Android komplett sicher in einem Firmennetzwerk anbieten.

Das ist eine Herausforderung.

Ja, Sie können das Smartphone tatsächlich abschließen. Sie haben zwei abgeschottete Bereiche. Zum einen den offenen Bereich für die private Nutzung und zum anderen einen geschützten Bereich für den Firmeneinsatz. So ist zum Beispiel die Nutzung von sozialen Netzwerken im geschützten Bereich nicht möglich. Gemeinsam mit unserem Partner T-Systems und Trust2Core, einem Start-up der Deutschen Telekom, haben wir das Galaxy S3 mit dieser Ausstattung auch dem Bundeskanzleramt angeboten.

Angela Merkel nutzt das Galaxy S3?

Ich hoffe, dass sie das in Zukunft tun wird. Aber leider ist es noch nicht final entschieden.

Die Bundesregierung plant also die mögliche Einführung des Modells S3. Aber Ende April kommt schon der Nachfolger...

Das S4 kommt am 27. April.

Wie ist die Nachfrage?

Die Vorbestellungen sind sehr gut. Sie liegen deutlich über denen des S3.

Geht es ein bisschen genauer?

Konkrete Zahlen nennen wir nicht, auch nicht die Verkaufszahlen in den einzelnen Märkten. Die Erwartungshaltung an das S4 ist sehr groß. Für uns ist es das erste Mal, dass wir weltweit zeitgleich starten.

Was soll das bringen?

Das Galaxy S4 hat innerhalb der Marke Samsung eine herausragende Stellung. Das wollen wir unterstreichen, indem wir das Gerät mit einem Bigbang weltweit auf den Markt bringen.

Sie rechnen also damit, dass die Leute vor den Läden Schlange stehen?

Wir wollen es hoffen.

Hat es das bei einem Samsung-Produkt schon je gegeben?

Ja, in Deutschland zum Beispiel als das Galaxy Note herauskam.

Planen Sie eigene Läden in Deutschland, um die Marke besser präsentieren zu können?

Es gibt Händler, die mutig genug sind, mit nur einer Marke auf den Markt zu gehen. Auf der Zeil in Frankfurt gibt es einen reinen Samsung-Store. Der ist aber unabhängig. Wir unterstützen das, aber wir selber planen keine eigenen Läden. Wir wollen unseren langjährigen Handelspartnern, die uns groß gemacht haben, nicht in die Quere kommen. Ich glaube auch, dass die deutschen Verbraucher daran interessiert sind, die Produkte in einer Wettbewerbssituation zu sehen.

"Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Google gemacht."

"Bei den kurzen Lebenszyklen der Produkte wird Geheimhaltung immer wichtiger", sagt Hans Wienands..
"Bei den kurzen Lebenszyklen der Produkte wird Geheimhaltung immer wichtiger", sagt Hans Wienands..
© Mike Wolff

Samsung ist der weltgrößte Hersteller von Smartphones. Aber beim Betriebssystem greifen Sie auf Produkte anderer zurück, beim S4 zum Beispiel auf Android von Google. Warum setzen Sie nicht auf Ihr eigenes System?

Wir sind bis jetzt sehr sehr gut damit gefahren – etwa bei der Entwicklung der DVD oder der MP3-Technik – wenn wir offene Standards genutzt haben. Wir haben ja mit Bada eine eigene Plattform, arbeiten aber auch mit Microsoft zusammen und haben sehr gute Erfahrungen mit Google gemacht.

Aber mit einem eigenen System kann man mehr Geld verdienen.

Das mag sein. Aber unser Ursprung ist die Hardware, da sind wir echte Spezialisten. Und bis jetzt gelingt es uns gut, mit offenen Systemen sehr, sehr viele Menschen zu erreichen.

Apple ist Ihr ärgster Konkurrent bei Smartphones, zugleich kauft Apple Bauteile bei Samsung ein. Wie kann so etwas funktionieren?

Apple ist Kunde von Samsung Electronics, allerdings im Bereich Components, der komplett getrennt ist vom Gerätegeschäft. Wenn wir zum Beispiel für unsere Fernseher eigene Chips bauen lassen, werden wir dort auch wie ein Kunde behandelt.

Und müssen manchmal hinter Apple anstehen?

Da habe ich keinen Einblick, aber vorstellen kann ich es mir.

Zugleich streiten Sie sich mit Apple in Deutschland und weltweit über Patente.

Als reiner Vertriebsmann beobachte ich das nur als Zaungast. Ich weiß nur, dass dieses Thema keinen Einfluss auf unser Geschäft in Deutschland hat.

Das neue Galaxy S4 wurde in New York vorgestellt...

Ich war leider nicht dabei.

Waren Sie nicht eingeladen?

Doch, aber ich hatte keine Zeit.

Was war wichtiger?

Ein Kundentermin, der geht vor.

Was wird Samsung als nächstes großes Ding präsentieren?

Gute Frage.

Ich hatte auf eine ausführlichere Antwort gehofft.

Wir haben weltweit 60.000 Kollegen, die an Forschung, Entwicklung und Design arbeiten, also an den Dingen, die als nächstes kommen. Die sind uns in ihren Gedanken 18 bis 24 Monate voraus.

Forscht und entwickelt Samsung auch in Europa?

Ja, die europäische Hausgeräteentwicklung sitzt zum Beispiel in Stuttgart. Daneben haben wir zwei Designcenter in Mailand und London.

Wann erfahren Sie von einem neuen Produkt?

Ungefähr zwei Monate vor dem Launch.

Das ist kurz.

Ja, aber Geschwindigkeit ist unser Markenzeichen.

Sie wissen wirklich nicht, was als nächstes kommen wird?

Bei den kurzen Lebenszyklen der Produkte wird Geheimhaltung immer wichtiger. Aber ich denke, bei mobilen Geräten sind wir noch nicht am Ende der technischen Möglichkeiten angekommen. Denken Sie zum Beispiel an flexible Displays. Ein anderer Trend ist die Weiterentwicklung von Fernsehern und Licht durch die organische LED-Technologie. Mit der können sie ganze Flächen in Möbeln oder Fenstern beleuchten.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

DER KONZERN
Samsung Electronics ist Weltmarktführer bei Smartphones und Fernsehern, baut aber auch Kameras und Hausgeräte sowie Computerchips, Bildschirme und Lithium-Ionen-Akkus. In vielen elektronischen Geräten steckt Technik von Samsung, auch wenn ein anderer Name auf dem Produkt steht. Das Unternehmen, das zur südkoreanischen Samsung-Gruppe gehört, setzte 2012 mit weltweit mehr als 200.000 Mitarbeitern umgerechnet 135 Milliarden Euro um. Samsung Electronics hat 197 Niederlassungen in 72 Ländern. Die deutsche Niederlassung wurde 1982 gegründet und sitzt in Schwalbach im Taunus. 2011 setzte sie drei Milliarden Euro um.

DER MANAGER
Hans Wienands, 1957 in Mettmann bei Düsseldorf geboren, kam 2005 zu Samsung. Zuvor arbeitete der Marketing- und Vertriebsprofi für den japanischen Elektronikkonzern Panasonic. Als Executive Vice President verantwortet er das operative Geschäft von Samsung in Deutschland mit 620 Mitarbeitern.

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